Der Aufbau des zivilen Luftschutz

I.Die Aufgabe.

Um Zweck und Aufgaben des zivilen Luftschutzes klar erkennen zu können, ist es notwendig, die Entwicklung der militärischen Luftfahrt nach dem Weltkriege zu verfolgen. Ferner ist es erforderlich, die Auffassungen der militärisch wichtigen Staaten über eine künftige Kriegführung und die von ihnen dafür getroffenen Vorkehrungen kennen zulernen.

Dabei stellen wir fest, dass seit dem Weltkriege bei allen größeren Staaten, insbesondere den Nachbarstaaten Deutschlands, gewaltige Luftwaffen entstanden sind. Ob dabei in den einzelnen Staaten die Luftwaffe organisatorisch als besonderer Wehrmachtteil auftritt oder im Rahmen des Heeres und der Marine verwendet wird, ist für ihre Aufgaben und ihre Verwendung ohne Belang. Überall hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Luftwaffe nicht mehr lediglich die Aufgaben hat, die den Fliegergruppen im Weltkriege zufielen und die im wesentlichen in Aufklärung und Kampf im unmittelbaren Zusammenhang mit der fechtenden Truppe bestanden. Die technische Entwicklung in den vergangenen Jahren, die ungeheure Steigerung der Geschwindigkeit und der Tragfähigkeit der Flugzeuge, verbunden mit einer wesentlichen Vergrößerung des Aktionsradius und einer außerordentlich gesteigerten Waffenwirkung, haben vielmehr die Grundlage für eine selbstständige Verwendung der Luftwaffe mit besonderen Aufgaben geschaffen.

Diese Luftwaffe, deren wichtigster und wirksamster Bestandteil die Bombengeschwader sind, hat die operative Aufgabe, zu Beginn etwaiger Feindseligkeiten so schnell als möglich das Hinterland des Gegners anzugreifen. Das Ziel des Angriffs ist, die feindliche Luftwaffe niederzukämpfen, die Mobilmachung des Gegners zu stören, seinen Aufmarsch zu vereiteln, seine Kriegswirtschaft zu vernichten und die Moral der Bevölkerung so zu erschüttern, dass eine erfolgreiche und planmäßige Landesverteidigung unmöglich wird. Solche Angriffe werden schlagartig einsetzen und dem Angegriffenen kaum wenige Stunden Zeit lassen, sich auf sie vorzubereiten.

Bei dieser Sachlage wird es ohne weiteres klar, dass die Vorstellung von einem künftigen Kriege für jeden eine völlig andere sein muss, als wir sie noch aus der Zeit des Weltkrieges in Erinnerung haben. Nicht mehr die Heere und Flotten allein werden sich bekämpfen und die Kriegsentscheidung suchen, sondern das ganze Volk und das ganze Land werden durch die Luftwaffe unmittelbar von den Einwirkungen der Kriegsereignisse betroffen und in sie einbezogen werden. Ein Volk, das diese Lage nicht erkennt und nicht Vorkehrungen trifft, um unter solchen Verhältnissen sich zu verteidigen und sein Lebensrecht zu wahren, würde im Falle eines Krieges in kürzester Zeit zusammenbrechen.

Um den eigenen Lebensraum zu schützen, ist es daher notwendig, eine starke Luftverteidigung zu schaffen. Hierzu gehören Fliegerkräfte und Flakartillerie. Ohne das Vorhandensein dieser Verbände der Luftwaffe wäre die Organisation einer Luftverteidigung für jeden Staat von vornherein aussichtslos. Andererseits genügen Fliegerkräfte und Flakartillerie allein nicht, um ein Volk gegen die Gefahren von Luftangriffen zu schützen. Wohl sind eigene Fliegerkräfte in der Lage, den Angreifern in der Luft aufzusuchen und ihm Verluste beizubringen, wohl kann eine gut ausgerüstete und gut ausgebildete Flakartillerie von der Erde aus feindliche Fliegerkräfte mit Erfolg bekämpfen und ihnen das Erreichen des Zieles erschweren. Bei der Ausdehnung des Luftraumes und der Geschwindigkeit moderner Luftfahrzeuge aber vermögen sie nicht, den Durchbruch des Angreifers und die Durchführung von Luftangriffen unter allen Umständen zu verhindern!

Aus diesen Gründen gehören daher zu dem Begriff der „Luftverteidigung“ noch eine Fülle von weiteren Maßnahmen, um die Wirkungen feindlicher Luftangriffe soweit als möglich zu beseitigen.
Aus dieser Erkenntnis heraus haben nahezu alle größeren Staaten in der Welt die notwendigen Folgerungen gezogen und sind im Begriff, sich Organisationen zu schaffen, die als „ziviler Luftschutz“ bezeichnet werden.

Für uns Deutsche aber wird unter diesem Gesichtspunkte der „zivile Luftschutz“ zu einer Lebensfrage, da Deutschland auf Grund seiner geographischen Lage und seiner Bevölkerungsdichte als das luftgefährdetste Land Europas – wenn nicht der Welt – angesehen werden muss.

Wir müssen es uns abgewöhnen, in den Maßnahmen, die im Rahmen des zivilen Luftschutzes notwendig werden, etwas Ungewöhnliches zu sehen. So wie jeder es als selbstverständlich und notwendig empfindet, dass die Infanterie mit Gewehren und Maschinengewehren, die Artillerie mit Geschützen ausgerüstet ist, und dass die Truppe sich im Frieden in der Handhabung und Anwendung ihrer Waffen übt, so muss jedem klar und selbstverständlich werden, dass – wie die Dinge nun einmal liegen – Geschütze und Gewehre zur Verteidigung des Landes nicht ausreichen, sondern dass der moderne Luftkrieg besondere Vorkehrungen erfordert.

Hiernach ist die Aufgabe, die dem zivilen Luftschutz gestellt ist, ohne weiteres klar.

Er soll im Rahmen der Luftverteidigung Volk und Heimat gegen die Gefahren von Luftangriffen schützen und ihre Wirkungen auf Leben, Wirtschaft und Verkehr mildern. Die erforderlichen Maßnahmen hierzu hat er im Frieden vorzubereiten.

Worin haben solche Maßnahmen zu bestehen?

1. Zunächst kommt es darauf an, eine Organisation zu schaffen, die geeignet und befähigt ist, anfliegende Flugzeuge oder Flugzeuggeschwader bei Tag und bei Nacht so rechtzeitig zu erkennen und festzustellen, dass die verantwortlichen Behörden in der Lage sind, die notwendigen weiteren Maßnahmen zu treffen. Hier gehört insbesondere die Warnung und Alarmierung aller in Betracht kommenden Stellen und der Bevölkerung. Eine solche Organisation lässt sich nicht erst im Falle eines Luftangriffes schaffen, sie muss vielmehr schon im Frieden planmäßig ausgebaut und eingespielt sein.

2. Nach einem wohldurchdachten Plan müssen vorbeugende Maßnahmen getroffen werden zur Erhaltung von Leben, Gut und Gesundheit der Bevölkerung sowie ihrer Kultur und Zivilisationsgüter.

3. Von entscheidender Bedeutung im Falle eines Luftangriffes ist die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung, die Abwehr und Beseitigung der hierbei eintretenden Gefahren und Schäden, die Versorgung Verletzter und Obdachloser.

4. Ebenso wichtig sind Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Produktion auf allen Gebieten, insbesondere der Versorgung von Wehrmacht und Volk.

