Der Luftschutz großer Hafengebiete.

Die Luftgefährdung großer Häfen

Unter dem Titel „Japan am Kreuzweg“ hat der frühere japanische Kabinettsminister Yukio Ozaki ein Buch erscheinen lassen, in dem er ausführt, dass man statt langwieriger Operationen die Flugzeuge dazu benutzt, um im Inneren des feindlichen Landes Munitionsfabriken, Banken und Regierungsgebäude zu vernichten.
Durch Luftangriffe könne man leichter Millionen von Zivilisten in Großstädten erschlagen als 1.000 Soldaten, welche in Festungen oder in Schützengräben in Deckung sind. Der Sieg ließe sich rasch erreichen, wenn man den Feind demoralisiert und vernichtet, indem man rücksichtslos alle Zivilisten tötet, alt oder jung, Mann oder Frau, Greis oder Kind. Es sei lächerlich, sich darüber zu unterhalten, dass der Gebrauch von Giftgasen, Bakterien, Bomben und Luftattacken auf offene Städte verboten werden solle. Solange es Krieg gäbe, könn man dies niemals verhindern. Denn selbstverständlich würde der Waffen sicherste für den Erfolg benutzt, ganz gleich, ob sie verboten sei oder nicht. Yukio Ozaki führt weiter aus, dass jeder Kriegsführende darauf bedacht sein wird, die offenen Städte seines Feindes zu zerstören.

Dir Erklärungen italienischer , englischer, amerikanischer und französischer führender Militärs und Völkerrechtler (Douhet, Fuller, Cannon, Foch) lassen erkennen, dass die mit Luftangriffen verbundenen Verluste der Zivilbevölkerung kein Hindernis für den Einsatz von Bombenflugzeugen auf die verkehrspolitisch und wirtschaftlich bedeutenden Punkte bilden.

Zu den wichtigsten Orten des Hinterlandes, die von feindlichen Bombern in einem künftigen Kriege angriffen werden, dürften ohne Frage auch die Verkehrszentren und unter diesen die großen Häfen gehören.

Aus der geographischen Lage und der natürlichen Beschaffenheit der Hafengebiete ergibt sich eine Erhöhung der Luftgefahr, da das Zusammenwachsen von Arbeits- und Wohnstätten, die Zusammenballung von Menschenmassen in unmittelbarer Nähe großer Hafengebiete den Luftschutz besonders schwierig gestalten. Alles ist eng zusammengedrängt, wie gemacht, um die Ausbreitung von Bränden und das Entstehen von Paniken zu begünstigen. Hafenstädte werden besonders zu Beginn eines Krieges für eine Reihe räumlich und zeitlich begrenzter Vorstöße in der Luft lohnende Ziele sein. Große Häfen liegen an der Küste oder deren Buchten, an großen Flüssen oder zwischen Flusssystemen. Sie sind Verkehrsknotenpunkte für Eisenbahn und Straßen. Für den feindlichen Flieger wird eine Hafenstadt immer leicht aufzufinden sein, denn Eisenbahnen, Straßen, Flüsse und Küsten führen den Flieger unmittelbar zum Ziel. Man versucht solche Ziele nach Möglichkeit zu schützen, wegen der Kosten kann aber nur wenig erreicht werden. Eine Änderung dieses Zustandes ist auf lange Sicht unmöglich.

Die Häfen dienen der Ein- und Ausfuhr von Waren und Rohstoffen, ihrem Umschlag, ihrer Lagerung und Verarbeitung. Was es für ein Volk bedeutet, wenn ihm die Zufuhr abgeschnitten ist, haben wir alle zur Genüge im großen Kriege am eigenen Körper gespürt. Auch unter anderen Gesichtspunkten betrachtet muss die Bedeutung der großen Häfen für die Landesverteidigung sie als außerordentlich wichtige Gebiete des gesamten Luftschutzes erscheinen lassen. Ihre Anlagen dienen dem Bau, der Instandsetzung und Ausrüstung von Schiffen der Handels- und gegebenenfalls auch der Kriegsmarine. Die Häfen sind Verkehrsknotenpunkte für Wasserstraßen sowie für Landstraßen und Eisenbahnen.

