Luftschutz der Tiere und Verpflegungsmittel

A) Schutz und Entgiftung der Tiere.

Wie lebensnotwendig der Luftschutz der Tiere schon allein aus volkswirtschaftlichen Gründen ist, beweisen nachstehende Zahlen:

Tierbestand vom 5.12.1936 (einschl. Saarland)

Pferde, einschließlich Maultiere, Maulesel, Esel 3,5 Millionen
Rindvieh 20,0 Millionen
Schafe 4,3 M
Schweine 25,8 M
Ziegen 2,6 M
Hunde 3,0 M
Geflügel 97,5 M
Bienenstöcke 3,5

Gesamtwert etwa 10 Milliarden RM.

Jahreswert der Erzeugnisse: Fleisch, Milch, Butter, Eier, Leder, Wolle, Arzneimittel tierischer Herkunft usw. (außer Nachzucht und Arbeitsleistung) 9,2 Milliarden RM

Wir sehen, welch ungeheures Volksvermögen die Tierbestände Deutschlands darstellen. In dem Tier erblicken wir aber nicht nur ein Nutz- und Wertobjekt, sondern auch ein mitfühlendes Geschöpf, einen hilfsbereiten, treuen Kameraden, für dessen Wohlergehen wir uns ebenso verantwortlich fühlen wie für dasjenige unserer Mitmenschen. Deshalb umfasst der zivile Luftschutz nicht nur den Schutz der Menschen, sondern auch den der Tiere. Durch Masseneinsatz von Flugzeugen des Gegners sind die nicht nur für die Ernährung der Bevölkerung, sondern auch für die Verpflegung der kämpfenden Truppen unersetzbaren Tierbestände ernstlich bedroht. Ein gegen das Hinterland energisch durchgeführter Luftangriff wird selbst bei einem abwehrstarken Lande auch unter den Tieren schwere Opfer fordern.

Welche Schutzmaßnahmen sind Erfolg versprechend?

a) Klein- und Mittelstädte, flaches Land.

Der weitaus größte Teil, etwa 90 %, unserer Tiere befindet sich auf dem flachen Lande, in den Klein- und Mittelstädten. Man wird beim Aufruf des Luftschutzes in den Klein- und vielen Mittelstädten die Luftschutzfrage durch Überführen der Tiere in weniger bedrohte und gefährdete Gegenden, in Wald- und Grünanlagen oder in Gegenden mit siedlungsartiger Bauweise lösen können. Hierzu sind jedoch sorgfältig vorbereitete Anweisungen erforderlich, damit im Ernstfalle tatsächlich auch alle Tiere erfasst werden. Massenansammlungen von Tieren im Freien sind zu vermeiden, die Tiere vielmehr in kleine Gruppen zu verteilen. Für Bereitstellung von Futtermitteln und Wasser (natürliche Tränken) ist Sorge zu tragen.

Auf dem flachen Lande, auf großen Gütern, in Gestüten, Jungtieraufzuchtanstalten und sonstigen Sammelstellen für Nutz- und Schlachtvieh sind im Sommer die Herden auf verschiedene Koppeln zu verteilen. Auch im Winter ist der beste Schutz der Tiere im Aufenthalt im freien Gelände zu erblicken. In Gegenden mit Stallhaltung ist das Herausführen der Tiere ins Freie möglichst oft zu üben, weil sonst im Augenblick der Gefahr eine rechtzeitige Räumung der Ställe nicht gelingt.

Wesentlich ungünstiger liegen jedoch die Verhältnisse in den großen Städten, in denen eine planmäßige Räumung der Städte und die Überführung der Tierbestände an die Weichbildgrenze und ihre nähere Umgebung aus technischen und anderen Gründen nicht möglich ist (große Entfernungen, Verstopfung der Ausfallstraße, Störung der Rettungs- und Hilfsmaßnahmen).

Welche Schutzmaßnahmen sind Erfolg versprechend?

b) Großstädte.

1. Brisanzbomben.

Gegen die Auftreffwucht schwerer Sprengbomben kann u. a. ein gewisser Schutz dadurch erzielt werden, dass man in den Stallungen kleine Unterabteilungen durch Errichtung massiver Wände oder doppelter Bretterwände mit Sand- oder Erdeinlagerungen oder Sandfachzwischenbauten schafft.

Besondere Luftschutzmaßnahmen sind auf den Schlacht- und Viehhöfen durchzuführen. Da diese zum erweiterten Selbstschutz gehören, müssen alle Maßnahmen und Arbeiten vor, bei und nach Luftangriffen aus eigener Kraft durch Einsatz von Hilfs- und Rettungs- sowie Entgiftungstrupps geleistet werden. Hierbei ist die Aufrechterhaltung wenigstens eines Teiles des Betriebes bei Lahmlegung anderer Teile eine der wichtigsten Forderungen. Bei großen Schlachthöfen sind die Hauptgebäude durch neutrale Räume zu trennen, ferner die Schlachträume so zu gestalten, dass in jedem derselben auch andere Tiergattungen geschlachtet werden können. Bei kleineren Anlagen genügt die Trennung der Schlachträume von den Kühlräumen durch einen neutralen Raum, während bei großen Anlagen die Isolierung der Maschinenräume von der Kühlhalle, die Zerlegung dieser in zwei Teile mit besonderer Abholungsmöglichkeit tunlichst durchzuführen ist.