5. Darüber hinaus kommt es aber darauf an, jeden einzelnen dahin zu erziehen, dass er fähig und willens ist, Luftangriffe nicht nur zu ertragen, sondern ihnen entschlossen entgegenzutreten. Die Voraussetzung hierzu ist das Verständnis aller Kreise des Volkes für die aus seinem Gemeinschaftsleben sich ergebenden Notwendigkeiten und eine umfassende Erziehungsarbeit. Jeder muss wissen, wie er sich zu verhalten hat, jedes Haus muss in die Schutzorganisation einbezogen werden. Schon im Frieden muss die gesamte Bevölkerung nicht nur mit diesen Gedankengängen vertraut gemacht werden, sondern es müssen auch die erforderlichen Maßnahmen vorbereitet und geübt sein. So wird hierdurch das ganze Volk zu einer einheitlichen und planmäßigen Selbstschutzorganisation zusammengeschweißt. Nirgends gilt mehr als in diesem Falle der Satz: „ Einer für alle, alle für einen!“

6. Im Zusammenhange mit den organisatorischen Maßnahmen des zivilen Luftschutzes erwächst eine Vielzahl technischer und wissenschaftlicher Probleme. Eine Reihe dieser Probleme kann und muss sofort gelöst werden, während bei anderen wissenschaftlich ungelöste Fragen und finanzielle Rücksichten dazu zwingen, Schritt für Schritt auf weite Sicht vorzugehen. Die technischen Fragen spielen gerade in zivilen Luftschutz eine große Rolle. Ihnen ist daher in diesem Buche in besonderen Abschnitten ein entsprechend großer Raum zugewiesen. Ich beschränke mich daher darauf, lediglich die Gebiete zu nennen, die besondere Maßnahmen erfordern. Hierunter fallen: die Entwicklung geeigneter Alarmierungsmittel, die Verbesserung der Organisation und der technischen Ausgestaltung des Feuerlöschwesens und des Brandschutzes, die grundlegende Neugestaltung des Bauwesens, der Landesplanung, des Städtebaues und der Siedlung, die Fragen des Schutzraumbaues, das Studium und die Organisation des Gasschutzes, die Möglichkeiten der Tarnung und die organisatorische und technische Ausgestaltung der Verdunkelung. Schließlich bedarf die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Licht, Wasser, Gas und Elektrizität ganz besonders sorgfältiger Vorkehrungen.

So zwingt die Aufgabe der Organisation des zivilen Luftschutzes im Rahmen der Luftverteidigung dazu, in fast alle Gebiete des menschlichen Lebens einzugreifen.

Der Krieg der Zukunft wird ein „Totaler Krieg“ sein. Er ist unvermeidlich, dass eine Nation die auf Ehre und Freiheit hält und entschlossen ist, sich zu verteidigen, dem schon im Frieden Rechnung zu tragen hat.

II.Der Aufbau

Eine der ersten wichtigsten Maßnahmen, die nach der nationalen Erhebung vom 30. Januar 1933 durch die Reichsregierung getroffen wurde, war die Ernennung eines Reichskommissars für die Luftfahrt auf Grund der Verordnung vom 2. Februar 1933 – RGBL. I S.35 -. In dieser Verordnung wurden dem Reichskommissar auch die Aufgaben des Luftschutzes übertragen, die vordem zur Zuständigkeit des Reichsminister des Inneren gehört hatten. Mit der Bildung des Reichsluftfahrtministeriums durch die Verordnung vom 5. Mai 1933 – RGBL. I S.241 – gingen alsdann – wie sämtliche Aufgaben des Reichs in der Luftfahrt – auch die des Luftschutzes auf das neue Ministerium über. Diese beiden Verordnungen sind für den Aufbau des zivilen Luftschutzes in Deutschland von grundlegender und entscheidender Bedeutung geworden.

Damals galten für Deutschland noch die Entwaffnungsbestimmungen des Versailler Diktats. Deutschland verfügte nur über ein kleines Heer und eine noch kleinere Kriegsmarine. Eine Luftwaffe war überhaupt nicht vorhanden. Gerade bei dieser Sachlage aber war die Regierung entschlossen, alle Möglichkeiten auszunutzen, um den Schutz des deutschen Lebensraumes wenigstens insoweit zu gewährleisten, als es die Bestimmungen des Versailler Diktats zuließen. Luftschutzmaßnahmen aber waren erlaubt. Trotzdem waren sie bis dahin in Deutschland nicht getroffen worden. Die Reichsregierung war entschlossen, wenigstens diesen Teil der Luftverteidigung schnell und planmäßig durchzuführen. Es war daher selbstverständlich, dass die Angelegenheiten des Luftschutzes dem neu gebildeten Reichskommissariat für die Luftfahrt übertragen wurden, zu dessen Arbeitsgebiet sie sachlich und organisch gehörten.

Entscheidend war, dass sowohl die Leitung des Reichskommissariat für die Luftfahrt als auch später die des Reichsluftfahrtministeriums dem Reichsminister und Preußischen Ministerpräsidenten Herman Göring übertragen wurde. Seine Person war ein Programm. Seine Energie und Tatkraft bürgten dafür, dass auch der zivile Luftschutz nicht auf dem Papier stehenbleiben, sondern dass er zu einer umfassenden und schlagkräftigen Organisation so rasch als möglich ausgebaut werden würde.

Am 16. März 1935 verkündigte ein Aufruf der Deutschen Reichsregierung an das deutsche Volk „dass die Wahrung der Ehre und Sicherheit des Deutschen Reiches von jetzt ab wieder der eigenen Kraft der deutschen Nation anvertraut werde“.

Damit hatte der Führer dem deutschen Volke seine Wehrhoheit und Wehrfreiheit wiedergegeben, und damit war auch der Weg für den Wiederaufbau der deutschen Luftwaffe frei.

Zum Oberbefehlshaber der Luftwaffe wurde der Reichsminister der Luftfahrt ernannt. Jetzt bewährte sich erneut, dass schon im Jahre 1933 dem Reichsluftfahrtministerium die Angelegenheiten des zivilen Luftschutz übertragen worden waren, denn nunmehr waren von vornherein Organisation, Führung und Einsatz der Luftverteidigung einschließlich des zivilen Luftschutzes fest in der starken Hand des Generalobersten Göring vereinigt.

Der Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe hat somit die Verantwortung für den einheitlichen Ausbau und Aufbau des zivilen Luftschutzes. Er schafft die Grundlagen für die Führung, die Organisation und die Ausbildung des zivilen Luftschutzes. Er regelt alle hiermit im Zusammenhang stehenden technischen Fragen und erlässt alle in Betracht kommenden Vorschriften. Er sorgt für ein einheitliches und gedeihliches Zusammenwirken aller beteiligten Behörden und sonstigen Stellen und wacht darüber, dass auch auf den Gebieten der Verwaltung und des öffentlichen Lebens, die ihm nicht unmittelbar unterstehen, die im Interesse der Luftverteidigung notwendigen Luftschutzmaßnahmen durchgeführt werden.

Zwei grundlegende Voraussetzungen sind es, die ihm hierbei seine Aufgaben wesentlich erleichtert haben. Einmal sind durch den fortschreitenden Neuaufbau des Reiches, namentlich durch das Gesetz vom 30. Januar 1934 – RGBL I, S.75 – und die im Anschluss hieran erlassenen Ausführungsverordnungen die staatsrechtlichen Grundlagen dafür geschaffen, dass die Reichsregierung einheitlich führen und entscheidend handeln kann. Zum anderen hat aber erst das nationalsozialistische Gedankengut den Boden dafür bereitet, dass jeder Volksgenosse bereit und entschlossen ist, seinen Teil zur Lösung dieser wichtigen Frage des deutschen Volkes beizutragen und hierfür auch Opfer zu bringen. Es muss anerkannt werden, dass der weit überwiegende Teil aller Behörden und aller Volksgenossen sich der schwierigen und oft undankbaren Arbeit auf dem Gebiete des zivilen Luftschutzes bereitwillig zur Verfügung gestellt und in weitgehendstem Maße praktische Arbeit geleistet hat. Das Gebiet des zivilen Luftschutzes ist jedoch so umfassend und greift so entscheidend in staatsrechtliche Verhältnisse ein, dass eine besondere reichsgesetzliche Regelung hierfür unerlässlich wurde.