Auch für die großen Hafengebiete müssen daher Luftschutzmaßnahmen planmäßig vorbereitet werden.

Der organisatorische Aufbau.

Nach den gleichen Grundsätzen wie für das Landgebiet erfolgt im allgemeinen auch der Aufbau des Luftschutzes großer Hafengebiete. Von einem Luftangriff auf dieses Gebiet werden nicht nur der Hafen, sondern auch die mit ihm im Zusammenhang stehenden Arbeits- und Wohnstätten – als die Stadt schlechthin – wechselseitig erfasst werden. Da also sowohl Schäden auf dem Lande als auch auf dem Wasser eintreten können, müssen dem Führer des Hafenluftschutzes für beide Fälle entsprechende Kräfte zur Verfügung stehen. Diese Verhältnisse und die einheitliche Bekämpfung aller Schäden erfordern eine einheitliche Leitung. Der Führer des Hafenluftschutzes ist daher der örtlichen zivilen Luftschutzleitung unterstellt, so dass dadurch der nötige Zusammenhang mit dem Lande und nötigenfalls auch die Hilfeleistung vom Lande aus gesichert ist. Dabei wird der gesamte Hafen einschließlich der ihm besonders dienenden Landanlagen ein eigenes Luftschutzrevier (Abschnittgruppe) bilden, das einer einheitlichen sachverständigen Leitung (Führer der Wasserschutzpolizei, der Hafen- und Schifffahrtspolizei, der Hafenpolizeibehörde) untersteht. Über die im Landgebiet zur Verfügung stehenden Kräfte hinaus sind im Hafen noch besondere zusätzliche Hilfskräfte bereitzuhalten und für die Besonderheiten, die der Hafenbetrieb aufweist, besondere Maßnahmen zu treffen. Im allgemeinen verfügt die Leitung des Luftschutzes im Hafen über die gleichen Kräfte des Sicherheits- und Hilfsdienstes, wie der entsprechende Führer auf dem Lande. Insbesondere hat er Polizeikräfte, Havarietrupps, Feuerlöschkräfte, Bergetrupps, Entgiftungstrupps und Fachtrupps Hafenbau. Diese Kräfte müssen durch Zuteilung von Booten beweglich gemacht werden. Ihnen sind Spezialfahrzeuge zuzuteilen.

Die Havarietrupps haben die Aufgabe, einer Sperrung oder Behinderung des Fahrwassers durch Fahrzeuge, welche unfähig geworden sind, zu manövrieren, vorzubeugen. Ihre Kräfte sind daher in erster Linie seemännisch auszubilden. Das Personal für sie wird aus Fachleuten (Steuerleuten, Ingenieuren usw.) erfasst. Für den Einsatz des Havarietrupps ist ein Fahrzeug bereitzustellen, das mit Schleppvorrichtung und möglichst mit Feuerlöscheinrichtung ausgerüstet ist.

Falls die entstandenen Geräte durch Havarietrupps nicht umgehend beseitigt werden können, werden die Bergekräfte eingesetzt. Ihre Stärke richtige sich nach den besonderen örtlichen Verhältnissen.

Der Fachtrupp „Hafenbau“ hat die wasserbautechnischen Anlagen und die Ladeeinrichtungen instand zu setzen. Seine Kräfte sind dem Personal der Wasserbau- bzw. Hafenbauverwaltung und den Betriebskräften der Lade- und Löscheinrichtungen zu entnehmen. Der organisatorische Aufbau des Hafenluftschutzes, seine Stärken und Zusammensetzung sowie die Ausrüstung ist nach den örtlichen Bedürfnissen zu bemessen und hat der Aufgabe Rechnung zu tragen, die Wirkung von Luftangriffen auf Hafenanlagen und Schiffe herabzumindern und für die Aufrechterhaltung ihrer Leistungsfähigkeit zu sorgen.