2. Brandbomben.

Während die Brandbomben in den menschlichen Wohnungen vorzugsweise Sachwerte bedroht, weil es den Menschen im allgemeinen möglich ist, sich der Gefahr zu entziehen, liegen die Verhältnisse für die Tiere, die in den Stallungen durch Ketten oder andere Anbindevorrichtungen befestigt sind, viel ungünstiger. Die Tiere können sich nicht selbst retten, sondern sind einzig und allein auf die Hilfe des Menschen angewiesen.

Die Brandgefahr für die Tierstallungen darf nicht unterschätzt werden, weil sich auf den Stallböden fast immer die Futtervorräte befinden, die, einmal in Brand geraten, kaum zu löschen sind. Außerdem sind die Stalldecken häufig nicht massiv, so dass ein feuersicherer Abschluss gegen die eigentlichen Stallräume fehlt, ein Stallbodenbrand sich daher durch die Decke leicht durchfrisst.

Deshalb sind sämtliche Stallböden beim Abwurf des Luftschutzes von allen Futtervorräten zu räumen, Heu und Stroh in Mieten unterzubringen, noch nicht ausgedroschenes Getreide möglichst sofort auszudreschen und das Stroh außerhalb der Ställe und Scheunen in Mieten zu stapeln.

Bei Stallbränden kann man oft die Beobachtung machen, dass es leider nicht immer gelingt, alle Tiere rechtzeitig von ihren Anbindevorrichtungen zu befreien. Es gibt zwar, z. B. für Rinder, moderne Befestigungsapparate, bei denen man mit einer einzigen Hebelbewegung eine ganze Reihe von Tieren auf einmal von ihrer Befestigung lösen kann, jedoch ist ihre Beschaffung für den Tierhalter im allgemeinen wirtschaftlich nicht tragbar. Weiter ist allgemein bekannt, dass die Tiere, besonders in der Nacht, immer wieder in den brennenden Stall zurück wollen.

Um diesen Gefahren wirksam zu begegnen, ist eine besondere Selbstschutzorganisation für alle größeren Tierunterkünfte, für Futtermittelmagazine, Proviantämter usw., notwendig, besonders im Hinblick darauf, dass mit dem sofortigen Eintreffen der Feuerwehr nach Ausbruch des Brandes kaum gerechnet werden kann. Es müssen beherzte ältere Männer ausgesucht und als Brandwachen, die unter der Oberaufsicht eines Brandwartes stehen, eingeteilt werden. Ihre Aufgabe besteht darin:

a) Sorge dafür zu tragen, dass die Tiere von ihren Befestigungen gelöst und ins Freie gebracht werden,
und dass Sperrvorrichtungen oder andere Maßnahmen das Zurücklaufen in den brennenden Stall verhindern,

b) die Ablöschung des Brandes unverzüglich in die Wege zu leiten und die benachbarten Gebäude zu sichern.

Eine genaue Anweisung und planmäßige Ausbildung werden verhüten, dass bei einem Brande die Brandhilfen, um die Tiere zu retten, kopflos nach derselben Stallabteilung laufen und daher leicht Tiere in den anderen Stallungen vergessen. An Feuerlöschmitteln müssen überall vorhanden sein: Handfeuerlöscher, Kästen mit trockenem Sand, Schaufeln, Eimer mit Wasser. Zur Ausrüstung der Feuerlöschkräfte gehören: Feuerlöschgeräte, Schaufeln, Picken, Brechstangen, Seile, Beile, Äxte und Gasschutzgerät. Zwei oder drei Leute müssen außerdem in der ersten Hilfe ausgebildet sein. Ihnen fällt auch die Aufgabe zu, den Abtransport verletzter oder vergifteter Tiere in die Wege zu leiten.

3. Kampfstoffbomben.

Stallungen lassen sich mit billigen, überall vorhandenen Mitteln gassicher herrichten. Risse und Löcher in den Türen sind mit Kitt auszustreichen. Ein billiges und sicheres Dichtungsmittel ist das Bestreichen der Türen mit guten Tischlerleim und das feste Aufkleben von starkem Papier. Die Türen selbst müssen einen guten Abschluss bewirken. Alle undichten Stellen des Stalles, z. B. in der Nähe der Rohrleitungen, an Luftschächten u. dgl. Sind zu verstopfen, die Lüftungsanlagen gut zu verschließen und mit geeignetem Material (feuchtem Heu, feuchter Holzwolle) möglichst undurchlässig zu machen. Das Abdichten der Fensteröffnungen richtet sich nach der Lage der Fenster und hat in ähnlicher Weise wie gegen Luftdruck und Splitter zu erfolgen.

Es ist nicht notwendig, den Stalleingang zu einer Gasschleuse auszugestalten, damit beim Öffnen der Türen kein oder wenig Gas in die Stallungen dringt. Der Einbau eines Raumfilters – Zufuhr von Frischluft durch Reinigung der Außenluft von Giftstoffen – erübrigt sich, da die Belegung der Ställe im Gegensatz zu den Sammelschutzräumen für Menschen nicht höher als gewöhnlich sein dürfte, so dass das Auftreten von Atembeschwerden infolge Kohlensäureanhäufung und Wärmestauungen durch Wasserdampfanreicherung bei einem Aufenthalt von 2 bis 3 Stunden nicht zu befürchten ist. Es bleibt weiter zu beachten, dass in den abgedichteten Stallungen sich ein gewisser Selbstschutz gegen saure Kampfstoffe dadurch einstellt, dass sich aus dem faulenden Harn reichlich Ammoniak entwickelt, wodurch Chlor, Phosgen u. dgl. – allerdings nicht Gelbkreuz – teilweise unschädlich gemacht werden.

