Eine der wichtigsten Maßnahmen im Luftschutz war die Normung, bzw. Vereinheitlichung von Geräten und Maschinen. Noch heute sind manche der damals aufgestellten Normen von Bedeutung und werden angewandt. Der nachfolgende Aufsatz aus der Zeit der Durchnormung der Technik und Verfahrensweisen zeigt einige in der Zeit weit vorausschauende Ideen und Vorstellungen, die weniger kriegerische Motivationen, sondern auch technisches Interesse wiederspiegeln und nur im Rahmen des Luftschutzes wenn auch zwangsläufig, entstanden sind
VDI- Zeitschrift Bd. 82 Nr. 6 5. Febr. 1938
Normung der Gasschutz- und Atemgeräte
Von Prof. Dr.lng. Karl Quasebart VDI, Berlin
Die Normung der Gasschutz – und Atemgeräte ist mit der Herausgabe mehrerer Normblätter zu einem gewissen Abschluß gelangt. Es werden deshalb rückschauend die Ergebnisse des betreffenden Fachnormenausschusses 1) kurz dargelegt und ebenso die Teilaufgaben, die auf diesem Gebiet noch in der Zukunft zu lösen sind.
Grundgedanken für die Normung der Gasschutz- und Atemgeräte
Bei der Normung der Gasschutz- und Atemgeräte war in erster Linie Vorsorge zu treffen für unbedingte Austauschbarkeit aller austauschbaren Teile, eine Forderung, die schon im Jahre 1928 insbesondere von den Fliegern erhoben wurde und Anfang 1929 zur Gründung eines besonderen Fachnormenausschusses führte 1). Daneben stand der Wunsch im Vordergrund, jene Vereinheitlichung der Geräte durchzuführen, die zur Erhöhung der Sicherheit bei ihrem Gebrauch beitragen konnte.
Die Arbeiten dieses Ausschusses wurden dadurch erleichtert, daß nur wenige Werke an der Herstellung der in Betracht kommenden Geräte beteiligt sind, und daß sie untereinander z. B. Gewinde, Kennzeichen u. dergl. schon stillschweigend angeglichen hatten. In gleicher Richtung wirkten Vorschriften der Behörden, die am Bezug von Gasschutzgeräten unmittelbar interessiert waren. Anderseits mußten bei den Normungsarbeiten auch Wünsche der Behörden, die einer sonst vielleicht naheliegenden Normung entgegenstanden (bereits eingeführte Geräte und Gebrauchsvorschriften), berücksichtigt werden. Aus diesen Gesichtspunkten ergab sich zwangsläufig eine rege Beteiligung der Behörden, insbesondere des Reichskriegsministeriums und später des Reichsluftfahrtministeriums. Bei der Normungsarbeit mußte schließlich berücksichtigt werden, daß das vorliegende Arbeitsgebiet noch in der Entwicklung steckt, und daß eine zu weitgehende Normung diese Entwicklung hätte hemmen können.
Der Ausschuß konnte seine ersten Normblätter in den Jahren 1931 und 1932 der Industrie zur Verfügung stellen. Die Aufbauarbeiten der letzten Jahre, insbesondere auch die Bedürfnisse des Gasschutzes im Rahmen des Luftschutzes, machten die Schaffung neuer Normblätter und die Anpassung schon vorhandener an die jetzigen Verhältnisse notwendig. Von den heute vorliegenden zehn Normblättern sind allein innerhalb eines Jahres von Oktober 1936 bis Oktober 1937 neun in erster oder abgeänderter zweiter Ausgabe herausgekommen 2). Damit ist zunächst den dringendsten Bedürfnissen Genüge getan, und es erscheint berechtigt, über Inhalt und Bedeutung dieser Blätter zu berichten.
Atemschutzgeräte
Bei den Atemschutzgeräten wird zur Verbindung der Geräteteile ein Rundgewinde angewandt (DIN 3182), das schon im Weltkriege im Deutschen Reich entwickelt3) und später auch von anderen Staaten übernommen wurde. Mit entsprechend größerem Durchmesser findet es heute auch Verwendung bei den Raumbelüftern. Das Rundgewinde gestattet die Verwendung jeder deutschen Maske mit jedem deutschen Atemfilter, Sauerstoffschutzgerät oder Frischluftgerät. Daneben findet ein Zentralanschluß (DIN 3183) beschränktere Anwendung bei den Sauerstoffschutzgeräten.
Die Atemfilter werden durch bestimmte Kennbuchstaben und Kennfarben bezeichnet (DIN 3181). Es sind wenige klare Farben gewählt worden, die auch bei schlech¬ter Beleuchtung gut zu unterscheiden sind. Es besteht so die Gewähr, daß z. B. das Filter zum Schutz gegen Ammoniak bei allen Lieferfirmen grün ist und den Buch¬staben K trägt, und daß daher ein Aufsichtsführender mit einem Blick übersieht, ob alle Maskenträger das richtige Filter eingesetzt haben.
Sauerstoffgeräte
Bei den Sauerstoffschutzgeräten sind die Größtmaße der Alkalipatronen (DIN 3176) und der Stahlflaschen (DIN 3171) festgelegt; die Teile können daher in die diesen Maßen angepaßten Geräte stets eingebaut werden. Durch die Beschränkung auf sechs verschiedene Stahlflaschen und vier verschiedene Alkalipatronen steht für jeden Bedarf ein, aber auch nur ein geeigneter Geräteteil zur Verfügung. Bei den Sauerstoffschutzgeräten sind ferner vier Flaschenventile (jedes für eine bestimmte Gerätebauart) in ihren Abmessungen (DIN 3174) festgelegt.