Die Schadensbekämpfung.

Es liegt in der Natur der Sache, dass Schiffee, die von Luftangriffen betroffen wurden, in der Regel wohl zunächst auf sich allein gestellt sein werden und unter Umständen erst nach längerer Zeit mit dem Eingreifen von Hilfskräften rechnen können. Wenn auch die Möglichkeit besteht, unter Anwendung von „Bordmitteln“ und unter Einspannung aller Kräfte an Board viele Schäden selbstständig zu beheben, so darf doch nicht verkannt werden, dass wohl Erfahrungen darüber vorliegen, wie man Fahrzeuge und Besatzungen gegen Unter- und Überwasserangriffe schützen kann, wie man aber den Wirkungen von Luftangriffen wirksam begegnen soll, ist zum großen Teil noch ungeklärt, da es an praktischen Erfahrungen fehlt. Auf Grund dieser Tatsache lasse man sich jedoch nicht von dem Gedanken leiten, dass dann das Üben von Gegenmaßnahmen doch mehr oder weniger Theorie sei und bleiben werde.

Unter den zahlreichen Schäden, die der Schifffahrt durch Luftangriffe drohen und gegebenenfalls den Einsatz von Havarietrupps erforderlich machen, sollen hier nur einige der wichtigsten angeführt werden, z. B.: Beschädigungen des Schiffes durch Sprengbomben unter oder über der Wasserlinie, Ausfall der Kommandoelemente, größere Schadenfeuer sowohl am Schiff als auch an der Ladung, Maschinenschäden, Havarien aller Art, Kampfstoffbegiftungen, schwere Verletzungen oder Verbrühungen von Besatzungsangehörigen. Bei all diesen Schäden sollen die Havarietrupps imstande sein, wirksam zu helfen. Der Fachmann wird an den gewählten Beispielen erkennen können, was die Havarietrupps im Ernstfalle leisten sollen. Bei ihrer Aufstellung und Ausbildung ist demgemäß davon auszugehen, dass in der Regel bei schwersten Schäden Hilfe gebracht werden muss. So werden z. B. Vorkehrungen zur Feuerbekämpfung, zur Leckabdichtung, zur Behebung von Maschinenschäden, von Havarieschäden, zur ersten Hilfe bei Verletzungen, sowie zur Herstellung einer sicheren Nachrichtenverbindung zu treffen sein. All diesen Anforderungen ist im Lehrstoff und in den Ausbildungsplänen der Havarietrupps Rechnung zu tragen, wenn im Ernstfall eine wirksame Hilfe sichergestellt sein soll.

Die Durchführung des Luftschutzes.

1.Die Durchführung des Luftschutzes für die im Hafen befindliche Bevölkerung.

Zur Durchführung des Luftschutzes im Hafen sind wie auf dem Lande gas- und splittersichere Schutzräume vorzusehen für die Wohnbevölkerung des Hafengebietes, für Hafenarbeiter und andere aus beruflichen Gründen anwesende Personen, für die Besatzung von Hafen- und Flussfahrzeugen und für die Fahrgäste von Seeschiffen, wobei besonders zur berücksichtigen ist, dass der für das Verholen und für die Brandbekämpfung notwendige Teil der Besatzung an Board bleiben muss.

Unter allen Umständen müssen durch organisatorische Maßnahmen Zusammenballungen von Menschen an gewissen Stellen zum Zeitpunkt des Aufrufes des Luftschutzes verhindert werden. Alle Personen, die nicht beruflich oder geschäftlich im Hafen zu tun haben, sind dem Hafengebiet fernzuhalten. In allen diesen Punkten dürfte sich die Organisation des Hafenluftschutzes von dem des Landluftschutzes kaum unterscheiden.

2. Durchführung des Luftschutzes für die Anlagen der Schifffahrt an Land.

Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass sich die Durchführung des Luftschutzes in großen Hafengebieten außerordentlich schwierig gestaltet. Insbesondere wird die Zuständigkeitsfrage auch hier eine bedeutende Rolle spielen. Staatliche und halbstaatliche Betriebe liegen zusammen mit industriellen Privatunternehmen. Petroleum-, Öl- und Benzinlager bedürfen einer besonderen Betreuung, die nur von besonderen Organisationen wahrgenommen werden kann.

