Beurhausstraße 40

Ort Dortmund
Straße Beurhausstraße 40
Status / Nutzung Klink; Radiologie
LS-Plätze 1500
Besonderheiten Betonspitzgiebel

1948 wurde damit begonnen Fenster in den Hochbunker zu sprengen. Diese und weitere Information zum Bunker im nachfolgenden Text:


Schlechter Gesundheitszustand – Mangel an Krankenbetten
Wiederaufbau der Städtischen Krankenkliniken seit 1945 / Operationsbunker Beurhausstraße

Bei dem Zusammenbruch zeigten die Krankenanstalten, besonders aber die an der Beurhausstrasse gelegenden Gebäude, ein trostloses Bild. Waren schon seit Mai 1943 die verschiedensten Luftangriffe zu verzeichnen, so stellte der Grossangriff am 12. März 1945 alles in den Schatten, was bis dahin geschehen war. Danach war in den Städtischen Krankenanstalten in der Beurhaustraße nur noch der so genannte Operationsbunker belegungsfähig. Glücklicherweise befanden sich während des Angriffs in den übrigen Gebäuden keine Patienten, sonst hätte die Bevölkerung bestimmt mehr Verluste an Menschenleben zu beklagen gehabt. Sämtliche Kranke und das Personal hatten im Operationsbunker Zuflucht genommen. Während des Angriffes versagte sowohl die Be- und Entlüftung als auch die elektrische Strom- und die Wasserzufuhr. Es waren unerträgliche Zustände. An eine Belegung irgendeines Gebäudes war nicht zu denken. Dabei war der Anfall von Kranken besonders gross. In den Operationssälen des Bunkers arbeiteten ununterbrochen Ärzte und Pflegepersonal unter dem denkbar grössten Schwierigkeiten. Es wurde versucht, im Bunker freie Betten zu schaffen, indem Patienten in die weitere und nähere Umgebung Dortmunds transportiert wurden.

Nach der Kapitulation wurde fieberhaft gearbeitet, um zunächst das Gelände in Ordnung zu bringen. Der grösste Teil der männlichen Belegschaft griff beherzt zu, um die Schuttmassen, die durch die vielen Bombentrichter entstanden waren, zu beseitigen. Jede freie Stunde fand die Belegschaft bei dem Aufladen der Schuttmassen. Da ein dringender Bedarf an Krankenbetten vorlag, wurden die Gebäude, die nicht total zerstört waren, allmählich wieder zur Aufnahme von Patienten hergerichtet Leider musste das Haus Westfalendamm von deutschen Patienten völlig geräumt werden, um ausländischen Patienten Platz zu machen. Im früheren Säuglingsheim in der Münsterstrasse wurde eine Ambulanz zur Behandlung von Frischverletzten, und dort wurde auch Gelegenheit geschaffen, bis zu 40 Unfallverletzte unterzubringen.

Bereits vor dem Zusammenbruch war vergeblich versucht worden, vom Reichsarbeitsdienst des Gebäude im Olpketal für Krankenhauszwecke zu bekommen. Nach dem Einzug der Alliierten stellten diese das Gebäude für Krankenhauszwecke zur Verfügung. Bereits im Juni konnte das Haus mit 120 infektionskranken Kindern und Erwachsenen belegt werden. Leider fiel das Krankenhaus Dorstfeld zu dieser Zeit aus, da dort für 1 1/2 Jahre eine englisches Militärlazarett eingerichtet wurde. Im November 1945 beschlagnahmte die Regierung in Arnsberg für Krankenhauszwecke der Stadt Dortmund das der Deutschen Angestelltenkrankenkasse in Hamburg gehörende, in Bad Sassendorf gelegene Kinderheim. Das Haus wurde zur Aufnahme von tuberkolosegefährdeten Kindern hergerichtet und schon im Januar 1946 belegt. Am 3. Oktober kam das Krankenhaus Westfalendamm wieder in städtische Verwaltung. Einige Häuser blieben jedoch nach wie vor von Ausländern bewohnt.