Entgiften der Tiere, des Geschirres, der Stallungen usw.

Dieses kann entweder durch Abriegeln mit entsprechenden Lösungen, am Kopfe beginnend, oder durch Tauchbäder nach Art der Zeckenbäder erfolgen. Das letzte Verfahren ist, da es sich wohl stets um eine größere Anzahl zu entgiftender Tiere handeln wird, ohne Zweifel die empfohlene Methode. Als Badeflüssigkeit der Tauchbäder kommen, Losatin-, Chloramin- und Sodalösungen in Betracht. Die großen Vorteile einer solchen Gesamtentgiftung bestehen darin, dass beim Schwimmen alle Hautabschnitte längere Zeit mit der Entgiftungsflüssigkeit in Berührung bleiben. Die Gefahr, dass beim Baden zahlreicher Tiere die später folgenden von nicht zersetzen und der Badeflüssigkeit beigemischten Gelbkreuzteilchen der zuerst gebadeten gegebenenfalls geschädigt werden könnten, wird dadurch vermieden, dass zwischen dem Baden der einzelnen Tiere kleine Pausen eingeschaltet werden. Nach dem Bade wird man die Tiere noch mit lauwarmen Wasser vorsichtig abriegeln und dann je nach den Witterungsverhältnissen längere Zeit im Freien zum Abtrocknen stehen lassen. Die entgifteten Tiere sind streng von den noch nicht entgifteten zu trennen.

Beim Entgiften des Geschirres und Zaumzeuges, der Sättel, Decken, Woilache, Geräte aller Art ist besonders die Sickerwirkung des Gelbkreuzes zu beachten und daher peinlichste Sorgfalt anzuwenden. Alle Maßnahmen sind im Freien auszuführen. Hierbei ist die Windrichtung zu beachten, außerdem sind Gasmasken und Gashandschuhe, wenn möglich Gasanzüge zu tragen, im Notfalle Zangen zu benutzen. Mindestens sind die Hände wiederholt mit Chlorkalk oder wirksamen Chlorpräparaten einzureiben und nach Beendigung der Arbeit gründlich mit Wasser und Seife zu reinigen.

Das Hauptentgiftungsmittel ist frischer, technischer Chlorkalk oder gleichwertige Chlorpräparate (Losantin). Die beim Abtupfen vergifteter Gegenstände benutzen Lappen sind zu vergraben oder in Chlorkalklösung zu entgiften oder unter Vorsichtsmaßnahmen zu verbrennen.

Notbehelf: Wiederholtes Eintauchen, Waschen und vorsichtiges Bürsten der betreffenden Gegenstände mit heißem, nicht kochendem Wasser (Vorsicht, aufsteigende Gelbkreuzdämpfe sind giftig!). Das abfließende Wasser wird dadurch entgiftet, dass man den Entgiftungsplatz mit Chlorkalk dick bestreut.

Wesentlich wirksamer ist das Einlegen der Gegenstände – mit Ausnahme der Sättel und des Geschirres – für 2 Stunden in beiße, 2prozentige Sodalösung, die bei starker Vergiftung zwei- bis dreimal gewechselt werden muss. Die ersten abgegossenen Lösungen können noch kampfstoffhaltig sein. Kleinere Gegenstände werden in Bottichen, Wannen und Eimern entgiftet, größere möglichst auf gepflastertem Hof. Decken, Woilache oder sonstige Stoffe sind während der Entgiftung wiederholt mit Stöcken durchzuwalken. Bei Wollsachen dürfen die Sodalösungen keine höheren Temperaturen als 50 Grad C haben, da sonst eine Verfilzung eintritt. Zu beachten ist, dass sich flüssiges Gelbkreuz als Bodensatz abscheiden kann. Für die Entgiftung von Stoffen u. a. ist auch strömender Wasserdampf (Dampfentgiftungswagen) sehr geeignet.

Sättel oder Geschirre werden mit warmen Seifen- oder Sodalösungen vorsichtig gewaschen und gebürstet, Gegenstände aus Holz abgespritzt und dann mit einem wässrigen Chlorkalkbrei für etwa 24 Stunden belegt, landwirtschaftliche Maschinen und Geräte ebenfalls mit Wasser gründlich behandelt, die Metallteile mit starker Chlorkalklösung bepinselt, danach abgespült und eingefettet. Bei Geräten aus Eisen können erfahrene Entgifter auch mit Brennspiritus oder Petroleum arbeiten; hierbei wird jedoch der Kampfstoff nicht vernichtet! Alle entgifteten Gegenstände sind stets mit Wasser nachzuspülen, an einem windigen, sonnigen Orte aufzuhängend oder aufzustellen und nach erfolgter Trocknung frühestens nach drei Stunden zu benutzen.
Lederteile sind nach beendeter Entgiftung stets einzufetten.