Nach alledem dürfte es sich als zweckmäßig erweisen, verschiedene Organisationen entsprechend den verschiedenartigen Betrieben mit der Durchführung des Luftschutzes zu betrauen.

So wird z.B. für die staatlichen und halbstaatlichen Betriebe die Hafenbaubehörde, für die der Reichsgruppe Industrie angeschlossenen Betriebe die Reichsgruppe, für Hafenanlagen leicht entzündlicher sowie feuer- und explosionsgefährlicher Güter (Petroleumhäfen, Tankanlagen, chemische Fabriken usw.) die Feuerlöschpolizei in Frage kommen. Alle sonstigen Einrichtungen fallen dann unter das Gebiet des Selbstschutzes.

Da ein nennenswerter Unterschied in der Organisation des Luftschutzes Hafen und Land nicht besteht, dürfte sich ein Eingehen auf das der einzelnen Organisation zugewiesene Aufgabengebiet erübrigen.
Die Feuerlöschpolizei bekommt in den Häfen, insbesondere in den Petroleumhäfen, neue Aufgaben zugewiesen. Bei Fliegeralarm wird die Wasserfläche vor diesen Häfen, Tanks usw. unter Umständen durch Schwimmbalken abgeschlossen werden, damit der brennende Inhalt der Tanks sich nach Möglichkeit nicht über die Wasserfläche verbreiten kann. Die vor einem solchen Hafen liegenden Tankschiffe müssen sofort hinter diesem Abschluss verholt werden. Das Personal hat an Land, in den Schutzräumen oder, wo dies nicht möglich ist, in besonderen Deckungsgräben Schutz zu suchen.

Die Schwierigkeiten der Durchführung des Luftschutzes in Hafengebieten machen es erforderlich, dass beim Aufbau auf die Grenzen von Ländern und Verwaltungsbezirken keine Rücksicht genommen wird.

3.Durchführung des Luftschutzes auf Schiffen.

a) Seeschiffe.

Die Schiffe spielen bei der Durchführung des Luftschutzes in Häfen eine bedeutende und ausschlaggebende Rolle. Die Gefährdung eines Schiffes hat zwangsläufig auch eine Gefährdung des Hafens nicht nur für den Verkehr, sondern auch für die Hafenanlage zur Folge. Besondere Luftschutzmaßnahmen, die über den Rahmen des für den Landluftschutz Gesagten hinausgehen, kommen in der Regel nur bei Seeschiffen in Frage, vor allem werden vorbereitende Maßnahmen und das Verhalten bei Aufruf des Luftschutzes, bei Fliegeralarm, bei Luftangriffen und für den Luftschutz auf den Schiffen gegeben werden müssen.

Das Seeschiff kann entsprechend seiner Größe und Bauart der Schiffsbesatzung einen Schutz bieten, der etwa dem der behelfsmäßig an Land hergerichteten Schutzräume entspricht.

Die verantwortliche Person für Vorbereitung und Durchführung des Luftschutzes ist der Kapitän. Ihm obliegt auf deutschen Schiffen die Leitung der gesamten Luftschutzmaßnahmen. Auf ausländischen Schiffen ist dies Aufgabe des Lotsen.

Die von dem Kapitän auf dem Schiff zu treffenden Maßnahmen erstrecken sich nicht nur auf den Schutz des Personals, sondern auch auf den Schutz des Schiffes selbst. Für alle Seeschiffe ist eine Luftschutzrolle eingeteilt. Die Luftschutzrolle tritt auf Befehl automatisch d. h. ohne weitere Anordnungen des Kapitäns, in Kraft.

An technischen Vorbereitungen für das Seeschiff sind zu treffen: Abblendevorrichtungen, Lagerung von Lecksicherungs- und Feuerlöschmaterial sowie von Mitteln gegen Kampfstoffschäden, Mitführung der Fliegerwarnflagge oder des Warnkörpers.