Karte Krankenhaus Beurhausstr-0102

Ende Dezember 1945 waren bereits wieder die verschiedensten Stationen der Orthopädischen Klinik, der Chirurgischen Klinik, der Hautklinik, der Medizinischen Klinik, der Augenklinik, der Kinderklinik belegt. Die Gesamtzahl der ausserhalb des Bunkers untergebrachten Patienten betrug über 500. In dem Operationsbunker verblieben jedoch noch die Frauenklinik, ein Teil der Chirugischen Klinik und die Ohrenklinik mit einer Gesamtzahl von 200 Betten. Im April 1946 konnte die Ohrenklinik den Bunker verlassen, um vorübergehend in ein Gebäude der Hautklinik einzuziehen. Auch die Frauenklinik konnte sich in einer hergerichteten Station der Chirugischen Klinik erweitern. In der Frauenklinik selbst befand sich zunächst noch keine Unterbringungsmöglichkeit. Die Arbeiten wurden jedoch schon in Gang gesetzt.

Im Frühjahr 1948 wurde mit dem Sprengen von Fenster in dem Operationsbunker begonnen. Diese Arbeiten bedingten jedoch eine völlige Räumung des Bunkers von Patienten. So mussten auch die Frauenklinik und der Rest der Chirurgischen Klinik den Bunker verlassen und in inzwischen fertiggestellten Räume ziehen.


03.01.1948 – 1000 Schüsse im Krankenhaus

Großbunker stellt sich um / 120 Fenster in Eisenbetonwände

Die Bombennächte sind vorüber. Nur in unserer Erinnerung grollen noch die schweren Detonationen, und die Schreckensbilder, die sich in unserem Bewusstsein während der letzten Kriegsmonate einprägten, sind von der Vorstellung gegenwärtiger Not leicht überschattet. Indessen gleitet die Zeit vom Zustand des Krieges langsam, oft unmerklich, in neue Bahnen, von denen wir hoffen, dass sie uns zum Frieden führen.

Nichts weiter als das: Man sprengt Fenster in einem Bunker.

In den Krankenhausbunker, an der Beurhausstraße, der mit 81 Meter Länge und 18 Metern durchschnittlicher Breite einer der ehemals großräumigsten Luftschutzbunker Dortmunds war.

Er wird jetzt mit Fenster versehen, damit die in seinem drei Geschossen untergebrachten Kranken Licht und mehr Luft zur schnelleren Gesundung haben.

120 Normalfenster in 1,10 Meter dicke Eisenbetonwände zu sprengen – das ist eine Aufgabe für Monate und Monate. Sie wird von der Bauabteilung der Städt. Krankenanstalten mit Hilfe einer Essener und einer Peiner Spezialfirma in Angriff genommen. Die Einsprengungen erfolgen, um eine Beunruhigung der Kranken zu vermeiden, mit tausend schwach dosierten Schüssen. Bei der starken Belegung der Krankenanstalten ist es nämlich nicht möglich, den Bunker während der „Befensterung“ ganz zu räumen.

Für später ist vorgesehen, dass frühere Zentral-Röntgeninstitut in das mittlere Geschoß des Bunkers zu verlegen.

Quelle: Kopie Zeitungsausschnitt 03.01.1948 WR


16.12.1948:  Ohrenklinik richtet sich im Bunker ein.

Der Erbauer der Städtischen Kinderklinik, der verstorbene Architekt Wilhelm Eckenrath, hoffte gleich, als er den Auftrag bekam, einen Luftschutzbunker für die Städtischen Krankenanstalten zu bauen, dass dieses Gebäude nicht nur Schutz gegen eine augenblickliche Gefahr bieten, sondern auch geeignet sein würde, später der leidenden Menschheit zu nützen. Er wählte deshalb bei seiner Planung eine äußere Form des Gebäudes, die weitgehend sich dem Gesamtbild der Krankenanstalten einfügte.

