Die Aufgaben der Reichsanstalt für Luftschutz

Die große Organisation des Sicherheits- und Hilfsdienstes und des Werkluftschutzes erfüllt im Rahmen des zivilen Luftschutzes nur dann voll ihre Aufgabe, wenn ihre Führer einheitlich geschult und fortlaufend über die neuesten Erkenntnisse auf dem Gebiete des Luftschutzes unterrichtet werden. Diese Schulungsaufgabe muss einer Anstalt übertragen sein, die auf das engste dem Reichsluftfahrtministerium angegliedert ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die vom Reichsminister der Luftfahrt aufgestellten Grundsätze der Organisation, Ausbildung, Führung und Ausrüstung des zivilen Luftschutzes rasch und sicher Gemeingut aller Führer des Sicherheits- und Hilfedienstes und des Werkluftschutzes werden.
Dieser Notwendigkeit verdankt die Reichsanstalt für Luftschutz ihre Entstehung. Sie ging am 1.4.1935 aus der früheren preußischen Luftschutz- und Luftpolizeischule hervor und wurde unmittelbar dem Reichsluftministerium unterstellt. In der ehemaligen Kaserne der Königin-Augusta-Garde-Grenadiere, Berlin SW 29, Friesenstraße 16, fand die Reichsanstalt für Luftschutz eine sehr schöne und zweckentsprechende Unterkunft.
Heute hat die Reichsanstalt für Luftschutz zwei große Aufgaben zu erfüllen, die sich, wie gezeigt werden soll, gegenseitig ergänzen, nämlich

a)Schulen des Führungspersonals des Sicherheits- und Hilfedienstes, des Werkluftschutzes und aller mit Luftschutzfragen befassten Persönlichkeiten in leitenden Stellungen und

b)Prüfung, Begutachtung und Weiterentwicklung der auf dem Gebiete des Luftschutzes geschaffenen technischen Einrichtungen und Erzeugnissen und Auswertung der gewonnenen Erkenntnisse für die Schulung.

Unter dem Kommandeur der Reichsanstalt werden diese Aufgaben in vier Abteilungen bearbeitet.

1. Die Schulabteilung.

Sie sorgt in erster Linien für Vorbereitung und Durchführung der vom Reichsluftfahrtministerium angeordneten Schulung. Die das ganze Jahr über laufenden Führer-, Einführungs- und Sonderlehrgänge erfassen einen außerordentlich großen Personenkreis, der sich etwa folgendermaßen ordnen lässt:

a) Behördliche Luftschutzlehrgänge.
Örtliche zivile Luftschutzleiter und leitende Polizeioffiziere,
zuständige Luftschutzsachbearbeiter der Luftkreiskommandos, Luftgaukommandos,
Landesregierungen und Regierungspräsidenten,
Leitende Ärzte und Veterinäre des Luftschutzsanitäts- und Veterinärdienstes,
Ärzte der Staatsmedizinischen Akademie,
mit Luftschutzfragen befasste SA-Führer,
Hochschullehrer der technischen Hochschule,
Oberschulräte, Reg.-Schulräte und Schulräte,
Bautechnische Beamte einschließlich Sachbearbeiter der Baupolizeibehörden,
Beratende Chemiker örtlichen Luftschutzleitungen und
Chemiker von Untersuchungsstellen,
Leitende Beamte der Stadtverwaltungen,
Luftschutzdezernenten der Wasserbaumittelbehörden und Luftschutzleiter der Wasserbauämter,
Führer der Städtischen Feuerwehren,
Führer der Technischen Nothilfe als Fachführer des Instandsetzungsdienstes;

b)Lehrgänge der Reichsgruppe Industrie.
Werkluftschutzleiter,
Leiter der Werkluftschutzvertrauensstellen,
Gasspürer und Entgifter,
Bautechnische Sachbearbeiter;

c) Gasschutzlehrgänge.
Ärzte der Polizei,
Gasschutzoffiziere der staatlichen- und Gemeindepolizeiverwaltungen,
Leiter und Lehrkräfte der Gas- und Luftschutzschulen der Technischen Nothilfe;

d) Technische Lehrgänge.
Maschinentechnisches Personal der Feuerwehr.