Zur Alarmierung des Personals dürfen keine Signale oder Zeichen gegeben werden, die Notzeichen für Schiffe bedeuten oder mit ihnen verwechselt werden könnten.

Beim Alarm bleibt die Schiffsbesatzung in jedem Fall an Board, nicht nur während der Fahrt, sondern auch im Hafen. Während der Fahrt ist nur das unbedingt nötige Personal an Deck zu belassen und das Reserveruder zu besetzen. Die Besatzung ist im übrigen in Schutzräumen im Schiffe zu verteilen.

Die Besatzung ist zu besonderen Trupps zusammengefasst und mit den nötigen Hilfsmitteln für Feuerbekämpfung, Instandsetzung, Lecksicherung, Sanitätsdienst und Entgiftung ausgestattet. Zweckentsprechend wird ein besonderes Kommando für Anweisung von Schutzräumen eingeteilt werden.

Die Schutzräume sind zweckmäßig nicht n die untersten Räume, im Gegensatz zu den Gebäuden an Land, sondern nach Möglichkeit wasserseitig in die Schiffsmitte zu legen, wo sie ein oder zwei Decks über sich haben. Die Gasabdichtung ist verhältnismäßig unschwer zu lösen, da die Schiffsluken leicht abzudichten sind: bestimmte Räume an Bord haben nur einen sehr engen Zugang vom Deck, dagegen Verbindung zu den nächsten Schiffsräumen unter Deck. Die verschraubbaren Bullaugen sind mit Gummipackungen zu versehen.

Zur Erhöhung des Schutzes für Schiff und Personal sind die Schotten zu dichten, Schlepptrossen und Strickleitern bereitzulegen, Fender außenboards zu bringen und die Rettungsboote klarzumachen.

b. Binnen – und Hafenfahrzeuge.

Hier erübrigen sich in der Regel besondere Schutzmaßnahmen, da die Bauart solche kaum zulässt. Die Anlage einer Luftschutzrolle ist auf Binnenschiffen und Hafenfahrzeugen nicht erforderlich. Der für die Schiffsführung, für das Verholen und für die Brandbekämpfung notwendige Teil der Schiffsbesatzung muss an Board bleiben. Die übrigen Angehörigen der Besatzung können bei „Fliegeralarm“ ggf. das Schiff verlassen, um an Land oder auf Seeschiffen Schutz zu suchen.
Schwimmbalken abgeschlossen werden, damit der brennende Inhalt der Tanks sich nach Möglichkeit nicht über die Wasserfläche verbreiten kann. Die vor einem solchen Hafen liegenden Tankschiffe müssen sofort hinter diesem Abschluss verholt werden. Das Personal hat an Land, in den Schutzräumen oder, wo dies nicht möglich ist, in besonderen Deckungsgräben Schutz zu suchen.

Die Schwierigkeiten der Durchführung des Luftschutzes in Hafengebieten machen es erforderlich, dass beim Aufbau auf die Grenzen von Ländern und Verwaltungsbezirken keine Rücksicht genommen wird.

Verkehrsmaßnahmen.

Bei Aufruf des Luftschutzes sind die im Hafen verbleibenden Schiffe, soweit Lade- und Löschtätigkeit es zulassen, oder sie im Umschlag nicht benötigt werden, auseinander zuziehen und an möglichst verkehrsarme Stellen zu verholen. Unter allen Umständen ist bei einem drohenden Luftangriff eine Überfüllung des Hafens durch geeignete Maßnahmen zu vermeiden. Schiffen mit feuergefährlicher Ladung – insbesondere Munition und Öl – sind besondere Liegeplätze anzuweisen.

In der Nähe von wichtigen Verkehrsbrücken dürfen den Fahrzeugen keine Liegeplätze zugewiesen werden. Die Hafenliegezeit muss auf das unbedingt notwenige Maß beschränkt bleiben. Um das zu erreichen, muss nach Möglichkeit in mehreren Schichten gelöscht oder geladen werden. In Ruhestellung sind die Lösch- und Ladegeräte tunlichst auseinander zuziehen und einzuschwenken.