Aus diesem Grunde ist unter dem 26. Juni 1935 durch die Reichsregierung das Luftschutzgesetz beschlossen und im Reichsgesetzblatt I S.827 verkündet worden. Durch dieses Gesetz wurde der Luftschutz eindeutig als Aufgabe des Reiches bezeichnet und endgültig dem Reichsminister der Luftfahrt übertragen. Die Vielfältigkeit der in Betracht kommenden Gebiete machte es aber naturgemäß unmöglich, alle Fragen gleichzeitig in dem Gesetz selbst zu regeln. Das Luftschutzgesetz wurde daher bewusst nur als Rahmengesetz erlassen, seine Ausgestaltung dagegen weiteren Durchführungsbestimmungen vorbehalten.

Eine der wichtigsten Bestimmungen des Gesetzes selbst, die hier nicht unerwähnt bleiben soll, war jedoch die Einführung der Luftschutzdienstpflicht. Nach § 2 Abs. I des Gesetzes sind alle Deutschen zu Dienst- und Sachleistungen sowie zu sonstigen Handlungen, Duldungen und Unterlassungen verpflichtet, die zur Durchführung des Luftschutzes erforderlich sind. Die Luftschutzdienstpflicht, die sich auch auf Frauen erstreckt, ist eine der wichtigsten Grundlagen für die Durchführung des Luftschutzes überhaupt und in ihrer Bedeutung der Wehrpflicht gleichzusetzen.

Inzwischen sind drei Durchführungsverordnungen zum Luftschutzgesetz ergangen. Alle drei Verordnungen tragen das Datum vom 4. Mai 1937 und sind im Reichsgesetzblatt I S.599 ff. veröffentlicht.

Die erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz zerfällt in drei Teile. Der I. Teil behandelt in erster Linie organisatorische Fragen. Im II. Teil ist die Heranziehung zur Luftschutzdienstpflicht geregelt. Der III. Teil schließlich behandelt den Luftschutz in besonderen Verwaltungen, wie z. B. der Wehrmacht, der Deutschen Reichspost, der Reichswasserstraßenverwaltung, der Deutschen Reichsbahn und der Gesellschaft Reichsautobahnen.

Die zweite Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz enthält wesentliche Bestimmungen auf dem Gebiete des baulichen Luftschutzes. Die näheren Vorschriften über die Durchführung dieser Verordnung sind gleichzeitig vom Reichsarbeitsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe als „Erste Ausführungsbestimmungen zum § 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz (Schutzraumbestimmungen) vom 4. Mai 1937 erlassen worden und im Reichsgesetzblatt I vom 7. Mai 1937 S.568 zur Veröffentlichung gelangt. Diese Ausführungsbestimmungen regeln die Frage, wo und wie Schutzräume zu errichten sind. Sie bringen ferner nähere Bestimmungen über die Planung, die konstruktive Durchbildung, den Ausbau, die Kenntlichmachung und die Benutzbarkeit der Schutzraumanlagen. Für bestimmte Wohngebiete und abgelegene Gebäude werden im übrigen Ausnahmen von den Vorschriften zugelassen.

Die Dritte Durchführungsverordnung schließlich bringt einheitliche Bestimmungen über die Entrümpelung.

Nach der nunmehr durch die Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz vom 4. Mai 1937 geschaffenen Rechtsgrundlage gliedert sich der Luftschutz – entsprechend seiner Aufgabe – in fünf Hauptteile:

den Luftschutzwarndienst
den Sicherheits- und Hilfsdienst
den Werkluftschutz
den Selbstschutz
den erweiterten Selbstschutz.

Beim Ausbau des Luftschutzes im einzelnen herrscht der Grundsatz, dass der Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe für alle Maßnahmen auf diesem Gebiete verantwortlich ist. Soweit notwendig, handelt er hierbei im Einvernehmen mit den übrigen beteiligten Reichsministern.

Bei der Organisation des Luftschutzes selbst wurde die Schaffung neuer, unerwünschter Verwaltungsorganisationen vermieden. Vielmehr wurde der Weg beschritten, die bestehenden geeigneten Organisationen weitgehend in den Rahmen des zivilen Luftschutzes einzugliedern und dem Reichsminister der Luftfahrt das Verfügungsrecht über sie zu geben. Daher bestimmte schon § 1 des Luftschutzgesetzes vom 26. Juni 1935, dass sich der Reichsminister der Luftfahrt bei der Durchführung des Luftschutzes neben seinen eigenen Dienststellen der ordentlichen Polizei und Polizeiaufsichtsbehörden bedient. Darüber hinaus kann er auch andere Dienststellen und Einrichtungen der Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts in Anspruch nehmen. Während somit die Durchführung der Luftschutzmaßnahmen weitgehend von zivilen Stellen nach den Weisungen des Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe erfolgt, haben die zuständigen Kommandobehörden der Luftwaffe, in erster Linie die Luftkreiskommandos und Luftgaukommandos, in ihren Bezirken für die Einheitlichkeit aller Maßnahmen und das Zusammenwirken aller beteiligten Dienststellen zu sorgen.

Luftschutzwarndienst.

Der Luftschutzwarndienst bildet die Grundlage für die Durchführung aller Luftschutzmaßnahmen. Er arbeitet eng mit dem Flugmeldedienst zusammen, der eine rein militärische Einrichtung ist. Zu diesem Zwecke und sind besondere Luftschutzwarnstellen geschaffen worden, denen bestimmte Bezirke zugewiesen sind. Sie haben die Aufgabe, die in Betracht kommenden Behörden und sonst beteiligten Stellen rechtzeitig zu warnen und notwenigenfalls die Alarmierung der Bevölkerung zu veranlassen. Je nach Ablauf der Ereignisse verständigen sie alsdann die für die Führung des zivilen Luftschutzes verantwortlichen Stellen, sobald die Luftgefahr vorbei ist, damit diese die entsprechenden Maßnahmen treffen können.

Sicherheits- und Hilfsdienst.

a)Bei der Fülle und dem Ausmaß der Aufgaben, die im Falle eines Luftangriffes zu lösen sind, ist es Voraussetzung, dass vor allem eine behördliche Organisation besteht, die in der Lage ist, unter einheitlicher straffer Führung rasch und entschlossen zu handeln und die entsprechenden Hilfskräfte an den gefährdeten Stellen planmäßig einzusetzen. Die hierbei in Betracht kommenden Behördenstellen müssen zudem über möglichst genaue Ortskenntnisse verfügen, da schnell gehandelt werden muss und Hilfsmaßnahmen innerhalb des Bereiches eines Luftschutzortes nur dann Erfolg versprechen, wenn dabei die besondere örtliche Lage und die Eigenart der Verhältnisse Berücksichtigung finden. Hinzu kommt, dass die Schaffung einer solchen Organisation, die wir den Sicherheits- und Hilfsdienst nennen, im Frieden sowohl aus Gründen, die die allgemeine Staats- und Kommunalverwaltung berühren, als auch aus finanziellen Notwendigkeiten, nur auf Grund und im Zusammenwirken der bereits für das gewöhnliche öffentliche Leben bestehenden Behörden und sonstigen in Betracht kommenden öffentlichen Einrichtungen erfolgen kann. Bei der Prüfung der Frage, welche behördlichen Einrichtungen und sonstigen Stellen für den zivilen Luftschutz zu erfassen und einheitlich zu gliedern seien, war zunächst klarzustellen, welche öffentlichen zivilen Aufgaben dem Staate im Falle eines Luftangriffs obliegen.