Insgesamt wurden beispielsweise im Schuljahr 1935/1936 rund 3.000 Persönlichkeiten unterrichtet. Durch die ständig verbesserte personelle und materielle Ausstattung der Anstalt wird es möglich sein, diese Zahl weiterhin zu erhöhen. Die Kurse von fünf- bis zehntägiger Dauer werden in hochschulmäßiger Weise durchgeführt. Die Lehrgangsteilnehmer sind während der Kurse in gut ausgestatteten Einzelzimmer der Anstalt untergebracht. In einer eigens hierfür geschaffenen Speiseanstalt wird für rasche und gute Verpflegung der Teilnehmer gesorgt, um die sehr knapp bemessenen Lehrgangszeiten möglichst gründlich für die Schulung ausnützen zu können. Die Durchführung des Schulbetriebes erfolgt unter Heranziehung der Fachkräfte der Reichsanstalt zur Vortragstätigkeit. Darüber hinaus hält sich eine erlesene Zahl von Vortragenden aus dem Kreise der Ministerien, Akademien und Hochschulen, Stadtverwaltungen, der Technischen Nothilfe, Reichsgruppe Industrie und anderer Stellen in dankenswerter Weise der Reichsanstalt zur Verfügung.

Die in den Lehrgängen behandelten Gebiete lassen sich etwa folgendermaßen zusammenfassen:

a)Allgemeine Vorträge.

Einführungsvorträge über die Gesamtorganisation des zivilen Luftschutzes, die militärische Flugabwehr und den Flugmelde- und Luftschutzwarndienst.

Das Luftschutzgesetz, Völkerrecht im Luftschutz und Versicherungswesen.

b) Vorträge aus den einzelnen Fachgebieten.

Organisation, Ausbildung, Führung und Ausrüstung des Sicherheits- und Hilfsdienstes, Werkluftschutzes und Selbstschutzes.
Anlage und Durchführung von Luftschutzübungen und Planspielen.

Organisation, Ausbildung, Ausrüstung und Einsatz des Feuerlöschwesens, Sanitätsdienstes, Veterinärdienstes, Instandsetzungsdienstes, Gasschutz- und Entgiftungsdienstes, Fernmelde- und Alarmwesen und der Fachtrupps im Luftschutz.

Maschinentechnische Vorträge auf dem Gebiete des Feuerlöschwesens.

Baufragen im Luftschutz, insbesondere Schutzraumbau, Städtebau- und Siedlungswesen, Industriebau, Tarnung und Verdunkelung.

Aufgaben der Gesundheitspolizei einer Großstadt im Luftschutz, Räumung von Krankenhäusern, Einrichtung von LS-Rettungsstellen.

Einwirkung von Atemgiften und chemischen Kampfstoffen auf den menschlichen Körper.

Pathologie und Therapie der Kampfstofferkrankungen.

Nachweis, Erkennen und Vernichten chemischer Kampfstoffe.

Die Vorträge finden durch Bildvorführungen der Bild- und filmtechnischen Abteilung eine starke Belebung.

Hinzu kommen Vorführungen auf folgenden Sondergebieten:

Praktische Vorführungen im Werkluftschutz.
Praktische Übungen mit tragbaren Kraftspritzen.
Vorführung von Brand- und Nebelsätzen, Ablöschen von Brandsätzen.
Praktische Arbeiten in kleinen Gruppen an den Prüfständen der Daimler-Benz AG.
Fehler und ihre Beseitigung (Marienfelde).
Praktische Fahrübungen mit Dieselfahrzeugen.
Vorführung der Geräte und Übungen eines Instandsetzungstrupps.
Praktische Vorführungen im Entgiftungsdienst.
Verpassen von Gasmasken.
Praktische Übungen mit Gasschutzgeräten im Gasraum und in der Kriechstrecke.
Praktisches Gasspüren, Reinigen von Gasschutzgeräten.
Praktische Übungen mit Sauerstoffgeräten, Transport- und Bewegungsübungen.

