Luftschutzfragen der Reichsbahn.

Für den Luftschutz der Eisenbahnen gelten grundsätzlich dieselben Gesichtspunkte, die auch bei anderen großen Verwaltungen und Betrieben im allgemeinen für den Luftschutz bestimmend sind. Beim Luftschutz im Reichsgebiet steht überall im Vordergrund die Forderung nach Aufrechterhaltung des geordneten Betriebs- und Produktionsvorganges, um Volk und Staat soweit wie möglich vor Störungen und Erschütterungen zu bewahren. Für die Eisenbahnen trifft diese Notwendigkeit in besonders starkem Maße zu; angesichts der vielseitigen und bedeutsamen Aufgaben, die den Bahnen in einem Kriege zufallen, müssen Betrieb und Verkehr aufrechterhalten werden, solange es die Umstände im Hinblick auf die augenblickliche Lage irgendwie gestatten. Zur Erfüllung dieser Forderung sind im wesentlichen zwei Vorbedingungen zu schaffen: Der Schutz der eigenen betriebs- und lebenswichtigen Anlagen und Einrichtungen und der Schutz des für die Abwicklung des Betriebs- und Verkehrsapparates notwendigen Personals.

Die Aufgaben, die der Deutschen Reichsbahn und einer Reihe von privaten Eisenbahnen in einem künftigen Kriege zufallen, sind mannigfaltig und einer großen Zahl von Volksgenossen noch hinlänglich aus dem Weltkriege bekannt. Um nur einige wichtige Aufgaben zu erwähnen, sei auf die Notwendigkeit zur Beförderung von Menschen und Gütern als Folge der Umstellung des gesamten Wirtschaftslebens im Reiche verwiesen. Ferner auf die Durchführung der Transporte der Wehrmacht und die Bewältigung des kriegswirtschaftlich wichtigen und des lebensnotwendigen Verkehrs.

Andererseits bringen der schienengebundene und fahrplanmäßig bearbeitete Betrieb und die leichte Verwundbarkeit der Gleisanlagen ein hohes Maß der Luftgefährdung mit sich. Darüber hinaus müssen große Bahnhöfe, wichtige Knotenpunkte, Fluss- und Strombrücken, Engpässe und ähnliche Anlagen, die im Zuge der wichtigen Transportstraßen liegen, als überaus luftempfindlich bezeichnet werden.

Die Kriegserfahrung lehrt, dass sich die Fliegerei außer nach Fluss- und Stromläufen mit Vorliebe nach Eisenbahnlinien und Eisenbahnknotenpunkten orientiert, so dass auch den Gesichtspunkten der Tarnung und Verdunkelung der Bahnanlagen mit Rücksicht auf das Gesamtwohl von Staat und Volk besondere Bedeutung zukommt.

Im Weltkriege beschränkten sich die Fliegerangriffe im allgemeinen auf Bahnanlagen an der Front und im Etappengebiet. Die angerichteten Schäden verursachten daher nur Betriebstörungen von örtlicher Bedeutung und geringer Dauer. In einem künftigen Kriege, in dem außer der Kampffront das gesamte Heimatgebiet und mit ihm verkehrliche und betriebliche Schwerpunkte des gesamten Eisenbahnnetzes angegriffen werden können, wird die Unterbindung des Eisenbahnbetriebes durch zerstörte Bahnkörper oder Gleisanlagen unter Umständen schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.