Die wichtigste Aufgabe ist auch hierbei die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Verordnung. Diese Aufgabe obliegt naturgemäß der Polizei, die insofern den Hauptbestandteil des Sicherheits- und Hilfsdienstes bildet.

b)Weiterhin gilt es, Vorsorge für die Bekämpfung der Brandgefahr zu treffen, die im Falle eines Luftangriffs, namentlich bei der etwaigen Verwendung von Brandbomben, besonders groß erscheint. Hierfür stehen die Feuerwehren – seien es Berufs- oder freiwillige Feuerwehren – zur Verfügung. Da jedoch die Anforderungen, die an die Feuerwehren im Falle eines Luftangriffs herantreten, weit über das Maß der Friedensaufgaben hinausgehen werden, so wird es notwendig, die Feuerwehren für diese Aufgabe nicht nur entsprechend zu schulen, sondern auch ihre Ausrüstung zu verbessern und zahlenmäßig zu vergrößeren.

c)Aber nicht nur Brände sind bei den Luftangriffen zu erwarten. Bei der Verwendung von Sprengbomben durch den Gegner ist darüber hinaus damit zu rechnen, dass im erheblichem Umfange Schäden an den Gebäuden oder auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen entstehen. Es wird sich darum handeln, solche Schäden, soweit sie eine Gefahr für die Allgemeinheit bilden oder den Einsatz der Kräfte des Sicherheits- und Hilfsdienstes erschweren, so rasch als möglich zu beseitigen. Es gilt dann: Häuser abzustützen, Trümmer zu beseitigen, Straßen und Brücken wieder herzustellen oder Blindgänger unschädlich zu machen.
Zur Lösung dieser Aufgaben stehen besondere behördliche Einrichtungen unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht zur Verfügung. Für die Zwecke des Luftschutzes konnte aber hierbei auf die vorzügliche Einrichtung der Technischen Nothilfe zurückgegriffen werden, der dieser „Instandsetzungsdienst“ im Rahmen der Sicherheits- und Hilfsdienstes übertragen worden ist.

d) Die Verwendung chemischer Kampfstoffe bei Luftangriffen ist in den letzten Jahren häufig erörtert worden. Die „Gasgefahr“ wurde als schlimmste Bedrohung hingestellt. Wenn auch in dieser Beziehung leider häufig Übertreibungen vorgekommen sind, so muss mit der Möglichkeit der Verwendung chemischer Kampfstoffe bei Luftangriffen doch ernsthaft gerechnet werden. Um daher die Gefahren für Menschen, Tiere und Sachen, die durch Luftangriffe mit chemischen Kampfstoffen verursacht werden können, schnell zu beseitigen, muss eine entsprechende Organisation, „der Entgiftungsdienst“, vorhanden sein. Die Organisation dieses Entgiftungsdienstes stützt sich auf die überall vorhandenen Einrichtungen der städtischen Straßenreinigungen, die eine brauchbare Grundlage für die weitere Ausgestaltung dieser Organisation bilden.
e)Selbstverständlich ist es, dass Vorsorge getroffen werden muss, den bei einem Luftangriff verletzten Personen schnelle und sachgemäße ärztliche Hilfe zu bringen. Zur Lösung dieser Aufgabe stehen für den „Luftschutz-Sanitätsdienst“ die Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens der Gemeinden und die bewährte Organisation des Deutschen Roten Kreuzes zur Verfügung. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die gemeindlichen Einrichtungen ebenso wie die des Roten Kreuzes organisatorisch in den Rahmen des Sicherheits- und Hilfsdienstes eingegliedert und so personell und materiell die Voraussetzungen für ein sachgemäßes, reibungsloses Arbeiten geschaffen werden.

Sehr wesentlich sind auch Maßnahmen zum Schutze der Tiere, namentlich solcher, die für Ernährungszwecke der Wehrmacht und der Bevölkerung von Bedeutung sind. Die Notwendigkeit, auch auf diesem Gebiete Vorsorge zu treffen, wird noch dadurch gesteigert, dass in Verbindung mit der Verwendung chemischer Kampfstoffe eine Gefährdung der Lebensmittelversorgung eintreten könnte. Die notwendigen Schutzmaßnahmen in dieser Hinsicht liegen dem „Luftschutz-Veterinärdienst“ ob, für dessen Aufbau gleichfalls auf die bereits im Frieden vorhandenen gemeindlichen Einrichtungen zurückgegriffen werden kann.

f) Eine besondere Gefahr für die Allgemeinheit besteht in der etwaigen Zerstörung der Zuleitungen für Gas, Wasser und Elektrizität, sowie in der Beschädigung der Kanalisation. Schäden, die durch Bombentreffer in dieser Beziehung hervorgerufen werden, können nicht nur das öffentliche Leben lahmlegen, sondern auch die Arbeiten zur Beseitigung von Schäden, die durch den Luftangriff hervorgerufen sind, auf das schwerste beeinträchtigen. Es gilt daher, Vorsorge zu treffen, dass erfahrende und sachkundige Kräfte planmäßig und schnell eingesetzt werden können, um die aufgetretenen Schäden so rasch als möglich zu beseitigen. Das Personal für solche Arbeiten steht in dem so genannten „Störungsdienst“ der betreffenden gemeindlichen Betriebe zur Verfügung. Es kommt lediglich darauf an, es zweckmäßig in die Organisation des Sicherheits- und Hilfsdienstes einzugliedern, damit es im Bedarfsfalle befehlsgemäß eingesetzt werden kann.

g) Schließlich muss für die Unterbringung etwa Obdachlos gewordener Personen gesorgt werden. Auch hierbei kann auf die entsprechenden Einrichtungen der Gemeinden zurückgegriffen werden.

Luftangriffe erfolgen schnell und schlagartig. Ihre Auswirkungen erfordern daher ebenso schnellen wie durchdachten Einsatz aller Kräfte zur Beseitigung der durch sie hervorgerufenen Schäden. Es ist klar, dass solche Maßnahmen nur Aussicht auf Erfolg versprechen, wenn sie unter einheitlicher Führung erfolgen und wenn von vornherein alle Reibungsmöglichkeiten und Zweifel in der Zuständigkeit auftreten könnten, restlos beseitigt sind.

Die Organisation des Sicherheits- und Hilfsdienstes erfordert daher die Zusammenfassung aller der oben bezeichneten Organisationen und Einrichtungen in einem gemeinsamen Aufbau und unter einheitlicher Führung. Die Verantwortlichkeit für den Aufbau und die Durchführung des Sicherheits- und Hilfsdienstes ist daher grundsätzlich dem örtlichen Polizeiverwalter als örtlicher Luftschutzleiter übertragen worden. Es hat darüber hinaus die Führung im Luftschutzort und ist für das einheitliche Zusammenwirken des Sicherheits- und Hilfsdienstes, des Werkluftschutzes, des Selbstschutzes und des erweiterten Selbstschutzes verantwortlich.

Die unterste Organisationseinheit ist das Polizeirevier, dieses wird beim Aufruf des Luftschutzes in der Regel durch einen Feuerwehr- und Bergungstrupp, einen Sanitätstrupp sowie zwei Gasspürer verstärkt und erhält die Bezeichnung „Luftschutzrevier“. Die Kräfte des „Luftschutzrevier“ heißen „Einsatzkräfte“.

Das Luftschutzrevier hat die Aufgabe, Gefahren, die von den später noch zu erörternden „Selbstschutzkräften“ in den einzelnen Städten nicht bekämpft werden können, in der Entstehung zu beseitigen, Verletzte zu bergen und ärztliche Hilfe zuzuführen, sowie chemische Kampfstoffe festzustellen.