Ein gut ausgestatteter Kraftwagenpark ermöglicht es, zur Ergänzung der Vorträge Besichtigungen folgender auswärtiger Einrichtungen laufend durchzuführen:

Befehlsstellen des Sicherheits- und Hilfedienstes,
Musterschutzräume,
Luftschutzrettungsstellen,
Werkluftschutzmaßnahmen in Industriebetrieben,
Einheitslöschzüge und Sonderfragen der Feuerwehr,
Arbeiten des Instandsetzungsdienstes (Technische Nothilfe)
Luftschutzwarnzentralen,
Einrichtung eines Flughafens.

Die Reichsanstalt selbst verfügt über reichhaltige Modellsammlungen aus allen Gebieten des zivilen Luftschutzes.
Wenn bisher die Schulungsaufgabe, als die in die Augen springende Tätigkeit der Schulabteilung in den Vordergrund gestellt wurde, darf nicht vergessen werden, dass die Grundlage hierfür in eingehender wissenschaftlicher Arbeit geschaffen werden müssen.

Aufgabe der Schulabteilung ist es, alle im Laufe der Ausbildung, bei Luftschutzübungen und bei der Prüf- und Versuchsabteilung gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen für die Zwecke der Schulung auszuwerten. Engste Verbindung mit den Sachbearbeitern im Reichsluftfahrtministerium, mit der Prüf- und Versuchsabteilung und mit dem praktischen Luftschutzdienst ist hierzu unerlässlich. Durch häufige Teilnahme des Lehrpersonals an Luftschutzübungen muss dafür gesorgt werden, dass die Verbindung mit der Praxis nie abreißt und immer neue Anregungen gewonnen werden.

Die Schulabteilung bearbeitet ferner im Benehmen mit den Sachbearbeitern des Reichsluftfahrtministeriums Organisations-, Ausbildungs-, Führungs- und Verwendungsfragen im Rahmen des Sicherheits- und Hilfedienstes und wirkt bei der Vorschriftenbearbeitung mit.

2. Die Prüf- und Versuchsabteilung.

Sie ist dazu bestimmt, technische Fragen auf dem Gebiete des Luftschutzes zu bearbeiten, die im einzelnen nicht in den Bereich ministerieller Verwaltungstätigkeit gehören und daher vom Reichsluftfahrtministerium der Reichsanstalt für Luftschutz zugewiesen werden. Die Aufgaben der Prüf- und Versuchsabteilung liegen auf folgenden Fachgebieten: Gasschutz und Entgiftung, Brandschutz, Bauwesen, Fernmelde- und Alarmwesen, Sanitäts- und Veterinärwesen. Als weiteres Arbeitsgebiet wird das Luftschutzrechts –und Pressewesen angegliedert werden.

Die Abteilung ist mit der Prüfung, Begutachtung und Entwicklung der technischen Einrichtungen und Erzeugnisse befasst, die auf dem Gebiet des Luftschutz geschaffen sind und geschaffen werden. Es gehört dazu auch die Auswertung der hierbei gewonnenen Erkenntnisse für Schulungszwecke und die Übermittlung dieser Auswertung an das Reichsluftfahrtministerium sowie an andere Stellen, um Anregung zu weiterer Entwicklung zu geben. Die Prüf- und Versuchsabteilung ist bei dieser Arbeit nicht auf das Material beschränkt, das ihr zugewiesen wird, sie hat vielmehr auch aus eigener Initiative Probleme, die das Luftschutzgebiet betreffen, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln weiter zu verfolgen. Über derartige Prüfungen, Begutachtungen, Versuche und Entwicklungen hinaus fällt der Prüf- und Versuchsabteilung ein weiteres wesentliches Aufgabenbereich zu, das immer mehr an Bedeutung gewinnt: die Vertriebsgenehmigungen für Luftschutzgeräte, -mittel und –einrichtungen gemäß § 8 des Luftschutzgesetzes vom 26. Juni 1935 (RGBl. I S. 827).