Viel Mühe hat es dann allerdings gekostet, die Zustimmung der Militärregierung zu erhalten, den Bunker durch Heraussprengung von Fenstern zu entmilitarisieren. Der Plan, in den Bunker die Ohrenklinik und die Röntgenstation, die beide durch Bombenschäden ihre Heime verloren hatten, zu verlegen, entstand im Januar dieses Jahres. Im April konnte endlich mit den Arbeiten begonnen werden. Heute sind bereits 61 Fenster in den Bunker gesprengt, und 15 weitere werden noch folgen, bis die Bauarbeiten zu einem endgültigen Abschluss gekommen sind. Vor einigen Tagen hat in der ersten Etage die Ohrenklinik bereits ihren Einzug gehalten.

Bei einer Pressebesichtigung erläuterte Prof. Dr. med. Tobeck den Aufbau der Klinik und führte durch den etwa 30 m langen Flur von Zimmer zu Zimmer, die bereits mit etwa 60 Ohren-, Hals- und Nasenkranken belegt sind. Bis zu 70 höchstens können Aufnahme finden. Alle Räume bieten mit dem ungehindert einfallenden Licht einen sauberen, wohnlichen Eindruck. Sie sind praktisch und geschmackvoll eingerichtet. Bis äußerstens drei Kranke können auf einem Zimmer zusammenwohnen. Und das in der 3. Klasse! Durch Klingelzeichen können in Bedarfsfällen die wache haltenden Schwestern herbeigerufen werden. Für Kinder steht ein größerer Raum, dessen Wände Märchenbilder tragen, zur Verfügung. Auf demselben Flure sind noch die sanitären Einrichtungen, Baderäume, Operationszimmer, Ambulanz und Aufenthaltsräume für die Ärzte. Das Pflegepersonal und die Ärzte sind über ihre neue Wirkungsstätte hoch befriedigt. Es ist für sie eien Freude, hier arbeiten zu dürfen. Ein Fahrstuhl führt zur unteren Etage und dem Kellergeschoss, in denen die Röntgenstation untergebracht werden soll. Diagnostik- und Therapieräume werden auf das modernste eingerichtet und mit den neusten Apparaten versehen werden, wie Prof. Dr. med. Beutel ankündigt. Auch er ist stolz, dass Dortmund dann nicht mehr, wie bisher Kranke nach Recklinghausen zu Untersuchungen schicken muss. Die Röntgenabteilung wird allen Anforderungen gerecht werden können und insbesondere auch eine wertvolle Waffe im Kampfe gegen die Krebskrankheiten sein. Im Bunker werden nach Fertigstellung insgesamt 72 Haupt-, 21 Neben- und 11 technische Räume zur Verfügung stehen.

Prof. Dr. med. Brandes begründete die Notwendigkeit des weiteren Ausbaues, insbesondere auch der Instandsetzung der großen Operationssäle der Krankenanstalten. Mit warmen Worten unterstrich er die hohen Aufgaben des Arztberufes. Nicht nur die Wissenschaft stehe im Mittelpunkt der ärztlichen Arbeit, sondern die Hilfe am leidenden Menschen. Stadtrat Kauermann dankte im Namen der Verwaltung allen, die bei dem bisherigen Aufbau ihre ganze Kraft zur Verfügung gestellt hätten. Das gelte insbesondere auch für den Bauleiter Hagenkötter und Verwaltungsrat Schlink. Die schwierige Finanzlage hemme die weiteren unbedingt notwendigen Arbeiten. Der Bunkerausbau habe bisher RM 145.000.- und DM 70.000.- gekostet. Wenn die Arbeiten flüssig weitergehen sollten, brauche man monatlich etwa DM 70.000.-. Dann könne man allerdings auch die in die Heilanstalt Aplerbeck verlegten Abteilungen, für die an die Provinz jährlich DM 130.000.- Miete gezahlt werden müssten, bald wieder zurück holen. In der letzten Zeit hätten 125 Handwerker am Aufbau der Krankenanstalten geholfen. 40 habe man gerade wegen fehlender Mittel entlassen müssen. Die Frauenklinik sei bis auf Fenster und Verputz fertig gestellt. Man müsse jetzt warten, bis neue Finanzen die Fortsetzung der Arbeit ermöglichten.