Zur Verhütung des Einschleppens von Gelbkreuz wird der Boden vor den Stallungen und Räumen mit Chlorkalk – etwa 0,5 kg auf 1 m2 Bodenfläche – bestreut. Vor Beginn des Entgiftens sind sämtliche Tiere sowie die Stallgeräte und Einrichtungsgegenstände aus den Ställen zu entfernen. Sind die Ställe Gelbkreuz ausgesetzt gewesen, so sind die Tiere im Freien mit warmen Wasser gründlich abzuspülen. Die Tiere dürfen nicht vor Ablauf von 3 Stunden in den Stall zurückgebracht werden. Die Stallgeräte sind in ihrer Beschaffenheit entsprechend der Entgiftung zu unterziehen.

Bei dem Entgasen oder Entgiften muss unterschieden werden zwischen Luftkampfstoffen nach Art des Grün- oder Blaukreuzes oder Geländekampfstoffen nach Art des Gelbkreuzes. Bei Gelbkreuz ist das gründliche Entgiften aller unmittelbar von Gelbkreuz betroffenen Stellen notwendig.

Das Entgasen oder Entgiften der Ställe geschieht im einzelnen:

a) Bei Grünkreuz durch Erzeugen natürliches Zuges, Öffnen der Türen, der Fenster und Lüftungsanlagen sowie durch Abspritzen mit Wasser.

b) Bei Blaukreuz werden die gleichen Maßnahmen wie unter a) besonders sorgsam und lange ausgeführt und durch Ausstreuen von Chlorkalk oder Zerstäuben von Chlorkalklösungen unterstützt.

c) Bei Gelbkreuz beginnt man mit dem Abspritzen der Mauern, Türen und Fenster durch Wasser. Da das abfließende Wasser giftig ist und nur allmählich seine Giftigkeit verliert, muss es durch Chlorkalk entgiftet werden. Das auf den Dächern befindliche Gelbkreuz wird man der Verdunstung überlassen können. Bei der Unschädlichmachung des Gelbkreuzes in den Innenräumen muss die Entgiftung durch Verstäuben, Abspritzen, Abrieseln oder Tünchen der Decken, Wände, des Fußbodens mit Chlorkalk-, Rohchloramin-, Soda-, Seifen- oder ähnlichen Lösungen gründlich unterstützt werden. Nach 2 – 3 Stunden kann die Vernichtung als beendet angesehen werden. Zum Schluss erfolgt ein Nachspülen mit viel Wasser sowie ein anhaltendes Durchlüften.

B. Schutz und Entgiftung der Verpflegungsmittel.

Durch den Genuss kampfstoffhaltiger Lebens- und Futtermittel oder Wasser können nicht nur akute und chronische Magen- und Darmerkrankungen, sondern unter Umständen auch tödliche Allgemeinerkrankungen ausgelöst werden. Die Frühsymptome der Vergiftung sind bei Tieren Appetitlosigkeit, Unruhe, Erbrechen, Speichelfluss und schmerzhafte Durchfälle. Für den Grad der Vergiftung ist in erster Linie die chemische Natur, dann die Menge und Zersetztlichkeit des aufgenommenen Giftstoffes ausschlaggebend.

Bei der Frage der Einwirkung der chemischen Kampfstoffe auf Lebens- und Futtermittel ist zu unterscheiden zwischen

1. wasserreichen Lebens- und Futtermitteln wie Grünfutter aller Art, Rüben, Kartoffeln, Kohlarten, Salaten, Zwiebeln usw., frischem Fleisch, Wasser und Milch;

2. wasserarmen Lebens- und Futtermitteln wie Trockenfutter jeder Art, Mehl, Hülsenfrüchten, Dauerwaren, Käse, Fetten usw., und schließlich

3. Konserven (Fleisch, Gemüse, Früchte) oder in abgedichteten Holzkästen, Tonnen u. dgl. Verpackten Verpflegungsmitteln.

Kampfstoffvergiftete Lebens- und Futtermittel usw. stellen nun eine ganz verschiedene große Gefahr dar, die von der Kampfstoffgruppe, ihrer Konzentration und der Dauer der Einwirkung abhängig ist.

Mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten der Durchführung der Entgiftung in der Praxis und der sicheren Feststellung der Genussfähigkeit kommt den vorbeugenden Maßnahmen eine besondere Bedeutung zu. Schutz ist leichter als Entgiftung.

Ein guter Schutz der Verpflegungsmittel, die zweckmäßig in kleinen Einzelmengen getrennt gelagert werden, wird durch sorgfältiges Bedecken mit undurchlässigen Stoffen wie Dachpappe oder geteerter Leinewand oder Aufbewahren in geschlossenen, abgedichteten Räumen oder Behältern erreicht. Für kleinere Menge, z. B. von Hundekuchen, Futtermehlen und ähnlichen ist auch Ölpapier, insbesondere aber Zellglas, z. B. wetterfestes Zellophan, als Schutz – sei es in Form der Verpackung oder einfacher Umhüllung – geeignet.

Für den Transport und die Verwahrung des Getreides stellt eines der besten Mittel die Aufbewahrung in doppelten, engmaschigen, mit festem Papier ausgekleideten Säcken dar. Noch sicherer ist es, die Säcke innen mit vollkommen gelbkreuzundurchlässigen Stoffen auszukleiden. Hierbei ist jedoch zu beobachten, dass eine derartige Maßnahme für längere Zeit nicht möglich ist, weil Getreide, insbesondere in Form von Mehlen, mit der Zeit dumpf wird.