Dieser § 8 des Luftschutzgesetzes schreibt vor, dass, wer Geräte oder Mittel für den Luftschutz vertreibt, der Genehmigung des Reichsministers der Luftfahrt oder der von ihm beauftragten Stelle bedarf. Bei der Vielzahl von Gegenständen, die heute unter der Überschrift „für den Luftschutz“ vertrieben werden, macht der Reichsminister der Luftfahrt in steigendem Maße davon Gebrauch, die Reichsanstalt für Luftschutz nicht nur mit der Prüfung derartiger Mittel und Geräte auf ihre Geeignetheit für den Luftschutz, sondern auch mit der Erklärung der Genehmigung selbst zu beauftragen. Über die widerrufliche Genehmigung wird den Antragstellern eine Urkunde ausgehändigt, die Vorschriften über die Kennzeichnung des Gerätes, gegebenenfalls auch die Angabe der Voraussetzungen enthält, unter denen das Gerät zum Vertrieb zugelassen wird. Dadurch soll verhindert werden, dass auf dem Wege unangemessener geschäftlicher Reklame die Bevölkerung zum Erwerb von Gegenständen gedrängt wird, die keine besondere Eignung für Luftschutzzwecke haben. Andererseits bietet die laufende Übersicht über die Weiterentwicklung der zum Vertreib gelangenden Luftschutzgegenstände eine Gewähr für die bestmögliche Entwicklung und Auswertung aller für Luftschutzzwecke wirklich geeigneter Gegenstände.

Aufgabe der Prüf- und Versuchsabteilung ist es ferner, die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen auf allen Fachgebieten schriftlich niederzulegen und in engster Verbindung mit den Sachbearbeitern des Reichsluftfahrtministeriums an der Aufstellung von Richtlinien und Dienstvorschriften mitzuarbeiten.

Wie schon unter Ziffer 1 erwähnt wurde, müssen die bei der Abteilung gewonnenen Erkenntnisse dauernd der Schulung zugänglich gemacht werden. Es wird dies dadurch erreicht, dass die Sachbearbeiter der Prüf- und Versuchsabteilung als Vortragende im Rahmen der Schullehrgänge zur Verfügung stehen und für Ergänzung und Ausgestaltung der Modellsammlungen Sorge tragen.

Es folgt nun ein kurzer Überblick über das Arbeitsgebiet der einzelnen Fachgruppen:

a) Gasschutz und Entgiftung.
In diesem Arbeitsbereich wird die sachliche Ausbildung von Sonderpersonal und die Bearbeitung der Fragen, die mit der Abwehr von chemischen Kampfstoffen zusammenhängen, durchgeführt. Im Zusammenhang damit steht die Betreuung des entsprechenden Lehr- und Unterrichtsmaterials, der Übungsgeräte, Gasräume und der Übungsstrecke.