In größeren Orten, in denen die Polizeireviere (Luftschutzreviere) nicht unmittelbar dem örtlichen Polizeiverwalter unterstehen, sondern wegen der Ausdehnung der Bezirke Revierabschnitte gebildet sind, werden im Rahmen des Sicherheits- und Hilfsdienstes gewisse Reserven bei diesen Abschnitten bereitgestellt. Dabei handelt es sich im wesentlichen um Polizeikräfte, Feuerwehrkräfte, Teile des Luftschutz-Sanitätsdienstes, Teile des Entgiftungsdienstes, Instandsetzungstrupps und Instandsetzungsparks, Fachtrupps für die Beseitigung von Schäden an den Zuleitungen von Gas, Wasser und Elektrizität sowie an der Kanalisation. Diese Reserven führen die Bezeichnung „Bereitschaftskräfte“. Ihr Führer ist der Kommandeur des Polizeiabschnittes, dem Fachführer der Feuerwehr, des Luftschutz-Sanitätsdienstes, des Entgiftungsdienstes und des Instandsetzungsdienstes beigegeben sind. Die Bereitschaftskräfte haben die Aufgaben, die Luftschutzreviere während des Luftangriffs erforderlichenfalls bei ihrer Arbeit zu unterstützen, nach dem Angriff aber alle Gefahren zu bekämpfen und Schäden zu beseitigen, für die die Leistungsfähigkeit der Einsatzkräfte nicht ausreicht. Eine weitere Reserve an Bereitschaftskräften in ähnlicher Zusammensetzung und Ausrüstung wie bei den Luftschutzabschnitten steht außerdem noch dem örtlichen Polizeiverwalter als örtlichen Luftschutzleiter zur Verfügung.

Der Einsatz dieser Bereitschaftskräfte wird in der Regel jedoch erst dann zu erfolgen haben, wenn die entsprechenden Kräfte der Luftschutzabschnitte und Luftschutzreviere zur Bewältigung ihrer Aufgaben nicht mehr ausreichen.

Da im übrigen bei dem Umfang der Maßnahmen und der Fülle der Fachgebiete, die im Rahmen des Sicherheits- und Hilfsdienstes vertreten sind, der örtliche Polizeiverwalter einer sachkundigen Beratung bedarf, um die Führung im Luftschutzort ausüben zu können, sind ihm für die entsprechenden Zwecke des Sicherheits- und Hilfedienstes besondere Fachführer zur Seite gestellt, die mit ihm die örtlichen Luftschutzleitung bilden. Die Art und Zusammensetzung der Fachführer entspricht etwa der des Luftschutzabschnittes.

Die letzte Verantwortung hinsichtlich der Führung liegt jedoch allein bei dem örtlichen Polizeiverwalter.

In Orten, in denen die Polizei nicht in Polizeiabschnitte eingeteilt ist, steht über den Luftschutzrevieren unmittelbar die örtliche zivile Luftschutzleitung mit den erforderlichen Bereitschaftskräften.

Da es außerdem notwendig werden kann, dass gewisse Teile des Sicherheits- und Hilfedienstes auch außerhalb des Luftschutzortes, in dem sie aufgestellt sind, verwendet werden, so muss auch in dieser Richtung entsprechende Vorsorge getroffen werden.

Werkluftschutz.

Die Kräfte des Sicherheits- und Hilfedienstes und die damit zusammenhängenden behördlichen Maßnahmen werden allein aber nicht in der Lage sein, alle Schäden abzuwenden oder namentlich die Entstehung größerer Schadensfälle zu verhindern. Daher müssen alle Betriebe, die entweder auf Grund der Eigenart oder des Umfanges ihrer Produktion von besonderer Bedeutung sind, eigene Vorkehrungen für den Luftschutz treffen.

Dieser „Werkluftschutz“ ist deshalb von besonderer Wichtigkeit, weil gerade die Vernichtung oder die lang andauernde Lahmlegung der Produktion Ziel und Zweck feindlicher Luftangriffe sein wird. Es kann daher von entscheidender Bedeutung für die erfolgreiche Durchführung der eigenen Luftverteidigung werden, wenn es gelingt, durch eine zweckmäßige und wohl vorbereitete Organisation des Werkluftschutzes die durch Luftangriffe zu erwartenden Schäden und den damit verbundenen Ausfall der Produktion auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die besondere Schwierigkeit dieser Organisation liegt dabei darin, dass alle Maßnahmen so abgestellt und ein eingespielt werden müssen, dass bei drohender Luftgefahr oder bei Fliegeralarm die Produktion selbst – wenn überhaupt – erst so spät als möglich eingestellt und nach dem Angriff so rasch als möglich wieder aufgenommen werden kann. Die Angehörigen gewerblicher Betriebe, hauptsächlich aber solcher, die für die Kriegswirtschaft von Bedeutung sind, müssen sich bewusst sein, dass sie im Falle eines gegnerischen Angriffs einen außerordentlich wichtigen Platz im Rahmen der Luftverteidigung einnehmen. Jeder Angehörige dieser Betriebe – möge er Führer sein oder zur Gefolgschaft gehören – muss entschlossen sein, genau wie der Soldat auf seinem Posten auszuharren und erforderlichenfalls sein Leben zu opfern. Selbstverständliche Pflicht alle Verantwortlichen ist es im übrigen, die Organisation des Werkluftschutzes so auszugestalten, dass Verluste nach Möglichkeit vermieden werden.

Der Werkluftschutz wird von den zu ihm gehörenden Betrieben nach den Weisungen des Reichsministers der Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe unter Leitung der Reichsgruppe Industrie durchgeführt. Im Rahmen der regionalen Untergliederung der Reichsgruppe Industrie sind zu diesem Zwecke Vertrauensstellen gebildet worden. Mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse technischer und wirtschaftlicher Art in einzelnen Zweigen der Industrie haben sich außerdem noch bestimmte Wirtschaftsgruppen zusammengeschlossen, die – wie z.B. der Steinkohlen- und der Braunkohlenbergbau oder die Eisenhüttenindustrie – Spezialfragen dieser Wirtschaftskreise in Bezug auf den zivilen Luftschutz handeln.

Der Werkluftschutz ist in seiner Art als eine besonders organisierter Selbstschutz zu betrachten. Wenn er seine Aufgaben erfüllen soll, so muss zunächst für eine zielbewusste, straffe und einheitliche Führung gesorgt werden.

Die Verantwortung für alle Werkluftschutzmaßnahmen obliegt grundsätzlich dem Betriebsführer selbst. Zur Durchführung der Organisation, zur Leitung der Ausbildung und zur Führung der Werkluftschutzkräfte wird in jedem Betriebe ein Werkluftschutzleiter bestellt, der nach den gesetzlichen Vorschriften durch die zuständigen Polizeibehörden hierzu herangezogen wird. Sofern der Betriebsführer diese Befugnisse nicht selbst ausübt, kann auch eine andere geeignete Persönlichkeit hiermit betraut werden. Dieses Verfahren bildet in großen Betrieben die Regel.

Dem Werkluftschutzleiter unterstehen: ein besonderer Dienst zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Betriebe vor, bei und nach einem Luftangriff, Werkfeuerwehrtrupps, ein Werkssanitäts- und ein Entgiftungsdienst, Arbeitertrupps, die dem Instandsetzungsdienst des Sicherheits- und Hilfsdienstes entsprechen, sowie Störungstrupps, die innerhalb des Werkes Schäden an den Leitungen für Gas, Wasser und Elektrizität und Kanalisation zu beseitigen haben. Ob und in welchem Umfange darüber hinaus noch besondere Trupps mit weiteren Aufgaben vorzusehen sind, richtet sich jeweils nach der Eigenart des Werkes und seinen etwaigen besonderen Betriebsgefahren.

Diese Kräfte des Werkluftschutzes werden als „Einsatzgruppen“ bezeichnet.