Naturgemäß dringen chemische Kampfstoffe bei loser Stapelung der Futtermittel tiefer ein als bei fester Packung, deshalb ist Heu und Stroh zu pressen, zu stapeln, mit einer Plane zu bedecken. Heu ist wesentlich empfindlicher als Stroh. Im Notfall sind die Stapel von allen Seiten mit einer 20 cm starken Strohschicht zu umgeben, diese ist nach Angriffen mit chemischen Kampfstoffen unschädlich zu beseitigen (Vorsicht, Schutz!). Jedenfalls verhindert man durch diese einfache Maßnahme die größten Gefahrenmomente nicht nur bei Pressheu und Pressstroh, sondern auch bei allen anderen Verpflegungsmitteln.

Bei den prophylaktischen Vorkehrungen müssen wir uns aber stets bewusst bleiben, dass ein vollkommener Schutz, insbesondere der Raufuttermittel, wegen ihrer räumlichen Ausdehnung und der großen Flächen, die sie bieten, sehr schwer durchzuführen ist. Wir werden daher möglicherweise ziemlich oft einer großen Menge von Verpflegungsmittel aller Art gegenüberstehen, die von Kampfstoffen vergiftet sind. Deshalb kommt den Entgiftungsmaßnahmen eine besondere Bedeutung zu.

Die wichtigsten und einfachsten Entgiftungsmittel sind Luft, Sonne und Wasser. Man hat sich deshalb zuerst die Frage vorzulegen, welche Kampfstoffe sich durch Lüften und Sonnen entfernen lassen. Dazu gehören von der Grünkreuzgruppe Phosgen und Perstoff, ferner einige Augenreizstoffe, jedoch nicht Chloracetophenon.

Es ist weiter die Frage aufzuwerfen, welche Kampfstoffe durch Wasser in unschädliche Stoffe zersetzbar sind. Hierher zählen in erster Linie Phosgen und Perstoff, während Gelbkreuz nur langsam zersetzt wird.

a) Futtermittel.

Man teilt die Futtermittel zweckmäßigerweise ein in

1.Grünfutter (Gras, Luzerne, Klee, auf dem Halm stehendes, unreifes Getreide usw),
2.Trockenfutter (Heu, Stroh, abgeerntetes Getreide und
3.Körnerfutter (Hafer, Gerste, Mais usw),

ferner Mehle, Kleiearten u. dgl.

Phosgen und Perstoff sind diejenigen chemischen Kampfstoffe, die durch Wasser, z. B. bei wasserreichen Futtermitteln, sehr bald Salzsäure abspalten. Nach kräftigem Lüften und Sonnen sind Verpflegungsmittel, die mit diesen Kampfstoffen in Berührung kamen, ohne weiteres genusstauglich. Die entstehende Salzsäure oder andere Zersetzungs- und Reaktionsprodukte bergen keine Gefahr für die Gesundheit der Tiere in sich. Ist die Einwirkung der Stoffe dagegen so heftig gewesen, dass Gräser, Futtergewächse, Salate, Kohlarten usw. ihre grüne Farbe verloren haben, die Triebe und peripheren Teile gebräunt oder abgestorben und die Pflanzen welk geworden sind, so haben die betroffenen Futtermittel selbstverständlich ihren Wert als Nahrungsmittel eingebüßt.

Trockenfutter wird gründlich ausgelüftet und durchgeschüttelt. Bei offen gelagerten Futtermitteln wie Gerste, Hafer usw. wird in der gleichen Weise verfahren.

Die Entfernung des Chloracetophenon und Chlorpiktrins aus wasserarmen Futtermitteln geschieht durch intensives Lüften. Sehr wasserreiche Futtermittel werden jedoch ungenießbar, weniger wegen der Gefahr der Vergiftung als wegen des schlechten Geschmackes und der Reizwirkung auf die Schleimhäute. Bei Chlor und nitrosen Gasen liegen die Verhältnisse ähnlich.

Flüssiges Gelbkreuz haftet infolge seiner Sickerwirkung, seiner geringen Flüchtigkeit und seiner sehr langsamen Hydrolysierbarkeit allen Gegenständen und somit auch den Futtermitteln hartnäckig an und kann bei trocknem, kühlem Wetter lange Zeit wirksam sein. Deshalb stellen gelbkreuzvergiftete Futtermittel eine große Vergiftungsgefahr dar.

Die Begriffe schwach und stark vergiftet sind grundlegend für die zu treffenden Maßnahmen. Unter schwacher Vergiftung ist das Vorhandensein vereinzelter Gelbkreuztröpfchen oder die Einwirkung von Gelbkreuzschwaden bei schwacher Anreicherung in der Luft zu verstehen. Von starker Vergiftung sprechen wir bei zahlreichen Gelbkreuztröpfchen oder nach Einwirkung von Gelbkreuzschwaden bei starker Anreicherung in der Luft.