b) Die Aufgabe, die dem Brandschutz im Luftschutz gestellt werden, sind sehr umfangreich und liegen sowohl auf dem Gebiete eines wesentlich erweiterten vorbeugenden Brandschutzes als auch auf dem Gebiete der Brandbekämpfung und Feuerlöschtaktik nach ganz anderen als friedensmäßigen Gesichtspunkten. Durch diese Aufgabenstellung sind auch die Forschungsarbeiten im Brandschutz an der Reichsanstalt für Luftschutz bedingt. Zwecks Vorbereitung und Ausarbeitung von Vorschriften für den vorbeugenden Brandschutz, über die bauliche Ausgestaltung, die Entrümpelung, den Schutzanstrich der Dachgeschosse und andere Maßnahmen werden laufend in Zusammenarbeit mit der Chemisch-Technischen Reichsanstalt und mit dem Fachausschuss für Holzfragen Versuche durchgeführt, die in erster Linie der Ermittlung der Zündfähigkeit von brand stiftenden Stoffen und der Feststellung besonders gefährdeter Baukonstruktionen dienen. So sind zwecks Aufstellung von Lagervorschriften Brandversuche an Lagern für Film und anderen leicht brennbaren Stoffen angestellt worden. Größere Brand- und Löschversuche werden in Abrisshäusern vorgenommen und dienen insbesondere der Ermittlung der zweckmäßigsten Löschtaktik und der Einsatzmöglichkeiten der Selbstschutzkräfte bei Wohnungs- und Dachstuhlbränden. Für die Durchführung der Versuchsreihen mit brand stiftenden Stoffen an Einrichtungsgegenständen und einfachen Holzbauteilen ist in der Reichsanstalt für Luftschutz ein Brandversuchshaus errichtet worden. Auf Grund der gewonnenen Versuchsergebnisse werden von der Reichsanstalt Vorschriften auf Luftschutzlöschtaktiken und Luftschutzbautechnischen Gebiete ausgearbeitet. In Zusammenarbeit mit dem Feuerwehrnormenausschuss, dem Feuerwehrbeirat in Preußen und dem Präsidium des Reichsluftschutzbundes werden auf Grund von Versuchen und Erprobungen Prüfungs- und Baurichtlinien sowie Lieferungsvorschriften für Luftschutzgeräte und Ausrüstungsgegenstände, wie Löschkarren, Handdruckspritzen, Helme, Musterausrüstung der Hausfeuerwehr usw. aufgestellt.

Die gutachtliche Tätigkeit der Reichsanstalt erstreckt sich auch auf die Fragen der Löschwasserversorgung, der Ausrüstung von Feuerwehrfahrzeugen sowie der Kräfte des Sicherheits- und Hilfedienstes und des Selbstschutzes mit Geräten aller Art. Durch eingehende Stellungnahme zu diesen Fragen und durch die Entwicklung von zusätzlichen Geräten, u. a. durch die Erprobung von Hilfsmotor- und Handpumpen werden die Brandschutzmaßnahmen im Luftschutz gefördert.

Die Prüfung von Luftschutzgeräten und Gegenständen zwecks Erteilung der Zulassung erstreckt sich insbesondere auf Speziallöschgeräte, Löschmittel, Luftschutzgerätekarren, Übungsbrandsätze und Übungsfeuerwerk sowie auf Ausrüstungsgegenstände (Schutzschilder, Sandkästen, Luftschutzbeile usw.).

Behördliche und private Stellen werden in sämtlichen Fragen des Brandschutzes insbesondere in dem Fragen der Beschaffung von Löschgeräten und Ausrüstungen sowie der Ausbildung von Selbstschutzkräften beraten.

c) Besonders einschneidend wirkt sich das Luftschutzproblem auf dem umfangreichen Gebiet des Bauwesens aus. Ob es sich um allgemeine Fragen des Hochbaus oder des Ingenieurbaus oder ob es sich darum handelt, vorbeugend durch Reichs- und Landesplanung, durch Neugestaltung des Städtebaues und Siedlungswesens der Luftgefahr zu begegnen, ob man durch Tarnung neuer oder bereits vorhandener baulicher Anlagen oder durch Verdunkelungsmaßnahmen die Luftgefahr mindert, ob wichtige Versorgungsbetriebe oder Tiefbauanlagen geschützt werden sollen, letzten Endes gibt es kein Gebiet des weit verzweigten Bauwesens, das nicht mit den Problemen des Luftschutzes engste Berührung hätte. Aufgabe der Reichsanstalt für Luftschutz ist es, im Laufe der Entwicklung alle diese Gebiete in ihren Prüf- und Versuchsbereich einzubeziehen.