Im übrigen muss Vorsorge getroffen werden, den Teil der Gefolgschaft, der nicht zur Arbeit in den Trupps eingeteilt ist, im Falle eines Fliegeralarms möglichst ungefährdet unterzubringen. Diese Unterbringung erfolgt entweder in Schutzräumen oder auf andere geeignete Weise. Es ist aber von großer Wichtigkeit, dass über die Zahl der in der Einsatzgruppe benötigten Kräfte hinaus möglichst viele Angehörige der Gefolgschaft so ausgebildet sind, dass sie jederzeit – ihrer Vorbildung entsprechend – in einem der Trupps verwendet werden können.

In jedem Betriebe erfolgt der gesamte Aufbau des Werkluftschutzes nach einem besonderen Werkluftschutzplan. Grundsätzlich hat der Werkluftschutz alle Schäden in seinem Betrieb aus eigener Kraft zu beseitigen. Die Unterstützung des Sicherheits- und Hilfedienstes soll nur in Ausnahmefällen in Anspruch genommen werden.

Selbstschutz.

Ebenso wie die zum Werkluftschutz gehörenden Betriebe sich bei etwaigen Luftangriffen in weitestem Maße selbst helfen müssen, weil der Sicherheits- und Hilfsdienst nicht in der Lage ist, alle Schäden abzuwenden oder zu beseitigen, ist es unumgänglich notwendig, dass die Bevölkerung dahin erzogen und befähigt wird, sich solange und soweit als irgend möglich selbst zu helfen.

Dazu ist die planmäßige Organisation eines „Selbstschutzes“ notwendig, denn der Sicherheits- und Hilfsdienst wird immer nur da eingesetzt werden können, wo die Kräfte der Bevölkerung zur Selbsthilfe nicht mehr ausgereichen und wo die Bekämpfung auftretender Schäden den einheitlichen und geschlossenen Einsatz organisierter staatlicher Machtmittel erfordern.

Je nach den örtlichen Verhältnissen muss daher in jedem Hause oder in mehreren Häusern gemeinsam eine Selbstschutzorganisation geschaffen werden. Die Führung hat der Luftschutzhauswart. Er sorgt dafür, dass alle Bewohner des Hauses bei Fliegeralarm die ihnen übertragenden Aufgaben erfüllen oder sich in Ruhe und Ordnung in den Schutzraum begeben.

Das Ziel der Selbstschutzorganisation ist, auftretende Schäden möglichst schon bei ihrer Entstehung zu beseitigen und größere Katastrophen zu verhindern. Dies gilt insbesondere zur Beseitigung der Brandgefahr bei Verwendung von Brandbomben bei einem Luftangriff. In einem solchen Falle ist damit zu rechnen, dass diese in größerer Zahl abgeworfen werden, um eine Fülle kleinerer Brandherde zu erzeugen, die bei nicht rechtzeitiger Bekämpfung sich zu Brandkatastrophen auswirken können. Die Wirkung solcher Brandbomben einzudämmen und die Entstehung großer Brände zu verhindern ist möglich, wenn rasch und entschlossen zugegriffen wird, und wenn die in den Häusern zur Verfügung stehenden Kräfte wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Aber auch nur, wenn die Kräfte des Selbstschutzes diese Aufgaben mit aller Tatkraft erfüllen, können Katastrophen vermieden werden.

Weiterhin müssen bestimmte Hausbewohner ausgebildet sein, um gegebenenfalls Verletzte die erste Hilfe zuteil werden lassen zu können. Hier eröffnet sich insbesondere der Frau ein weites Tätigkeitsfeld.

Die Aufgaben, die hiernach der Bevölkerung im Selbstschutz übertragen werden müssen, sind groß und schwer. Sie können aber auch von entscheidender Bedeutung für die erfolgreiche Bekämpfung eines Luftangriffes werden. Es zeigt sich also, dass der zivile Luftschutz nicht, wie häufig in früherer Zeit eine Angelegenheit des passiven Duldens ist, sondern dass auch der Selbstschutz Mut, Entschlossenheit und Einsatz des ganzen Menschen, gleichgültig oder Mann oder Frau, in eigenen Interesse und zum Wohle der Allgemeinheit erfordert.

Die Erziehung der Bevölkerung zum Selbstschutz, die Schaffung der psychologischen Voraussetzungen hierzu und die Anleitung und Ausbildung der Beteiligten ist eine besonders schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe im Rahmen des gesamten zivilen Luftschutzes. Von behördlicher Seite allein konnte diese Aufgabe nicht gelöst werden. So wie das deutsche Volk aus sich selbst heraus diesen Selbstschutzgedanken erlassen und in die Tat umsetzen soll, so musste auch eine Organisation geschaffen werden, die in der Art ihres Aufbaus und in dem Geiste ihrer Arbeit klar den Willen zum Ausdruck brachte, sich selbst zu helfen und alle Volksgenossen zur Selbsthilfe zu erziehen.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde im Frühjahr 1933 auf Veranlassung des Reichsluftfahrtministeriums der Reichsluftschutzbund gegründet.

Der Reichsluftschutzbund untersteht dem Reichsluftfahrtministerium und empfängt von ihm seine Weisungen.

Er hat nach seiner Satzung den Zweck, auf nationaler Grundlage zum gemeinen Nutzen das deutsche Volk von der lebenswichtigen Bedeutung des Luftschutzes zu überzeugen und es für die tätige Mitarbeit im Selbstschutz zu gewinnen.

Ihm sind darüber hinaus durch die I. Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz vom 4. Mai 1937 besondere Aufgaben, namentlich bezüglich der Organisation des Selbstschutzes und der Ausbildung der Selbstschutzkräfte, übertragen worden. Das Recht zur Anwendung von Zwangsmitteln besitzt er naturgemäß nicht, da solche Befugnisse grundsätzlich nur rein behördlichen Stellen zustehen dürfen. Soweit daher im Selbstschutz die Anwendung von Zwangsmitteln notwendig werden sollte, können diese auf Grund des Abs. 5 des § ?? der I. Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz nur von den ordentlichen Polizeibehörden angewendet werden.

Der Bund ist zwar in der juristischen Form eines eingetragenen Vereins gegründet worden. Es war jedoch der Wille des Reichsministers der Luftfahrt, dass dieser Bund, in sich stets gefügt, unter straffer Führung ein Organ darstellen soll, dass sich zweckmäßig und reibungslos in die allgemeine Organisation des zivilen Luftschutzes einzugliedern hat. Dieses Ziel ist erreicht worden. Der Bund hatte am 1. April 1934 etwa 12.000.000 Mitglieder, eine gewaltige Leistung, wenn man bedenkt, dass die Organisation – ohne finanzielle Grundlage – lediglich aus sich selbst heraus geschaffen werden musste und dass die Arbeit überwiegend durch ehrenamtliche Amtsträger geleistet wird. Dabei muss weiter berücksichtigt werden, dass es bei der Gründung des Reichsluftschutzbundes nur wenige Menschen in Deutschland gab, die überhaupt von dem Wesen eines Luftangriffes oder gar von den Notwendigkeiten und den Maßnahmen des Luftschutzes eine Vorstellung hatten. Es galt also nicht nur, Amtsträger für die selbstlose und mühevolle Mitarbeit im Bunde zu gewinnen, sondern es kam vor allem auch darauf an, diese erst auszubilden und mit dem Gedanken des Selbstschutzes und den Aufgaben, die von ihnen zu leisten warten, vertraut zu machen. Namentlich die Frage der Ausbildung der Amtsträger ist schwer und bedarf Zeit. Erst wenn diese Frage gelöst sein wird, kann daran gedacht werden, das ganze Volk auch wirklich zu erfassen und praktisch zu erziehen.