Um zu vermeiden, dass die Fahrrinne durch die getroffenen Schiffe gesperrt werden, sollten sämtliche abgestoppten Schiffe am Rande der Fahrrinne liegen und die in Fahrt befindlichen Schiffe grundsätzlich die Fahrt einstellen und möglichst dicht unter Land vor Anker gehen. Überholungen von Schiffen sind verboten.

Nach der Vorhergesagten bedarf es wohl keiner weiteren Erwähnung, dass die Schiffe bei Luftgefahr nicht den sonst rettenden Hafen aufsuchen, sondern ihm fernbleiben.

Bei „Luftgefahr“ ist das Fahrwasser für den durchgehenden Schiffsverkehr frei zu machen. In Fahrt befindliche Schiffe suchen den nächst erreichbaren Liegeplatz auf. Die Schleusen sind möglichst sofort zu räumen und die darin befindlichen Schiffe auf die freie Strecke außerhalb des Hafen zu verweisen. Die getroffenen Maßnahmen werden bei der „Entwarnung“ aufgehoben, sofern kein Angriff erfolgt ist. Andernfalls kann der Verkehr erst nach Beseitigung oder Kennzeichnung der Schadensstellen aufgenommen werden.

Die am Kai oder sonst irgendwo vertäuten Schiffe werden mit Reserveleinen lose belegt, damit das sinkende Schiff, dessen scharf belegte Leinen voraussichtlich brechen würden, nicht durch den Strom abgetrieben wird und die Fahrrinne versperrt.

Auf den aufgelegten Schiffen bleibt zweckmäßig eine Fliegerwache an Bord, die als Leck- und Brandschutz dient und entsprechend auszurüsten ist. Inwieweit auf dem löschenden oder ladenden Schiffen die Besatzung entbehrt werden kann, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Bei einem einmaligen Angriff wird es nicht ins Gewicht fallen, wenn der größte Teil der Besatzung in die vorgesehenen Schutzräume geht, bei einer Angriffswelle, die sich mit kurzen Unterbrechungen gegebenenfalls über Tage hinzieht, wird man bei wichtigem Umschlagsgut weiterarbeiten müssen. Die Schiffe dürfen erst nach der Entwarnung durch die örtliche zivile Luftschutzleitung verlassen werden.

Durchführung des Luftschutzes für Wasserstraßen und Kanäle.

Galten die bisherigen Ausführungen dem Hafen und seinem Schutz, so soll sich der folgende Teil mit dem Schutz der Wasserstraßen und Kanäle befassen, die zum Hafen führen. Es ist eine Eigentümlichkeit der deutschen Seeschiffhäfen, dass sie selten unmittelbar an de See, sondern an einer Bucht, an einem Fluss und oft über 100 Kilometer tief im Binnenland liegen. Es wurde bereits festgestellt, dass die Gefährdung der Fahrrinne und damit der Wasserstraße, die zum Hafen führt, darstellt.

Die Aufgaben des Luftschutzes auf den Wasserstraßen sind sinngemäß die gleichen wie die des Luftschutzes in Häfen. Die Organisation des Luftschutzes für Wasserstraßen und Kanäle wird in Anlehnung an die für Häfen zu treffenden Maßnahmen und in engster Zusammenarbeit mit den an diesen Wasserstraßen liegenden Luftschutzorten durchgeführt. Der den Wasserstraßen eigene Charakter bedingt jedoch eine unterschiedliche Behandlung. Zum Luftschutz „Wasserstraßen“ gehören nicht nur die Wasserflächen, sondern auch die Uferanlagen und Strombauwerke, soweit sie Zubehör der Wasserstraßen sind, sowie alle zum Betrieb der Wasserstraße gehörigen Anlagen (Schleusen, Wehre, Liegeplätze, Betriebsgebäude, Werften, Bauhöfe usw.).