Schon jetzt erstreckt sich der Bereich der auf dem Gebiet des Bauwesens innerhalb der Prüf- und Versuchsabteilung geleisteten Arbeit auf die oben erwähnten Prüfungen, teilweise auch auf die Genehmigung der auf diesem Gebiet besonders zahlreichen Anträge. Sehr zahlreich sind die Vertriebsgenehmigungen von Verdunkelungsvorrichtungen, wobei sich die Prüfung sowohl auf die Konstruktion wie die Ausführungs- und Anbringungsart für Lichtaustrittsöffnungen (für Fenster in Wohn-, Büro-, Arbeits- und Nebenräumen, Oberlichter, Sheddächer ) erstreckt, ferner die Prüfungen und Genehmigungen von Verdunkelungsmitteln, wie Stoffgewebe, Papierarten, Stoffpapiere, Drahtgewebe, Cellophane, Farbanstriche, Lacke, Wachstuche, Kunstleder usw. Dazu kommt die Prüfung und Begutachtung von Blenden für Außenleuchten für die eingeschränkte Beleuchtung und die Verdunkelung, ebenso für Innenleuchten. Die Blenden werden auf ihre lichttechnischen Eigenschaften, auf leichte und schnelle Bedienbarkeit, auch auf ihre mechanischen Eigenschaften, teilweise auch auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen Witterungseinflüsse geprüft. Abdunkeln von Leuchten durch Spannungsherabsetzung, Vorschaltung von Tarnungsmitteln und Tarnungsmaßnahmen unter Verwendung von Anstrichen, Geweben, Drahtnetzen, Anpflanzungen usw. gehören hierher. Damit steht in enger Verbindung die Aufstellung von Prüfungsrichtlinien für Verdunkelungszwecke sowie die Durchführung lichttechnischer Versuche zur Ermittlung der Helligkeiten, die vom Standpunkt des Luftschutzes noch zu lässig sind. Als wichtige Spezialaufgabe aus diesem engeren Bereich sie noch die Entwicklung von Blenden für den Kraftfahrzeugbeleuchtung angeführt mit dem Ziel der größtmöglichen Lichtausnutzung, der geringen Anleuchtung der Fahrbahn, der besten Fahreigenschaften, der zweckmäßigsten konstruktiven Ausbildung und der Abschirmung der Lichtaustrittsöffnungen gegen Sicht von oben.

Auf dem Gebiet des bautechnischen Luftschutzes sind zu erwähnen die Begutachtung von Bauelementen auf ihre Eignung für den Luftschutz, Vorschläge für Schutzräume, Ausbildung von Gasschleusen, für gas- und splittersichere Raumabschlüsse, Einrichtung, Geräte und Beleuchtungsmittel von Schutzräumen und Maßnahmen zum Schutz von Baulichkeiten gegen Wirkung der Luftangriffsmittel allgemein. Dazu kommen Fragen über die technischen Grundlagen der Standsicherheit und Festigkeit von Gebäuden, Verhalten der Baustoffe und Bauweisen bei Explosionen, Trümmerbelastung und unter Einwirkung von Kampfstoffen. Die Prüfung von Belüftungseinrichtungen, die Notversorgung mit Kraft, Licht und Wasser und die bautechnische Gestaltung der Befehls- und Rettungsstellen sind weitere Fragengebiete.

d) Das Arbeitsgebiet Fernmelde- und Alarmwesen hat als Hauptaufgabe die technische Bearbeitung der in den Luftschutzorten erster Ordnung errichteten Großalarmanlagen durchzuführen. In diesem Rahmen werden Großalarmgeräte und fahrbare Zusatzalarmgeräte gemeinsam mit der Industrie entwickelt und auf eigenen Prüfständen und den Versuchsfeldern der Firmen geprüft. Daneben werden Prüfungen von Behelfsalarmgeräten aller Art vorgenommen, für die Zulassungen als Luftschutzgeräte beantragt sind.

Eine besondere Bearbeitung erfordern die Steueranlagen der Großalarmgeräte. Zur Steuerung müssen Leitungsnetze herangezogen werden, die bereits friedensmäßig in Betrieb sind. Wegen der großen örtlichen Verschiedenheit der Steueranlagen müssen diese auf Grund der besonderen Verhältnisse einzeln entwickelt werden. Die Mannigfaltigkeit der verfügbaren Leitungen macht dabei die Anwendung der verschiedensten Systeme notwendig. Daneben werden Steueranlagen, die für Industriewerke anderer privater Besteller gebaut werden, auf Grund der Bestimmungen des Luftschutzgesetzes geprüft.