Wegen der vielseitigen Anforderungen, die Wehrmacht, Kriegswirtschaft und Allgemeinheit an die Eisenbahn stellen, und wegen der rein äußerlichen Gestaltung ihrer Anlagen führt die Reichsbahn die für ihren Geschäftsbereich in Betracht kommenden Luftschutzmaßnahmen selbst durch. Hierbei gelten naturgemäß auch für sie die allgemeinen Richtlinien des Reichsministers der Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe. Ein Netz von nahezu 54.000 km Streckenlänge ist über alle deutschen Gaue gespannt, über 600.000 Arbeiter und Beamte sorgen für eine geordnete Abwicklung von Betrieb und Verkehr auf diesem Netz. Die verschiedenartigsten Anlagen und Einrichtungen bilden hierfür die technische Grundlage. Nur die wichtigsten seien genannt: Bahnhöfe für Personen- und Güterverkehr, Rangier- und Abstellanlagen, Güterschuppen, Ladestraßen, Lokomotiv- und Wagenbehandlungsanlagen, Ausbesserungswerke für die Überholung der Fahrzeuge, Kraftwerke, Oberbaustofflager und Schwellentränkanstalten, Werkstätten für Sicherungs-, Telegraphen- und Fernsprechanlagen, Gaswerke, Wasserstationen usw.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Beschädigung einer oder eines Teils dieser Anlagen in vielen Fällen noch auf große Entfernungen nachteilige Wirkungen auf den Zugverkehr zur Folge haben wird. Da nun bei drohender Luftgefahr die augenblickliche Betriebs- und Zuglage nur von der zuständigen Reichsbahndienststelle überblick werden kann, muss diese in der Lage sein, sich ein Bild über die Luftlage zu machen; sie muss bei akuter Gefahr die Alarmierung des Bahngebietes nach eigenen Ermessen und nach der im Augenblick erforderlichen Dringlichkeit vornehmen können. Dabei sind die Warnmeldungen bei der Reichsbahn nach anderen Gesichtspunkten als bei einer Luftschutzwarnzentrale abzusetzen. Insbesondere sind mit diesen Meldungen größere Bezirke mit mehr oder weniger langen Streckenabschnitten zu versehen. Diese Überlegungen führten dazu, bei der Reichsbahn einen eigenen Melde- und Warndienst einzurichten, der sich auf die Beobachtungen des Flugmeldedienstes stützt, der aber bei den nach geordneten Reichsbahnstellen alle erforderlichen Maßnahmen unter eigener Verantwortung selbst auslöst.

Die Rücksicht auf die betrieblichen Höchstleistungen unter den Erschwernissen häufiger Luftbedrohung verlangt ferner eine gesonderte Behandlung des betrieblichen Teiles der Bahnanlagen auf dem Gebiete der Alarmierung und Entwarnung. Solange in einem Bahnhof noch wichtige Züge abzufertigen oder durchzubringen sind, oder solange noch Rangierarbeiten ausgeführt werden müssen, die keinen Aufschub vertragen, wird das Personal auf Bahnbetriebsgebiet so spät wie möglich alarmiert und so zeitig wie möglich wieder entwarnt werden müssen. Alle übrigen Bediensteten, die nicht unmittelbar für die Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig sind, werden gleichzeitig mit der Bevölkerung des zugehörigen Luftschutzortes von einem drohenden Luftangriff in Kenntnis gesetzt und, sobald es die allgemeine Lage erlaubt, wieder entwarnt. Die im Dienst befindlichen Eisenbahner werden also – je nach ihrer augenblicklichen Beschäftigung – verschiedenartig alarmiert und entwarnt.

Damit durch die verschiedenen Warnzeiten beim Personal keine Missverständnisse entstehen können, wird der Alarm auf Bahnbetriebsgebiet still oder, soweit geschlossene Gebäude in Frage kommen, mit Kleinsirenen gegeben, die die üblichen Zeichen für Fliegeralarm und Entwarnung ertönen lassen, im Freigelände jedoch nicht mehr wahrnehmbar sind.

So kommt es, dass die Deutsche Reichsbahn die für sie in Betracht kommenden Luftschutzmaßnahmen in ihrem Geschäftsbereich nach den Weisungen des Reichsverkehrsministeriums, und auf Grund der Richtlinien des Reichsministers der Luftfahrt und Ob. d. L. durchführt.

Die Vielseitigkeit des Eisenbahnbetriebes mit seinen eingangs erwähnten zahlreichen Anlagen bringt es mit sich, dass dem Eisenbahnluftschutz nicht nur Aufgaben des Selbstschutzes, sondern auch solche nach Art des Sicherheits- und Hilfedienstes und des Werkluftschutzes zufallen. Im folgenden soll zunächst ein kurzer Überblick über die Organisation dieser einzelnen Teile des Eisenbahnluftschutzes gegeben werden.