Die Vorbereitung und Durchführung des Luftschutzes liegt im allgemeinen in den Händen der Reichswasserstraßenverwaltung. Sie wird ohne Rücksicht auf die Ländergrenzen oder sonstige Zuständigkeitsfragen durchgeführt. Soweit Wasserstraßen Luftschutzorte I. Ordnung durchschneiden, unterstehen diese Wasserstraßen im allgemeinen dem örtlichen Luftschutzleiter.

Je nach der Ausdehnung der Wasserstraßen ist eine Unterteilung des Luftschutzgebietes in Luftschutzrevier (-Abschnitte), für deren Kräfte bezüglich Zusammensetzung und Ausrüstung das gleiche gilt wie für die entsprechenden Trupps des Hafenluftschutzes, erforderlich. Der Sitz der Abschnittsleitung muss als Stützpunkt für den Abschnitt ausgebildet werden, bei dem die erforderlichen Hilfskräfte bereitgehalten werden.

Im Wasserstraßenluftschutz ist ganz besonderer Wert auf eine rechtzeitig und sicher arbeitende Alarmierung zu legen. Die Warnung durch das Landwarnsystem ist keineswegs ausreichend, da die Ufer auf langen Strecken nur wenig besiedelt sind.

Diese Überlegung führt zu der Erkenntnis, das alle bereits vorhandenen festen Beobachtungs- und Nachrichtenmittel für den Schifffahrtswarndienst ausgenutzt werden müssen. Zu den genannten Kräften treten daher auf Seewasserstraßen die Ausguckposten Seewasserstraße. Diese Ausguckposten haben die Aufgabe, die Seewasserstraßen zu beobachten und alle wichtigen Vorkommnisse zu melden. Ihre Aufgaben werden von dem Personal bereits bestehender Organisationen wahrgenommen.

Für die Uferanlagen werden im allgemeinen die bereits erörterten Luftschutzmaßnahmen ausreichen. Die Hilfeleistung für Schiffe ist besonders zu organisieren, da die Gefahr besteht, dass durch Versenkung von Schiffen mittels Bombentreffer in Wasserstraßen und in den Kanälen die Häfen vollkommen blockiert werden. Es ist aber dringend erforderlich, dass jede Abschnittleitung für ihren Bereich mehrere Havarie- und Bergetrupps zur Verfügung hat, für die das oben Gesagte gilt.

Weiterhin müssen die Lotsen und Schifffahrtsbehörden mit besonderen Weisungen für den Verkehr und das Verhalten der Schiffe versehen werden. Die Schiffe haben die gegebenen Vorschriften und insbesondere die allgemeinen Fahrregeln auf das genaueste zu befolgen.

Warnmittel und Warndienst.

Warn- und Alarmdienste dürfen auf keinen Fall von den im Hafen liegenden Schiffen abgegeben werden. Die Signale müssen im übrigen sich von den üblichen Not- und Gefahrensignalen der Schiffe scharf unterscheiden. Anderenfalls kann es vorkommen, dass dem von Bomben getroffenen Schiffe keine oder verspätete Hilfe gebracht wird, weil das abgegebene Notsignal als Alarmsignal verstanden worden ist.

Die Warnung wird besonders unterstützt werden müssen durch Telegraph, Telefon, Fliegerwarnflaggen (Flagge D des Internationalen Signalbuches von 1931), Fliegerwarnkörper und Winkerzeichen. Besondere Warntrupps sind nicht einzuteilen, da es schlechterdings unmöglich ist, die zahlreichen im Hafen liegenden Schiffe mündliche zu benachrichtigen. Dagegen ist es notwendig, zwecks Benachrichtigung der Schiffe über ein erforderliches Verholen an die Dückdalben usw. für Fernsprechanschlüsse Sorge zu tragen.

Eingeschränkte Beleuchtung und Verdunkelung.