Diese praktische Erziehungsarbeit ist jedoch besonders notwendig und dringlich. Es kommt ja nicht nur darauf an, Mitglied des Reichsluftschutzbundes zu werden und sich über das Wesen des Luftkrieges und des Selbstschutzes belehren zu lassen. Entscheidend ist vielmehr, dass in jedem einzelnen der Wille geweckt wird, sich selbst zu helfen, und bei einem Luftangriff mit ganzer Kraft für sich und die Seinen einzustehen. Es kommt ferner darauf an, dass die notwenigen praktischen Maßnahmen in jedem Hause auch wirklich und rechtzeitig durchgeführt werden und dass jeder weiß, was er in dieser Beziehung zu tun hat.

Die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Selbstschutzes schafft in gleicher Weise wie für den Sicherheits- und Hilfsdienst und den Werkluftschutz das am 26. Juni 1935 erlassende Luftschutzgesetz und seine Durchführungsbestimmungen. Im II. Teil der I. Durchführungsverordnung vom 4. Mai 1935 ist ausdrücklich die Luftschutzdienstpflicht, die ebenso wie die Wehrpflicht das ganze Volk, in besonderem Maße aber auch die Frauen erfasst, festgelegt. Die Heranziehung der Selbstschutzkräfte zur Luftschutzdienstpflicht wird durch den Reichsluftschutzbund vorbereitet und durch polizeiliche Verfügung vorgenommen. Die Ausbildung der Kräfte erfolgt alsdann durch den Reichsluftschutzbund.

Dem Reichsluftschutzbund erwächst somit eine überaus große und schwierige Aufgabe. Er kann sie nur lösen, wenn sich das ganze Volk zur Mitarbeit und zu persönlichen Opfern bereit findet. Er erfährt aber auch bei der Erfüllung seiner Aufgabe die tatsächliche Unterstützung des Staates.

Erweiterter Selbstschutz.

Öffentliche und private Dienststellen und Betriebe, soweit für sie der Selbstschutz nicht ausreicht, ein Werkluftschutz aber nicht notwendig ist, unterliegen dem erweiterten Selbstschutz.

Hierfür kommen u. a. in Betracht:

Die vom Werkluftschutz nicht erfassten gewerblichen Betriebe,
behördliche Gebäude,
Waren- und Geschäftshäuser,
größere und mittlere Betriebe des Einzelhandels,
Banken und bankähnliche Betriebe,
größere Bildungs- und Unterhaltungsstätten, wie Hochschulen, Universitäten, Theater, Lichtspielhäusern usw.,
größere Gast- und Vergnügungsstätten,
größere Hotels,
Krankenhäuser, soweit sie nicht im Rahmen des Sicherheits- und Hilfsdienstes (Luftschutzsanitätsdienst) erfasst sind,
Altersheime, Stifte, Kirchen und Klöster.

Der örtliche Luftschutzleiter (Ortspolizeiverwalter) trifft die Entscheidung darüber, welche öffentlichen und privaten Betriebe zum erweiterten Selbstschutz gehören.

Verantwortlich für die Durchführung des erweiterten Selbstschutzes in den betreffenden Dienststellen und Betrieben sind die Behörden- oder Betriebsleiter. Die Leitung der erforderlichen Maßnahmen hat ein „Betriebsluftschutzleiter“. Soweit seine Befugnisse nicht durch den Leiter der Dienststelle oder den Betriebsleiter selbst ausgeübt werden, können sie einen geeigneten Angehörigen des Betriebes übertragen werden.

Die Betriebsluftschutzleiter werden zu dieser Aufgabe durch polizeiliche Verfügung herangezogen. Bei den öffentlichen Dienststellen erfolgt die Heranziehung der Betriebsluftschutzleiter ebenfalls durch die Polizeibehörden, jedoch im Einvernehmen mit dem Leiter der Dienststelle.

Der erweiterte Selbstschutz bei allen Dienststellen und Betrieben eines Luftschutzortes untersteht der Gesamtleitung des Ortspolizeiverwalters.

Der Reichsluftschutzbund übt auf dem Gebiete des erweiterten Selbstschutzes nur beratenden Tätigkeit aus. Bei den zum erweiterten Selbstschutz gehörenden behördlichen Dienststellen wird der Reichsluftschutzbund im übrigen nur auf Antrag der betreffenden Dienststellen tätig.

Der erweiterte Selbstschutz stellt in seinem Aufbau eine vereinfachte Form des Werkluftschutzes dar. Auch bei den Dienststellen und Betrieben des erweiterten Selbstschutzes werden aus der Gefolgschaft besondere Trupps gebildet. Hierzu gehören der Ordnungsdienst, die Betriebsfeuerwehr, die Sanitätstrupps, Fernsprecher und Melder sowie Trupps für Sonderzwecke, deren Zahl und Gliederung sich nach der Eigenart der betreffenden Betriebe richtet.

Ausbildung.

Das überhaus weit verzweigte Gebiet des zivilen Luftschutzes kann nur dann erfolgreich bearbeitet werden, wenn im Rahmen dieser Organisationen Menschen tätig sind, die an ihrem Platze ihre Aufgabe beherrschen. Aufklärung und Ausbildung sind dazu die Vorbedingungen. Es ist daher von besonderer Wichtigkeit, planmäßig für alle Zweige des zivilen Luftschutzes geeignete Führer und Lehrer heranzubilden.

Für die Ausbildung von Führern im Sicherheits- und Hilfsdienst ist die Reichsanstalt für Luftschutz in Berlin geschaffen worden, die dem Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe unmittelbar untersteht.

In dieser Anstalt werden in besonderen Lehrgängen Polizeiverwalter und Offiziere der Polizei, leitende Kommunalbeamte, Feuerwehrführer, Ärzte, Chemiker, Veterinäre, Hochbaubeamte und alle die Persönlichkeiten ausgebildet, die innerhalb ihres Wirkungsbereiches dazu berufen sind, den Sicherheits- und Hilfsdienst zu organisieren, das Personal auszubilden oder die in Betracht kommenden technischen Maßnahmen zu veranlassen. Ferner erfolgt an dieser Anstalt auch die Ausbildung von Werkluftschutzleitern und Angehörigen der Vertrauensstellen der Reichsgruppe Industrie.

Eine wesentliche Aufgabe dieser Anstalt ist es, dahin zu wirken, dass die vom Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe aufgestellten Grundsätze der Organisation, der Führung und der Ausrüstung einheitlich gehandhabt und Gemeingut aller Führer werden. Der Kreis der Persönlichkeiten, der durch diese Ausbildung erfasst werden muss, ist außerordentlich groß.

Neben der reinen Ausbildungstätigkeit ist die Reichsanstalt für Luftschutz noch mit Prüf- und Versuchsaufgaben betraut. Sie wirkt in erster Linie mit bei der technischen Entwicklung des Geräts auf dem Gebiete des Feuerlöschwesens, des Gasschutzes, des Sanitäts- und Veterinärwesens und der Alarmierung. Ferner ist sie an der Entwicklung technischer Mittel für die Verdunkelung beteiligt und wirkt auf dem Gebiete des baulichen Luftschutzes mit. Des weiteren ist sie gemäß § 8 des Luftschutzgesetz vom 26. Juni 1935 Genehmigungsbehörde für den Vertrieb von Geräten oder Mitteln für den Luftschutz.

Außer der Reichsanstalt für Luftschutz war eine Lehrstätte erforderlich, in der die Amtsträger des Reichsluftschutzbundes einheitlich ausgebildet und erzogen werden können. Zu diesem Zwecke ist im Frühjahr 1934 die Reichsluftschutzschule ebenfalls in Berlin gegründet worden, die dem Präsidium des Reichsluftschutzbundes unmittelbar untersteht.