In einem künftigen Kriege wird stets mit der Möglichkeit der Beschädigung von Bahnanlagen durch Luftangriffe gerechnet werden müssen. Fast immer wird die rasche Wiederherstellung der zerstörten oder beschädigten Anlagen notwendig werden. Nun hat die Reichsbahn schon im Frieden mit Betriebsstörungen durch Unwetter und Unfälle ständig zu rechnen, wenn diese Ereignisse auch in größeren Ausmaß erfreulicher Weise nur zu den Seltenheiten zählen. Aber ein ständig einsatzbereiter Unfalldienst mit geschulten Kräften ist vorhanden und besitzt besondere Erfahrungen im Aufräumungs- und Aufgleisungsdienst, im Bergen und in der fachgemäßen Behandlung von Unfallverletzen. Es galt also, diese heute schon vorhandene Organisation des Unfalldienstes auf die Belange des Eisenbahnluftschutzes hin zu ergänzen. Zu diesem Zweck wurde zusätzlich der Eisenbahnluftschutzhilfsdienst geschaffen.

Die großen reichsbahneigenen Werke, die mit der Abwicklung des eigentlichen Bahnbetriebes nicht unmittelbar befasst sind – Reichsbahnausbesserungswerke, Bahnkraftwerke für die Stromversorgung elektrischer Strecken usw. -, werden im allgemeinen nach den Bestimmungen für den Werkluftschutz behandelt. Die Belegschaft wird in Abwehrgruppen eingeteilt, von denen die erste mit der Wahrnehmung des Wach- und Ordnungsdienstes und mit der Bekämpfung der aus Luftangriffen hervorgerufenen Schäden beauftragt wird. Die starke Belegung der Werke gestattet eine wesentlich weiter gehendere Heranziehung von Kräften zur Schadensbekämpfung, als dies beim Eisenbahnluftschutzhilfsdienst auf Bahnbetriebsgebiet der Fall ist. So können in den Reichsbahnausbesserungswerken besondere Trupps für die Werkfeuerwehr, für den Gasspür- und Entgiftungsdienst, für den Sanitätsdienst und den Wiederherstellungsdienst angesetzt werden.

Organisation und Durchführung des Luftschutzes obliegen auch hier der Reichsbahn, da die Werke als Teile der Gesamtheit personell und finanziell nicht gesondert behandelt werden können. Auch können ihnen in unregelmäßigen Zeiten gewisse Aufgaben zur Unterstützung des Eisenbahnbetriebes zufallen.

Der Selbstschutz im Eisenbahnschutz wird für alle reichsbahneigenen baulichen Anlagen, für Werk- und Dienstgebäude aufgestellt. Vielfach befinden sich in den Dienstgebäuden auch noch Dienst- oder Mietwohnungen, so dass es gleichzeitig Leben und Privateigentum der Eisenbahnerfamilien zu schützen gilt. Für alle Gebäude werden die notwendigen Selbstschutzkräfte teils aus den Reihen der in ihren beschäftigten Bediensteten, teils aus der Zahl der Familienangehörigen erfasst und mit besonderer Sorgfalt für den Schutz der Gebäude als Luftschutzhauswarte und Hausfeuerwehrleute ausgebildet. Die Unterweisung liegt in den Händen der Gliederungen des Reichsluftschutzbundes.

Es bleiben nur noch die zahlreichen zum Reichsbahneigentum gehörigen Wohnhäuser außerhalb des eigentlichen Bahngebietes an öffentlichen Straßen, die Beamtenwohngebäude und Eisenbahnersiedlungen zu erwähnen. In ihnen wird der Selbstschutz, wie sich aus ihrer örtlichen Lage von selbst ergibt, im Rahmen des Luftschutzes des betreffenden Ortes durchgeführt.

Der Schutz der Bahnanlagen vor Angriffsschäden aus der Luft ist nicht nur ein gutes Recht der Eisenbahnen, sondern vielmehr eine ernste Pflicht. Wird diese Pflicht vernachlässigt, so werden nicht nur wertvolles Eigentum und Menschenleben kampflos preisgegeben, sondern es wird vor allem eine wichtige Maßnahme der Landesverteidigung außer acht gelassen.

Die planmäßige Untersuchung der Schutzmöglichkeiten wird ausschlaggebend von dem Grundsatz beeinflusst, einen möglichst vollkommenen Schutz von Personen, Anlagen und Beförderungsgut mit möglichst geringen Mitteln zu erreichen und so die Wirkung von Luftangriffen abzuschwächen. Dazu ist vor allem nötig, dass das Personal von allen Arten der möglichen Gefahren aus der Luft und von den Methoden ihrer Bekämpfung und Abwehr Kenntnis erhält. Dies wird erreicht durch einen ständigen fortlaufenden allgemeinen Luftschutzunterricht, an dem alle Eisenbahner teilnehmen müssen. In ihm werden alle Fragen des Luft- und Gasschutzes behandelt, die jeder einzelne in Zeiten der Luftbedrohung wissen muss; vor allem soll sich der Unterricht zum Ziel setzen, der Gefolgschaft die richtige Vorstellung von Ausmaß und Wirkung der aus der Luft drohenden Gefahren zu geben, damit diese weder über- noch unterschätz werden.