e) Auf dem Gebiet des Luftschutzsanitäts- und Luftschutzveterinärdienstes handelt es sich in erster Linie um die Prüfung und Zulassung des bereits oben genannten Luftschutzsanitätsgerätes. Das gesamte Luftschutzsanitätsgerätes. Das gesamte Luftschutzsanitätsgerät (Sanitätstaschen, Gastaschen, Gastaschen für Ärzte, Luftschutzverbandskästen, Luftschutzhausapotheken und auch Luftschutzkrankentragen) wird eingehend geprüft. Zu diesen werden, um eine möglichst zweckmäßige Entwicklung zu gewährleisten, verschiedene andere Dienststellen mit herangezogen: die Militärische Akademie Berlin, das Staatliche Materialprüfungsamt, das Deutsche Rote Kreuz, das Rettungsamt der Stadt Berlin und der Deutsche Normenausschuss Berlin.

Der endgültigen Genehmigung zum Vertrieb von Luftschutzsanitätsgerät gemäß § 8 des Luftschutzgesetzes gehen eingehende Vorarbeiten bei der Entwicklung dieser Geräte auf Grund vorgelegter Vorschläge und eigener Anregung voraus.

Dazu kommt die Zusammenarbeit mit dem Heeresveterinäruntersuchungsamt zwecks Entwicklung von Geräten für den Luftschutzveterinärdienst sowie zur Klärung organisatorischer Fragen auf diesem Gebiet.

3. Die Bild- und Filmtechnische Abteilung.

Bei den Lehrgängen, welche die Reichsanstalt für Luftschutz als militärische Ausbildungsstelle im zivilen Luftschutz der Behörden durchführt, hat sich seit Jahren gezeigt und erwiesen, dass Lichtbild und Film für den Unterricht unentbehrliche Lehrmittel sind. Das Gebiet des zivilen Luftschutzes ist so umfassend und vielgestaltig, dass eine Ausbildung ohne Anschauungsmittel undenkbar und unmöglich sein würde. Viele Versuche, Erfahrungen von Übungen, neue Erkenntnisse der Technikers usw. lasen sich aus zeitlichen und finanziellen Gründen nur durch das Lichtbild und den film so vorführen, dass den Lehrgangsteilnehmern ein klarer Eindruck im Gedächtnis haften bleibt. Aus diesen Gründen hat sich der Gebrauch von Lichtbild und Film im Unterricht der Reichsanstalt für Luftschutz so gesteigert, dass mit geringen Ausnahmen jeder Vortragende davon Gebrauch macht. Zur Verwendung gelangen als Lichtbilder Glasdiapositive in der genormten Größe 8,5 x 10 cm sowie Filmstreifen (normal/stumm, bzw. Schmalfilm 16 mm). Von der Verwendung des Tonfilms ist bisher aus finanziellen und technischen Gründen Abstand genommen worden, es war auch keine Notwendigkeit dazu ihn einzuführen, da stets zur Begleitung der Lichtbilder und Filme Vortragende erforderlich sind. Die Erfolge von Lichtbild und Film im Unterricht auf dem Gebiete des zivilen Luftschutzes sind durchweg als sehr gut zu bezeichnen. Vielen Lehrgangsteilnehmern wird bei der Fülle des Lehrstoffes die gedankliche Aufnahme und Verarbeitung wesentlich erleichtert und vertieft.

Die Forderungen und Wünsche nach weiterem Lehrmaterial auf Lichtbilder oder Filmstreifen sind von allen Stellen des zivilen Luftschutzes so stark im Wachsen begriffen, dass sie kaum noch zu befriedigen sind. Das gleiche, was von der Verwendung dieser Unterrichtsmittel bei den Lehrgängen der Reichsanstalt für Luftschutz gefragt wurde, gilt vielleicht in noch verstärktem Maße bei all den Dienststellen, welche im Reich die gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse an Unterführer und Personal des zivilen Luftschutz weitergeben sollen.