Es war eine der vordringlichsten organisatorischen Aufgaben, eine Stätte zu schaffen, von der aus der Selbstschutz gelehrt werden konnte, und die es ermöglichte, die Führerschaft des Reichsluftschutzes – mochten es Landesgruppenführer, Bezirksgruppenführer oder Ortsgruppenführer, mochten es Ausbildungsleiter oder Propagandawarte sein – in einheitlichen Geiste zu erziehen und ihnen die Kenntnisse zu vermitteln, die sie zur Durchführung ihrer schwierigen Aufgabe brauchen. Wenn man berücksichtigt, dass es unter diesen Umständen notwendig ist, in absehbarer Zeit viele Tausende von Amtsträgern des Reichsluftschutzbundes auszubilden, so wird man ermessen können, welche gewaltige Aufgabe dieser Schule gestellt ist und welche Arbeit geleistet werden muss, das gesteckte Ziel zu erreichen.

Selbstverständlich ist es, dass die beiden erwähnten Anstalten nur die Aufgabe erfüllen können, bestimmte Führer zu erziehen, Darüber hinaus muss die Ausbildung der großen Zahl aller irgendwie im zivilen Luftschutz verwendeten Menschen an Ort und Stelle geschehen. Die Ausbildung der Angehörigen des Sicherheits- und Hilfsdienstes erfolgt dementsprechend in den Luftschutzorten unter Leitung des Polizeiverwalters durch die verantwortlichen Fachführer, während der Reichsluftschutzbund für die Ausbildung im Selbstschutz ebenfalls in den verschiedensten Orten eine große Zahl von Schulungsstätten und Lehrgängen eingerichtet hat.

Für die allgemeine Erziehung des deutschen Volkes zum Luftschutz ist es ferner von größter Bedeutung, dass die wichtigsten Fragen dieses Gebietes auch im Unterricht der öffentlichen Lehranstalten behandelt werden. Je früher unsere Jugend erzogen wird, die Fragen des Luftschutzes nicht nur zu verstehen, um so eher wird es gelingen, das ganze deutsche Volk zu erfassen.

Diesem Ziel hat sich der Nationalsozialistische Lehrerbund mit großem Eifer und guten Erfolgt gewidmet. Er hat im Einvernehmen mit dem Reichsluftschutzbund die Ausbildung seiner Mitglieder im Luftschutz so gefördert, dass bereits Anfang des Jahres 1934 die Voraussetzungen für die Aufnahme entsprechender Arbeiten in den Schulen geschaffen waren und angeordnet werden konnte, dass in jeder Schule ein Mitglied des Lehrkörpers als Luftschutzobmann zu bestellen sei. Der Luftschutzobmann hat die Aufgabe, den Schulleiter in allen Angelegenheiten des zivilen Luftschutzes zu beraten und in seinem Auftrage dafür zu sorgen, dass der Luftschutzgedanke im Lehrplan und Unterricht die nötige Berücksichtigung findet. Die Luftschutzobleute haben ihre Aufgabe im übrigen in engster Zusammenarbeit mit den Ortsbehörden und dem Reichsluftschutzbund durchzuführen. Sofern an einzelnen Schulen ausgebildete Lehrer noch nicht vorhanden sind, haben die Anstaltsleiter mit den örtlichen Stellen des Reichsluftschutzbundes oder des Nationalsozialistischen Lehrerbundes das Erforderliche zu veranlassen.

Technische Fragen.

Die technischen Fragen, die im Rahmen des zivilen Luftschutzes auftreten, sind außerordentlich zahlreich und schwierig. Die Notwendigkeit zur Durchführung des Luftschutzes zwingt auch den Techniker auf vielen Gebieten zu einer völlig neuen Denkweise.

Einen großen Umfang nehmen hierbei alle diejenigen Probleme ein, die mit der vom Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe durchgeführten technischen Ausrüstung des Sicherheits- und Hilfsdienstes zusammenhängen. Darüber hinaus ist es die Aufgabe des Reichsluftfahrtministers, auf alle übrigen Gebiete der Technik, die irgendwie mit der Förderung des Luftschutzes zusammenhängen, beratend und anregend zu wirken und alle Stellen, die für die Lösung solcher Probleme verantwortlich sind, zu gemeinsamer Arbeit zu verbinden.

In anderen Abschnitten dieses Buches werden die wichtigsten technischen Fragen und wissenschaftlichen Probleme, die der Luftschutz aufwirft, eingehend behandelt und ihre Lösung erörtert.

Von den zahlreichen Fragen, die in diesem Zusammenhange die Technik beschäftigen, sei hier nur noch das Bauwesen besonders erwähnt.

Gerade auf diesem Gebiete sind besondere Maßnahmen erforderlich, weil die möglichen Auswirkungen eines modernen Luftkrieges alle bisherigen Gedankengänge auf dem Gebiete des Hoch- und Städtebaues ebenso wie auf dem der Landesplanung und der Siedlung in eine völlig neue Richtung drängen.

Es galt infolgedessen, zunächst eine Stelle zu errichten, die geeignet war, die hiermit im Zusammenhang stehenden Fragen wissenschaftlich zu behandeln, um die Grundlagen für praktische Maßnahmen in Gegenwart und Zukunft zu schaffen.

Im Rahmen der Deutschen Gesellschaft für Bauwesen wurde deshalb auf Veranlassung des Reichsministers der Luftfahrt der „Reichsbau-Ausschuss für Luftschutz“ gebildet. Er hat nach seiner Satzung die Aufgabe, nach Richtlinien des Reichsluftfahrtministers die Luftschutzmaßnahmen auf dem Gebiete des Bauwesens zu erforschen sowie eine gutachtliche und beratende Tätigkeit in Bezug auf Luftschutzbaufragen auszuüben. In diesem Ausschuss vereinigen sich die besten Vertreter aus Wissenschaft und Praxis. So ist die Gewähr gegeben, dass alle von ihm behandelten Fragen nicht nur wissenschaftlich einer einwandfreien Lösung zugeführt werden, sondern dass auch die unbedingt erforderliche Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte nicht vernachlässigt wird.

Aber auch auf diesem schwierigen Gebiet mit seiner Fülle von neuen Problemen war es mit zentral geleisteter Arbeit allein naturgemäß nicht getan. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit war vielmehr die Heranziehung aller berufenen Stellen zu gemeinsamer Arbeit. Auf Grund eines Erlasses des Reichsminister der Luftfahrt vom Februar 1934 sind daher die bautechnischen Sachverständigen der Mittelbehörden der Länder mit der Bearbeitung aller den Luftschutz in bautechnischer Beziehung angehenden Fragen betraut worden.

Es ist zu hoffen, dass es durch diese Maßnahme gelingen wird, die Erkenntnis von der Notwendigkeit zur Berücksichtigung der Forderungen des Luftschutzes im Bauwesen zu verbreiten und die Grundlage für eine sachverständige Beratung aller beteiligten Kreise zu schaffen.

Das Ziel:

Überblickt man das gesamte Gebiet des zivilen Luftschutzes und erkennt man seinen Aufbau, so wird es klar, dass dieses gewaltige Werk das ganze Volk umschließt. Die Behörden, die Wirtschaft und jeder einzelne werden erfasst.

Das Gebiet ist noch immer Neuland; wenn auch in den vergangenen vier Jahren durch rastlose Arbeit viele neue Erkenntnisse gewonnen worden sind.

Das Ziel, das mit der Organisation des zivilen Luftschutzes erreicht werden soll, ist die Selbsterhaltung des deutschen Volkes und die Stärkung seines Wehrwillens. Damit wird der zivile Luftschutz – wenn auch nicht im völkerrechtlichen Sinne, so doch praktisch – zu einem unmittelbaren Bestandteil der Luftverteidigung.

Ihre Bewährung könnte diese Organisation erst im Falle eines Angriffs auf deutsches Land beweisen. Niemand kann voraussehen, ob und wann dieser Fall einmal eintreten wird. Wir müssen ihn aber mit Ernst und Entschlossenheit ins Auge sehen.

/p