Weiter können vorsorglich Überlegungen angestellt werden, mit welchen Mitteln Betrieb und Verkehr aufrechterhalten werden können, um wichtige und luftempfindliche Anlagen durch Beschädigung oder Zerstörung für die Benutzung ausfallen. Wenn es die Verhältnisse zulassen, wird man schon bei Aufruf des Luftschutzes derartige Maßnahmen etwa in Form von Betriebsverlegungen ergreifen, um sich nicht unnötiger Gefahr an den luftbedrohten Brennpunkten auszusetzen. Es erübrigt sich, im einzelnen hier auf die Untersuchungen einzugehen; bei der Fülle der Möglichkeiten würden die Ausführungen weit über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen.

Eine der wirksamsten Luftschutzmaßnahmen ist der Schutz gegen Licht. Bei Tage ist er nur durch Tarnung zu erreichen, die jedoch für Bahnanlagen nicht anwendbar ist, weil die Schienenstränge der Eisenbahnlinien aus der Luft gut zu sehen sind und somit die Lage der Bahnhöfe verraten. Besonders beim Zusammenlaufen mehrere Strecken ist der Vereinigungspunkt immer ein willkommenes Orientierungsmerkmal für die Fliegerkräfte.

Bei dieser Sachlage kann sich die Tarnung von Bahnanlagen daher nur darauf beschränken, große zusammenhängende helle Flächen auf Bahngebiet, wie Schuppendendächer, Bahnsteige und dergleichen, zu vermeiden und auch den Anstrich der Fahrzeugdächer stumpf und dunkel zu halten. Obwohl die Dachflächen der Fahrzeuge aus verhältnismäßig geringer Flughöhe nur klein erscheinen, so fallen sie doch, sobald sie sich in Bewegung befinden, dem Luftbeobachter auf und geben damit wiederum Anhaltspunkte für die Orientierung.

Hat diese Tarnung von Bahnanlagen bei Tage nur bedingten Wert, so kommt ihr bei Nacht eine um so größere Bedeutung zu. Vor allem sind es bei Nacht die Verdunkelungsmaßnahmen, die dem Feinde in der Luft die Merkmale für die Ortung nehmen und den gezielten Bombenabwurf erschweren sollen. Die Eisenbahnen müssen daher mit allen Mitteln danach streben, eine wirkungsvolle Verdunkelung ihrer Bahnanlagen zu erreichen. Die Außenbeleuchtung muss nahezu völlig ausgeschaltet oder aber so stark abgeblendet werden, dass Lichtreflexe von oben nicht mehr wahrgenommen werden können. Die Beleuchtung im Inneren von Gebäuden und Werkstätten muss bis auf das für den Fortgang der Arbeiten unbedingt notwendige Maß beschränkt und mit den üblichen Mitteln soweit abgeschirmt werden, dass kein Lichtschein mehr nach außen fallen kann. Die Beleuchtung in den Zügen des Personenverkehrs muss auf ein Mindestmaß herabgesetzt werden. Damit die Sicherheit des Betriebes auf den verdunkelten Bahnanlagen nicht Schaden leidet, müssen alle für die Signalisierung von Zug- und Rangierfahrten notwendigen Lichter durch besondere Vorkehrungen derart abgeblendet werden, dass das Signalbild vom Erdboden oder von der Schiene aus einwandfrei erkannt werden kann, ohne dass von oben aus der Luft auch nur ein Lichtschein sichtbar wird.

Soll die Verdunkelung von Bahnanlagen vollkommen sein, so müssen auch Feuererscheinungen, wie sie beim Ausschlacken der Lokomotiven, beim Befeuern der Lokomotivkessel oder bei der Lichtbogenschweißung in Werkstätten auftreten, verhütet werden.

Wenn nun im folgenden Teil die baulichen Schutzmaßnahmen behandelt werden, so soll gleich vorab bemerkt werden, dass auf die technische Ausgestaltung der Schutzvorkehrungen für Personal und Bahnanlagen hier nicht näher eingegangen werden soll, weil sie in der Regel nach den Grundsätzen durchgeführt wird, die von den zuständigen Stellen des zivilen Luftschutzes als zweckmäßig erkannt und der Allgemeinheit zur Ausführung empfohlen worden sind.