Schwach gelbkreuzvergiftete Futtermittel wie Heu, Stroh, abgeerntetes Getreide sind in dünner Schicht am Boden auszubreiten und unter wiederholtem Wenden mindestens einen Tag zu sonnen und durchzulüften. Nach Möglichkeit soll die Temperatur nicht unter 20 Grad liegen. Der Fortschritt der Entgiftung ist durch Geruch zu prüfen, doch bleibt zu beachten, dass die Gefahr einer Gesundsheitsbeschädigung auch dann gegeben ist, wenn kein Geruch mehr bemerkbar ist. Daher sind nach dem Verschwinden des Geruches vor der Ausgabe kleine Mengen vermischt mit einwandfreiem Futter versuchsweise zu verfüttern. Diese Versuchsfütterung an einem geeignetem Tier (Pferd, Rind, Schaf, Ziege) ist in jedem einzelnen Falle vorzunehmen. Mäuse und Ratten sind wegen ihrer geringen Empfindlichkeit hierfür nicht geeignet.

Schwach gelbkreuzhaltige Getreidearten wie Hafer, Gerste, Mais und Hülsenfrüchte sind in kleinen Mengen mindestens eine Stunde zu kochen (Dämpfe sind giftig). Für mehrmaliges Abgießen und Entgiften des Siedewassers ist Sorge zu tragen.

Bei großen, in Magazinen offen gelagerten, nur oberflächlich schwach vergifteten Getreidemengen muss eine Schicht in mindestens 10 cm Stärke von der Ober- und Seitenfläche abgehoben und vernichtet werden. Probefütterung!

Schwach gelbkreuzvergiftete Kleie- und Mehlarten dürfen nach Entfernen der obersten Schicht und Kochen von mindestens einer Stunde (Dämpfe sind giftig!) verfüttert werden.

Sehr wasserreiche Verpflegungsmittel wie Grünfutter, Kohlarten, Futterrüben, Salate müssen, auch wenn sie nur schwach vergiftet sind, vom Genuss ausgeschlossen werden, ebenso Äpfel, Gurken u. a. m.

Durch schwach gelbkreuzvergiftete Kartoffeln entstehen nach einstündigen Kochen und Entfernen der Schale bei der Verfütterung an Tiere keine nachteiligen Folgen.

Bei starker Vergiftung durch Gelbkreuz sind die Futtermittel grundsätzlich zu verwerfen.

Handelt es sich um die Gelbkreuzvergiftung von großen Proviantlagern, so bietet zunächst gewisse Anhaltspunkte für die zu treffenden Maßnahmen die wohl immer mögliche Feststellung, ob die Vergiftung vom Flugzeug aus durch Abregnen, durch Bombenabwurf oder durch Artilleriebeschuss erfolgt ist. Die erste Anordnung nach festgestellter, wirksamer Vergiftung muss darin bestehen, dass die Ausgabe für mehrere Tage gesperrt wird. Die Kernzone der Vergiftung, der Grad und Umfang derselben ist unter größter Vorsicht und dem üblichen Schutz für den Menschen festzustellen. Hierauf sondert man aus:
1. die vergifteten, 2. die vergiftungsverdächtigen und 3. die sicher unverdächtigen Verpflegungsmittel. Nachdem die entsprechenden Entgiftungsmaßnahmen durchgeführt sind, hat vor der Ausgabe in allen Fällen eine Probefütterung stattzufinden.

Sind Futtermittel der Einwirkung der Schwebstoffe der Blaukreuzgruppe ausgesetzt gewesen, so besteht immer eine Vergiftungsgefahr, denn die Futtermittel bleiben auch nach Zersetzung der Stoffe arsenhaltig, sind aber nur in größeren Mengen und bei höherem As-Gehalt schädlich. Die Verabreichung kleinerer Futtermengen wird von den Tieren ohne nachweisbare Gesundheitsstörungen vertragen. So ruft z.B. Rauhfutter, das 30 Minuten einer Blaukreuzkonzentration von 35 bis 40 mg/cbm ausgesetzt wurde, bei Tieren keine Vergiftungserscheinungen hervor. Es ist in diesem Zusammenhange ausdrücklich zu bemerken, dass ein tieferes Eindringen von Schwebstoffen in dicht gelagerte Futtermittel nicht stattfindet. Durch Sedimentation setzen sich zwar geringe Mengen auf der obersten Schicht ab, die selbstverständlich nicht durch bloßes Lüften, sondern nur durch Abheben dieser obersten Schichten in mindestens 10 cm Höhe zu entfernen sind. Diese Schicht muss verbrannt werden.
Starke Vergiftung der Futtermittel durch arsenhaltige Kampfstoffe in fester oder flüssiger Form schließt jedoch ihre Verwendung zur Ernährung gänzlich aus.
Mit Lewisit vergiftete Futtermittel sind zu vernichten.
Gegen den Genuss der mit Nebelstoffen in den gewöhnlichen Konzentrationen in Berührung gekommenden Futtermittel bestehen keinerlei Bedenken.

b) Wasser.

Die Vergiftungen durch Trinkwasser, in das bestimmte Kampfstoffe gelangt sind, bilden dann eine besondere Gefahr, wenn wir gezwungen sind, zum Tränken der Tiere auf kleine, stehende Gewässer wie Teiche, Granattrichter, offene Wasserbehälter, an der Oberfläche befindliche Brunnen usw. zurückzugreifen. Ein Schutz des Wassers ist naturgemäß unmöglich. Nur kleine Mengen kann man in geschlossenen Behältern oder gedeckten Bassins halten.