Die Herstellung des gesamten Lichtbild- und Filmmaterials für Lehrzwecke auf dem Gebiete des zivilen Luftschutzes der Behörden erfolgt in der Bild- und Filmtechnischen Abteilung der Reichsanstalt für Luftschutz. Die Abteilung ist technisch mit allen Errungenschaften der Neuzeit ausgestattet und daher in der Lage, alle in Frage kommenden phototechnischen Arbeiten selbstständig durchzuführen. An Geräten stehen die verschiedensten Bildkammern und Vervielfältigungsmaschinen zur Verfügung. Diese Bildkammern finden nicht nur innerhalb der Bild- und Filmtechnischen Abteilung Verwendung, sondern werden auch bei Dienstreisen von Sachbearbeitern des RLM und der Reichsanstalt für Luftschutz in Anspruch genommen, um für Berichterstattung usw. das Lichtbild als Hilfsmittel zu verwenden.

Ein Aufnahmeraum, mit Kunstlicht ausgestattet, ermöglicht die Aufnahme von kleinen Lehrfilmszenen und die sachgemäße Ausleuchtung von Modellen für die Zwecke der Aufnahme. Das Entwickeln und Kopieren erfolgt in neuzeitlichen Laboratorien, ebenso die Aufbewahrung und Sichtung des vielseitigen Bildmaterials in einem besonderen Bildarchiv. Für Aufnahmen außerhalb der Anstalt wird ein besonderer Bildwagen mit eigener Lichtquelle und 4 großen Scheinwerfern sowie vollständiger Laboratoriumseinrichtung benutzt. In einer anderen Fachgruppe werden die neu aufgenommenen Filmszenen geschnitten, mit Zwischentiteln versehen und zu geschlossenen Lehrfilmen zusammengestellt. Diese Gruppe führt auch die Bedienung sämtlicher Bildwerfer bei den Lehrgängen der Reichsanstalt für Luftschutz durch.
4. Die Gruppe Verwaltung.

Es ist einleuchtend, dass ein derartig vielgestaltiger und umfangreicher Betrieb, wie ihn die Reichsanstalt für Luftschutz darstellt, ein geschultes Verwaltungspersonal benötigt, das in der Lage ist, sich dem mannigfachen besonderen Bedürfnissen anzupassen, ohne dabei verwaltungstechnische Bindungen außer acht zu lassen.

Eine beträchtliche und nicht ganz einfache Arbeit verursacht die Vielzahl der Lehrgangsteilnehmer, die sich aus allen Berufen und Altersklassen zusammensetzen und jeweils noch während der Kurse abgefunden werden müssen. Hinzu kommt die unterkunftsmäßige Betreuung der allwöchentlich wechselnden Lehrgänge in der Weise, dass jedem Teilnehmer ein gut ausgestattetes Einzelzimmer zugewiesen wird.

Um für die Kurse verfügbare, sehr knapp bemessene Zeit möglichst gründlich ausnützen zu können, aber auch, um den Lehrgangsteilnehmern den Aufenthalt in der Anstalt so angenehm und billig wie möglich zu machen, wurde eine Speiseanstalt geschaffen, deren Betrieb einem Ökonomen übertragen ist. Sache der Verwaltung ist es, in Zusammenarbeit mit einer Speisekommission, den Wirtschaftsbetrieb zu überwachen und mit den dienstlichen Erfordernissen in Einklang zu bringen.

Der Unterrichtsbetrieb sowohl wie die Prüf- und Versuchsabteilung mit ihren laufenden praktischen Erprobungen bedingen einen dauernden Verbrauch sowie Neuanschaffungen der verschiedensten Materialien und Gegenstände. Ihre rechtzeitige und richtige Sicherstellung ist gleichfalls Sache der Verwaltung, ebenso wie die wirtschaftliche Betreuung des Stammpersonals der Anstalt.

Aus dem bisher Gesagten geht hervor, welche zahlreiche und wichtige Aufgaben der Reichsanstalt für Luftschutz gestellt sind, Aufgaben, die sich fast täglich mehren und die ständig in der Weiterentwicklung gegriffen sind.