Von den Schutzvorkehrungen verdienen die Maßnahmen zur Verhütung von Brandschäden besondere Beachtung. Alle Schäden, die durch den Abwurf von Brandbomben entstehen können, müssen durch entsprechende Gegenmaßnahmen verhindert oder wenigstens so gering wie möglich gehalten werden. Deshalb wird man versuchen, alle Bürogebäude, Werkstätten, Schuppen usw. so feuersicher wie möglich zu machen.

Durch Einziehen von Brandmauern, Tränkung oder Anstrich des Dachgebälkes mit feuerhemmenden Mitteln sowie durch Einbringen massiver oder wenigstens unbrennbarer Dachfußböden lässt sich ein gewisser Schutz erreichen. Auch das rechtzeitige Freimachen der Dachböden lässt sich ein gewisser Schutz erreichen. Auch das rechtzeitige Freimachen der Dachfußböden von altem Hausrat und Gerümpel ist eine wichtige Maßnahme des Brandschutzes. Vor allem aber gilt auch hier die vorerwähnte Feststellung in verstärktem Maße: Es ist wichtig und für eine wirksame Abwehr unerlässlich, dass das Personal von Art und Wirkungsweise der verschiedenen Brandbomben unterrichtet und für die Bekämpfung von Bränden praktisch geschult wird.

Größere Brände auf Eisenbahnbetriebsgebiet müssen vom Eisenbahnluftschutzhilfsdienst oder bei Dienststellen, auf denen keine Trupps aufgestellt werden, entweder von den – schon im Frieden vorhandenen – Bahnfeuerwehren oder vom Sicherheits- und Hilfsdienst des Luftschutzortes gelöscht werden. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass auf kleineren Stationen durch den Brand eines Bahndienstgebäudes größere Schadenfeuer im allgemeinen nicht entstehen werden. Auf großen und wichtigen Bahnhöfen aber werden in der Regel immer Eisenbahnluftschutztrupps zur Verfügung stehen.

Die Reichsbahnausbesserungswerke besitzen fast durchweg schon heute ihre eigenen gut ausgebildeten und ausgerüsteten Werkfeuerwehren, so dass zusätzliche Löschhilfe – von Ausnahmefällen abgesehen – nicht in Anspruch genommen zu werden braucht.

Über die Bedeutung der Eisenbahnen für das Wohl und Wehe von Volk und Staat in einem künftigen Kriege ist anfangs schon gesprochen, und die auf die Schiene zu bewältigen Aufgaben sind dabei bereits angedeutet worden. Damit ist die Notwendigkeit erwiesen für die an die Eisenbahn und ihr Personal zu stellende Forderung nach unbedingter Aufrechterhaltung von Betrieb und Verkehr bei jeder Luftlage. Andererseits sind damit aber auch die Bahnunternehmen verpflichtet, für den Schutz von Personal und lebenswichtigen Anlagen Vorsorge zu treffen. Die Bediensteten müssen deshalb Schutzvorkehrungen aufsuchen können, je nachdem ihnen dies ihre augenblickliche Fähigkeit erlaubt. In erster Linie müssen Einrichtungen für denjenigen Teil der Eisenbahner getroffen werden, der – wie die kämpfende Truppe an der Front – nicht in der Lage ist, seine augenblickliche Tätigkeit zu unterbrechen und zu seiner persönlichen Sicherheit die Sammelschutzräume aufzusuchen. Ebenso wie die Truppe nur die Deckung ausnutzen kann, die sich ihr am Platze gerade bietet, so können auch für diesen Teil der Gefolgschaft nur behelfsmäßige Vorkehrungen für den Splitterschutz neben den Arbeitsplätzen geschaffen werden. Solche Schutzeinrichtungen können Ecken oder Nischen aus Blendmauerwerk oder Stahl sein; für die Bediensteten im Freigelände, wie Rangierer, Hemmschuhleger, Kohlenlader, Wassergeber usw. kommen Behelfsunterstände, Erdlöcher oder auch gegen Splitter gedeckte Ecken an vorhandenen Anlagen in der Nähe ihrer Arbeitsorte in Betracht. Zum Schutze gegen chemische Kampfstoffe erhalten diese Leute Gasmasken.