Frischluftgeräte
Mit dem Frischluftgerät befaßt sich das Normblatt DIN 3177, es schreibt Abmessungen des Luftschlauches und der Klauenkupplung vor.
Anschlüsse für Schutzraumbelüftungsanlagen
Von besonderer Bedeutung war eine Festlegung der Abmessungen und Anschlüsse für die Schutzraumbelüftungsanlagen. Das Blatt DIN 318-6 ist ein wertvolles Hilfsmittel für alle im Schutzraumbau tätigen Baubehörden, Werk-Luftschutzleiter und Architekten, die die Fertigstellung dieses Blattes daher schon mit Ungeduld erwarteten. Das Blatt legt die Rundgewinde (in Verbindung mit DIN 3182) und für die größeren Raumfilter den Verbindungsflansch fest, es gibt über den Raumbedarf der Filter Auskunft, über die lichte Rohrweite (Nennweite) der Saugleitung und schließlich — für die Bauunternehmer besonders wertvoll — über die Größe der erforderlichen Mauerdurchbrüche, die rechtzeitig vorgesehen werden müssen, um nachträgliche kostspielige Maurerarbeiten zu vermeiden.
Einheitliche Benennungen der Geräte und ihrer Einzelteile
Neben der Normung der Abmessungen und Anschlüsse erwies sich auch die Festlegung einheitlicher Benennungen für alle Geräte und ihre Einzelteile als erforderlich. Durch DIN 3180, Blatt l und 2, wird dem früheren Wirrwarr auf diesem Gebiete ein Ende gemacht 4), und es wird erreicht, daß sich — besonders auch im Luftschutz — alle Mitarbeiter in Wort und Schrift, bei Schulung und Aufklärung der gleichen Ausdrücke für die Geräte und ihre Einzelteile bedienen.
Aufgaben der Zukunft
Erwähnt wurde schon, daß der Fachnormenausschuß bei seiner Arbeit behutsam vorgehen mußte, um den technischen Fortschritt nicht zu hemmen und eine Anpassung der Geräte an die verschiedensten Verwendungszwecke zu ermöglichen; es ist daher im Augenblick nur dienen, die Wirkung seiner Sinneswerkzeuge über die ihm von der Natur gesetzten Grenzen zu steigern; ebenso wie diese stets zur Aufnahme und Wiedergabe eiller Wahrnehmung dienen und paarweise arbeiten, findet sieh auch bei feinmechanischen Geräten die Trennung zwischen Geber und Empfänger: Die gesamte Nachrichtentechnik ist als eine Erweiterung von Sprache und Gehör aufzufassen; die Erzeugnisse der optischen Industrie erhöhen die Reichweite des menschlichen Auges; die Rechenmaschinen entlasten den Menschen von der geistigen Arbeit des Rechnens; die Schreibmaschine gestattet das Festhalten von Gedanken mit einer gegenüber der handschriftlichen Aufzeichnung größeren Geschwindigkeit.
Wenn auch die „feinmechanische“ Industrie noch andere Geräte, z. B. solche der Elektromedizin fertigt, die im Gegensatz zum Maschinenbau durch Besonderheiten der Gestaltung, der Arbeitsverfahren und der Arbeitsweise beim Gebrauch gekennzeichnet sind, so wird doch im Sprachgebrauch die Bezeichnung „Feinmechanische Technik“ völlig klar verstanden.
Abgesehen von diesen Gründen für die Beibehaltung des Ausdrucks „Feinmechanische Technik“ sind aber auch praktische Überlegungen maßgebend gewesen. Der Ausdruck „Feinmechanische Technik“ ist weit verbreitet und wird von allen Wirtschaftsorganisationen angewandt. Von den zur Zeit in der deutschen Metallindustrie tätigen 2% Millionen Menschen sind über 500 000 in der feinmechanischen Industrie beschäftigt. Der Beruf des Feinmechanikers, also des Facharbeiters der „feinmechanischen“ Technik, der mit vollem Recht einen auf alter Überlieferung beruhenden Berufsstolz hat, ist von den maßgebenden Stellen, anerkannt.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß kein stichhaltiger Grund vorliegt, einen Ausdruck, der vielleicht als einzigen Nachteil eine gewisse Unhandlichkeit im sprachlichen Gebrauch aufweist, gegen ein neues Wort auszutauschen, zumal sich eine ganz bestimmte Bedeutung des Wortes „Feinmechanische Technik“ eingebürgert hat.
N 4549 Berlin H. Kage VDl
*) Im früheren Schrifttum findet man z. B. für den Druckmesser die Bezeichnungen Manometer, Vorratsmanometer, Sauerstoffvorratsmesser und
*) Fachnormenausschuß für Gasschutz- und Atemgeräte; Obmann Prof. Dr.-lng. K. Quasebart VDI.
f) DIN 3171, 3174, 3176, 3177, 3180 Bl. l u. 2, 3181, 3182, 3183 und 3186.
*) E. Boas, „Über das Drücken von Gewinden in Eisenblech und die Lehren für die Eisenblechgewinde nebst Gegenlehren, Berlin 1920