Eine allgemeine Vergiftungsgefahr besteht stets durch flüssige und feste Kampfstoffe vom Gelb- und Blaukreuztyp, besonders bei stehenden Gewässern.

Bei Flüssen und Bächen ist die natürliche Verdünnung so groß, dass eine Gefährdung von nennenswerter Dauer nicht zu erwarten ist. Das Tränken aus fließendem Wasser birgt kaum Gefahren in sich. Ist das Tränken aus stehenden Gewässern nicht zu umgehen, so darf man die Tiere nicht in das Wasser gehen lassen, weil sonst der Boden und etwa am Boden liegende Kampfstoffteilchen aufgerührt werden. Man schöpft das Wasser vorsichtig von der Oberfläche ab. Ob es dann sofort zum Tränken oder Waschen geeignet ist, richtet sich nach der seit der Vergiftung des Wassers vermutlich verflossene Zeit, nach seinem Geruch und seiner Farbe, wobei aber zu berücksichtigen bleibt, dass diese Merkmale durchaus keine sicheren Kennzeichen seiner Verunreinigung durch Kampfstoffe sind. Deshalb möglichst Probetränkeversuch! Hunde und Katzen sind hierfür nicht geeignet, weil sie in der Regel erbrechen und deshalb die Ergebnisse stets wechselnd und unsicher sind.

Phosgen und Perstoff werden vom Wasser schnell in Salzsäure und Kohlensäure zerlegt. Eine Vergiftungsgefahr besteht also nicht. Chlorpikrin wird durch Wasser nicht zersetzt. Infolge des starken Augen- und Schleimhautreizes lehnen die Tiere die Aufnahme des Wassers ab, ebenso warnen andere in das Wasser gelangte Reizstoffe durch ihre Reizwirkung die Tiere vor dem Genuss.

Kommt Gelbkreuz mit Wasser in Berührung, so setzt sich der größte Teil des Gelbkreuzes ab, ein Teil löst sich, etwa 1 g pro Liter H2O. In dieser Lösung setzt sofort Hydrolyse ein, die bei 20 Grad nach etwa 2 Stunden praktisch beendet ist. Ausschlaggebend ist hier bei die Größe der Wasserbewegung und die Temperatur. Ein Teil des Giftstoffes befindet sich in manchen Fällen als Gelbkreuzhaut an der Wasseroberfläche.

Enthält das ohne stärkeres Aufrühren aus gelbkreuzvergifteten Gräben oder Teichen geschöpfte Wasser weder Tröpfchen noch Gelbkreuzhaut – Farbe und Geruch prüfen – , so können nach einer Stunde 2/3 des Inhaltes der Gefäße in ein anderes Gefäß abgegossen und das abgegossene Wasser zum waschen, nötigenfalls auch zum Tränken der Tiere verwendet werden. Das letzte Drittel, also der unterste Satz, wird weggeschüttet. Besteht jedoch der Verdacht, dass das abgeschöpfte Wasser noch kleine Mengen Gelbkreuz enthält – kleine Ölkugeln am Boden, Ölhaut -, so muss es im Freien oder mindestens bei ungehinderten Abzug der Dämpfe (Dämpfe sind giftig!) abgekocht oder durch aktive Kohle (Gasmaskenkohle) filtriert und eine Stunde stehen gelassen werden. Natürlich kann man Wasser, das nicht zu Tränkzwecken verwendet werden soll, auch durch chemische Mittel entgiften, und zwar entweder durch unterchlorige Säure (Eau de Javelle) oder durch Chloramin. Auf 1 Liter H2O kommen z.B. 6 bis 8 ccm unterchlorige Säure. Das Wasser riecht zwar etwas nach Knoblauch, ist aber nicht mehr gefährlich.

Da stets neben der Vergiftung des Wassers durch Gelbkreuz noch die Gefahr einer solchen durch Blaukreuz besteht, darf das Wasser auch nach dem Abkochen nur in kleinen Mengen versuchsweise gereicht werden, weil unter praktischen Verhältnissen niemals der Grad der Anreicherung der Arsine im Wasser zu erkennen ist. Beim Waschen, Baden, Wäschewaschen usw. können unangenehme, aber meistens schnell vorübergehende Reizzustände der empfindlichen Hautteile und der Augen auftreten.

c) Fleisch, Fleischwaren, Milch, Eier, Konserven.

Fleisch und Fleischwaren schützt man gegen Kampfstoffe wie Futtermittel.

Die Schlachtung von Tieren, deren Haut mit Gelbkreuz behaftet ist, sollte nur von geschultem Personal, das Gummischürzen oder Schürzen aus anderem gelbkreuzsicheren Stoff und Gashandschuhe trägt, vorgenommen werden. Vor der Schlachtung ist die Haut der Tiere mit hochprozentigen Kaliumpermanganatlösungen, Soda- oder Seifenlösungen gründlich zu entgiften. Beim Abziehen der Haut ist die Berührung der Fleischoberfläche mit den Gashandschuhen soweit als möglich einzuschränken. Die Benutzung von Chlorkalk zum Schutz der Hände ist nicht zulässig, da das Fleisch den Chlorgeruch annimmt. Vor dem Ausweiden und Zerlegen der Tiere sind die Hände gründlich mit grüner oder flüssiger Seife zu waschen.