Alle übrigen Eisenbahner, die im Augenblick der Gefahr im Dienst entbehrlich oder mit solchen Arbeiten beschäftigt sind, die einen Aufschub für kurze Zeit ertragen, werden in Sammelschutzräumen untergebracht, die in der Nähe ihrer Arbeitsplätze angeordnet und gegen Splitter, Gas und Einsturz gesichert sein müssen.

Die Schutzräume, in denen die Mannschaften der Eisenbahnluftschutztrupps zusammentreten sollen, müssen ebenfalls splitter-, gas- und einsturzsicher gebaut sein und sich in unmittelbarer Nähe der Arbeitsstelle dieser Männer befinden.

Lediglich eine kleine Gruppe von Bediensteten, die zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung auf dem Bahngebiet und zur Führung und Sicherung der Reisenden beweglich eingesetzt wird, muss ohne besonderen Schutz bleiben.

In Reichsbahnausbesserungswerken und ähnlich gearteten Reichsbahnbetrieben werden für den Schutz der Belegschaft dieselben Vorkehrungen geschaffen. Dabei ist fast immer eine starke Gefolgschaft innerhalb eines eng begrenzten Werkgeländes unterzubringen, so dass man zwangsläufig zu umfangreicheren Schutzraumbauten mit großen Fassungsvermögen kommt. Auch die Unterbringung der Abwehrkräfte erfordert einen weitaus größeren Schutzraumbedarf als für die auf Bahnbetriebsgebiet einzusetzenden Eisenbahnluftschutztrupps. Dagegen braucht der Behelfssplitterschutz in den Werken nur in sehr geringem Umfange angeordnet zu werden.

Es bleibt noch übrig, über den Schutz der Reisenden auf Bahnhöfen zu sprechen, die beim Aussteigen aus ankommenden Zügen oder auf dem Wege zu abfahrenden Zügen von einem Fliegeralarm überrascht werden. Bei der unbedingt bejahenden Einstellung der Reichsbahn zu allen Fragen und Notwendigkeiten des Luftschutzes war es selbstverständlich, dass auch dieses Problem auf die Möglichkeit der Durchführung in technischer und finanzieller Beziehung sorgfältig untersucht wurde. Hierbei treten naturgemäß erhebliche Schwierigkeiten auf. Daher ist eine sorgfältige Auswertung der bei den angestellten Untersuchungen gewonnenen Ergebnisse notwendig. In jedem Falle wird man aber besonders scharf darüber wachen müssen, dass jeder unnötige Publikumsverkehr in den Schalter- und Gepäckhallen unterbleibt. Es werden daher Einlass in die Schalterhallen nur solche Personen erhalten, die die Notwendigkeit des Betretens nachweisen können. Weiter wird man anstreben, wenn es die Raumordnung des Bahnhofsgebäudes zulässt, die Wartesäle in die Sperre einzubeziehen. Alle Eingänge und Tore zu den Schalter- und Abfertigungshallen bleiben für die Dauer des Fliegeralarms geschlossen. Vor allem aber werden die Reisenden dahin zu erziehen sein, dass sie den Anordnungen der Bahnbeamten, die sie in den Zügen und auf den Bahnhöfen betreuen, unbedingt Folge leisten.

Es braucht nicht besonders betont werden, dass die Durchführung von Luftschutzmaßnahmen den Eisenbahnen ganz außerordentliche finanzielle Lasten und Erschwernisse auferlegt. Das beabsichtigte Programm kann deshalb nur allmählich verwirklicht werden. Man wird also zuerst den Schutz der besonders wichtigen Punkte möglichst vollkommen einzurichten versuchen und die Ausrüstung der weniger wichtigen Objekte zurückstellen, bis die Geldmittel den Ausbau gestatten. Um aber auch auf diesen Stellen für den Fall der Überraschung gewappnet zu sein, muss man anstreben, durch behelfsmäßige Schutzbauten und Einrichtungen bis zum endgültigen Ausbau einen gewissen, wenn auch nur bedingten Schutz zu erreichen. Die Losung „Luftschutz tut not“ gilt in besonderem Maße von den Eisenbahnen, und nur diejenigen Bahnen werden die ihnen zugedachten Aufgaben meistern, die den Gefahren aus der Luft beizeiten durch einen starken und straffen Luftschutz Rechnung tragen.