Quelle: Kopie Zeitungsbericht 16.12.1948


Im Herbst 1948 war die obere Etage des Operationsbunkern mit Fenster versehen. Diese Etage wurde der Ohrenklinik zur Verfügung gestellt, die im Dezember 1948 ihren Einzug hielt.

Im April 1949 wurde der Mittelbau und das Erdgeschoss des Operationsbunkers dem Röntgeninstitut zur Verfügung gestellt, das dort drei Diagnostikapparate und ein Tiefentherapiegerät aufstellen konnte.

Seit Januar 1950 hat die neu eingerichtete Strahlenklinik in dem Mittelbau des Operationsbunkers 24 Patientenbetten. Ebenfalls im Sommer 1948 konnte die Chirurgische Klinik endlich wieder einen ihre Operationssäle ausserhalb des Bunkers beziehen. Im Spätsommer des Jahres 1949 war der neue Teil der Frauenklinik bezugsfähig. Die Frauenklinik erhielt dadurch einen Zugang an Krankenbetten von 45, ausserdem drei Operationssäle. Um die gleiche Zeit ging die Chirurgische Kinderstation ihrer Vollendung entgegen, die eine vermehrte Bettenzahl von 34 brachte.

Im März 1950 stellte die Militärregierung einen Kasernenblock am Westfalendamm für Krankenhauszwecke zur Verfügung. Ein weiterer Block folgte Anfang April. Die Verwaltung ist dabei, den ersten Block zur Aufnahme von Tuberkolosekranken, die bisher in den Gebäude der Heilanstalt untergebracht sind, herzurichten .

Insgesamt setzen sich die Städtischen Krankenanstalten zusammen aus:

Krankenhaus Süd, Beurhausstraße – mit 948 Patientenbetten

Krankenhaus Westfalendamm – mit 651 Patientenbetten

Unfallkrankenhaus Münsterstraße – mit 80 Patientenbetten

Krankenhaus Dorstfeld – mit 107 Patientenbetten

Infektionskrankenhaus Lücklemberg – mit 175 Patientenbetten

Kinderkrankenhaus Derne – mit 100 Patientenbetten

Kinderkrankenhaus Bad Sassendorf – mit 120 Patientenbetten

insgesamt 2181 Patientenbetten

Die Betten sind zu 95 % ausgenutzt, so dass nach wie vor ein grosser Bedarf an Krankenbetten besteht. Es ist daher dringenste Aufgabe für weitere Betten zu sorgen.

Klinik Beurhausstraße

Für das laufende Jahr ist vorgesehen: die völlige Wiederherstellung der Chirurgischen Klinik, die ein Mehr an Krankenbetten von ca. 110 bringen wird, die Wiederherstellung eines Pathologischen Institutes, das bisher provisorisch in einem Teil der Frauenklinik untergebracht worden ist, und der Wiederaufbau der Infektionsabeteilung der Kinderklinik. Hierdurch wird das Haus in Lücklemberg frei. Das Haus in Bad Sassendorf wird aufgelöst und die dort befindlichen Kinder nach Lücklemberg verlagert.

Viel ist bisher geleistet worden, noch mehr muss aber getan werden, um die Städtischen Krankenanstalten wieder zu dem zu machen, was sie einst waren.

Quelle: Von der toten zur lebendigen Stadt. Seite 222 ff; Abschrift: Kai Ohlenbostel