Die frisch abgezogene Haut ist mit Rücksicht auf die lange Haltbarkeit des Lostes in der Haut in unzersetztem Zustande möglichst bald einem nochmaligen Entgiftungsprozess durch Einlegen in Chlorkalklösung zu unterziehen und darf erst dann in den Verkehr gebracht oder an eine Gerberei abgegeben werden, wenn sie vollkommen an der Sonne getrocknet ist.

Die Untersuchung und Beurteilung des Fleisches kampfstoffvergifteter, geschlachteter Tiere richtet sich nach den Grundsätzen der Fleischbeschau. Es ist jedoch in jedem Falle vor der Freigabe eine Koch- oder Bratprobe zu entnehmen.

Von allen gasvergifteten Tieren ist die Lunge und Luftröhre zu beseitigen. Als allgemeiner Grundsatz hat zu gelten, dass nach Angriffen mit chemischen Kampfstoffen Fleisch niemals roh genossen werden darf.

Was die Empfindlichkeit des Fleisches gegen chemische Kampfstoffe betrifft, so ist warmes Fleisch aller Art empfindlicher als das ausgekühlte. Gefrierfleisch ist zwar widerstandsfähiger, verdirbt aber nach dem Auftauen bekanntlich sehr rasch.

Die von Fleisch, Fleischwaren, Fetten, Käse aufgenommenen Phosgen-, Perstoff-, Blausäure-, Ammoniak-, Kohlenoxyd-, Leuchtgasmengen werden bei längerem Lüften wieder abgegeben.

Fleisch, Fleischwaren u. dgl., die schwach gelbkreuzvergiftet sind, können durch vorschriftsmäßiges Kochen – Fleischwasser abgießen – genießbar gemacht werden. Es braucht nicht besonders betont zu werden, dass das Fleisch durch den Kochprozess in seinem Nährwert stark herabgemindert wird, zumal die Fleischbrühe zu beseitigen ist. Das Kochen des vergifteten Fleisches ist außerdem praktisch nur für kleine Mengen geeignet. Handelt es sich um die Entgiftung ganzer Viertel und mehr, so bildet nach Abspülen oder Abtupfen der Fleischoberfläche mit Kaliumpermanganatlösung das vorsichtige Abtragen der obersten Fleischschicht mit großen Messern in einer Stärke von etwa 1 cm das sicherste Entgiftungsmittel.

Bei starker Vergiftung sind die genannten Lebensmittel zu verwerfen.

Das Verhalten des Gelbkreuzes in der Milch ist anders als im Wasser. Infolge ihres Fettgehaltes ist die Milch imstande, Gelbkreuz in beträchtlicher Menge in unzersetzem Zustande längere Zeit hindurch gelöst zu halten. Während zunächst das Gelbkreuz in der Milch, genau wie im Wasser, in dicken Tropfen zu Boden sinkt und dort unverändert liegen bleibt, falls es nicht aufgerührt wird, kann durch Schütteln bewirkt werden, dass ein Teil des Gelbkreuzes in der Milch in Lösung geht. Eine derartige Milch ist natürlich von starker Giftigkeit und für den Genuss völlig unbrauchbar. Es ist auch nicht möglich, eine so vergiftete Milch durch Kochen zu entgiften, da die Milch beim Kochen gerinnt.

Durch flüssiges Gelbkreuz vergiftete Eier lassen sich durch einstündiges Einlegen in wässrigen Chlorkalk- oder Losantinbrei entgiften. In den Schalen und Häuten der Eier lässt sich weder durch chemische Analyse noch durch den Tierversuch Gelbkreuz ermitteln.

Lebensmittel in unbesschädigten Ölpapier- oder Zellophanpackungen, in unversehrten Blechbüchsen oder Flaschen, die mit Gelbkreuz benetzt sind, bleiben genießbar. Selbstverständlich sind das Verpackungsmaterial, die Blechbüchsen usw. je nach ihrer Beschaffenheit mit Kaliumpermanganat- oder Chlorkalklösungen abzuwaschen, mit Wasser nachzuspülen und zu trocknen.

Fleisch und Fleischwaren, die den Schwebstoffen aus der Blaukreuzgruppe ausgesetzt waren, können nur durch Abtragen der obersten Fleischschicht genießbar gemacht werden, weil das wirksame Arsen durch Kochen nicht zerstört wird.

Mit Lewisit in Berührung gekommene Lebensmittel tierischer Herkunft sind ungenießbar.

Allgemein finden Entgiftungsmaßnahmen nur bei größeren Mengen schwach vergifteter Verpflegungsmittel statt. Kleine Mengen sind stets zu verwerfen.

Wenn man die vorstehenden Ausführungen überblickt, so erkennt man, dass die Durchführung der Entgiftungsmaßnahmen in der Praxis auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen kann, und zwar deshalb, weil die Entscheidung, mit welcher Kampfstoffart und in welchem Grade die Vergiftung stattgefunden hat, oft unmöglich sein wird. Es ist deshalb besondere Vorsicht geboten und zweckmäßiger, eine Maßnahme mehr vorzunehmen als eine zu wenig. Das Bestreben muss aber stets dahin gehen, alle schwach vergifteten Futtermittel, Fleisch usw. durch eine entsprechende Behandlung nach Möglichkeit genussfähig zu machen, weil in Kriegszeiten die zur Ernährung der Menschen und Tiere erforderlichen Nährstoffe besonders wertvoll sind.