Dem Maßnahmen zur Durchführung der Eingeschränkten Beleuchtung und der Verdunkelung ist für den Luftschutz in Häfen, auf Wasserstraßen und auf Schiffen größte Wichtigkeit beizumessen in Anbetracht der besonderen Bedeutung der Befeuerung und der Lichterführung für die Sicherheit des Schiffsverkehrs sowie der Beleuchtung für das Löschen und Laden bei Dunkelheit. Auch ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Wasserflächen den Lichtschein reflektieren.

Bei Aufruf des Luftschutzes ist die „Eingeschränkte Beleuchtung“ durchzuführen. Die „Verdunkelung“ wird in Häfen durch mehrmaliges Ab- und Anstellen der während der „Eingeschränkten Beleuchtung“ im Betrieb gelassenen Hafenbeleuchtung, auf Seewasserstraßen der Befeuerung angezeigt. Der Lösch- und Ladebetrieb ist daraufhin eingestellt. Die in Fahrt befindlichen Schiffe machen fest bzw. ankern und blenden ab.

Tarnung.

Wir haben bereits ausgeführt, dass Flugzeuge das Ziel, den Hafen, leicht an der Hand der auf ihn zulaufenden Wasserstraßen und Kanäle finden können. Es wird wegen der Größe der Hafenanlagen im allgemeinen unmöglich sein, was vielleicht im Landschutz durchzuführen ist, durch Scheinanlagen feindliche Geschwader irrezuführen. Auch Vernebelungen von Häfen dürften wenig Erfolg haben, da der Gegner sich bei einem so großen Ziel, wie es ein Hafen darstellt, von einem Luftangriff nicht abbringen lassen wird, ganz abgesehen davon, dass die Wetterlage das Schaffen einer Rauch- und Nebelwand unangenehm stören kann. Die Vernebelung von Teilen eines Hafens, einzelner lebenswichtiger Werke mit Hilfe von Erdnebelapparaten und von Abblasen von Nebelschwaden aus Flugzeugen kann immerhin mit Erfolg verursacht werden. Man muss versuchen, den Gegner dadurch irrezuführen, dass bereits auf seinem Anmarschweg, aber noch außerhalb des Hafengebietes liegende Gebietsteile unter Nebel gesetzt werden.

Wichtige Industrieanlagen können durch Schutzanstrich und bauliche Verkleidungen der Sicht nach Möglichkeit entzogen werden.

Schluss.

Im Rahmen des gesamten Luftschutzes ist – wie gezeigt wurde – der Luftschutz großer Hafengebiete von besonderer Wichtigkeit. Bei zwischenstaatlichen Konflikten werden (nach Schwarte, der Krieg der Zukunft) „Bombengeschwader …. Verderben in die feindlichen Reserven, Nachschubkolonnen, in die feindliche Etappe, das feindliche Hinterland, unter die feindliche Bevölkerung tragen“. Zu den wichtigsten Orten der Etappe und des Hinterlandes, welche die gegnerischen Bomber angreifen, gehören in erster Linie die Zentren des Verkehrs und unter diesen als Hauptverkehrspunkte die großen Häfen, welche zugleich Knotenpunkte im Eisenbahn- und Straßennetz sind. In Anbetracht der erhöhten Luftgefahr, die sich aus der geographischen Lage und der natürlichen Beschaffenheit der Hafengebiete für Bevölkerung, Anlagen und Schiffe ergibt und der Schwierigkeiten eines ausreichenden Luftschutzes muss eine Organisation geschaffen werden, die im Ernstfalle einen wirklichen Schutz gewährt. Wie die Organisation eines Luftschutzes für die Einrichtung der Schifffahrt, welche wehrpolitisch, wirtschaftlich und verkehrstechnisch gleichbedeutend für ein Volk sind, zu gestalten ist, wurde gezeigt. Die vitale Bedeutung der Häfen für ein Volk, das, wie das deutsche, auf Einfuhr angewiesen ist, lässt den Luftschutz großer Hafengebiete durch seinen Zweck, Schutz der Nation, und durch sein Ziel, Unterstützung gefährdeter Volksgenossen und ihres Eigentums, im besonderen Maße als national und sozial erscheinen.