Chemische Kampfstoffe

Chemische Kampfstoffe: Chemische Kampfstoffe, Gasschutz und EntgiftungInfo Chemische Kampfstoffe

Einteilung Kampfstoffe / Tabelle

Tabelle Kampfstoffe

Augenreizstoffe

Blaukreuzstoffe: Clark I + Clark II, Adamsit

Grünkreuzstoffe:erstickende Kampfstofffe: Chlor, Phosgen

Grünkreuzstoffe: Phosgen, Perstoff, Clorpikin, Senfgas

Grünkreuzstoffe: Lost

Gelbkreuzkampfstoffe: Lewisit

Blut und Nervengifte I

Gasschutz

Arten der Gasschutzgeräte I

Arten der Gasschutzgeräte: Filtergeräte / Heeresatmer

Arten der Gasschutzgeräte: Schematische Darstellung Heeresatmer

Arten der Gasschutzgeräte: Heeresatmer I

Arten der Gasschutzgeräte: Heeresatmer II

Arten der Gasschutzgeräte: Schema Heeresatmer

Arten der Gasschutzgeräte: Sauerstoff

Arten der Gasschutzgeräte: Schema Hauptmerkmale Atemschutzgeräte I

Arten der Gasschutzgeräte: Heeresatmer: Maske

Arten der Gasschutzgeräte: Die Sauerstoffmaske

Arten der Gasschutzgeräte: Die Sauerstoffmaske II

Arten der Gasschutzgeräte: Die Sauerstoffmaske III + Schema Maske

Arten der Gasschutzgeräte: Die Volksgasmaske

Entgiftung

Anhang Kampfstoffe

Anhang Kamfpstoffe: Adamsit

Anhang Kampfstoffe: Bromaceton

Anhang Kampfstoffe: BBC

Anhang Kampfstoffe: Brommethylethylether

Anhang Kampfstoffe: Chlorpikrin

Anhang Kampfstoffe: CN

Anhang Kampfstoffe: Clark I

Anhang Kampfstoffe: Clark II

Anhang Kampfstoffe: Lewisit


Chemische Kampfstoffe, Gasschutz und Entgiftung

Als im August 1914 die Franzosen die ersten Tränengas-Gewehrgranaten gegen deutsche Stellungen verschossen, ahnte niemand, welche Bedeutung diese neue Waffe noch während des Krieges gewinnen sollte. Auch in der Folge blieben zunächst die verschiedenen Arten von Gasgeschossen ohne entscheidenden militärischen Erfolg. Der Blasangriff bei Ypern am 22. April 1915 bewies dann zum ersten Male, dass diese neue Waffe großen, ja, unter Umständen entscheidenden Einfluss auf das Kriegsgeschehen ausüben kann, wenn sie in überlegener Weise gehandhabt wird. Je länger der Krieg andauerte, um so besser lernte man auf beiden Seiten Vor- und Nachteile der Gaswaffe kennen, was am besten dadurch bewiesen wird, dass die Verwendung von chemischen Kampfstoffen immer größeren Umfang annahm. Bei einzelnen Kampfhandlungen waren mehr als 80 Prozent der gesamten verschossenen Artilleriemunition Gasgeschosse, und in einer neueren englischen Veröffentlichung ist mitgeteilt worden, dass bei Kriegsende für das englische Heer bereits ebenso viel Gasgranaten wie andere Geschosse angefordert wurden. Demgemäss stieg auch die Produktion an chemischen Kampfstoffen ständig an, und in Amerika sollte z. B. die Herstellung von Lost bereits Ende 1918 soweit gefördert sein, dass täglich 150 t, im Monat also mehr als 4500 t, von diesem Stoff gefertigt werden sollten.

Der Einsatz der chemischen Kampfstoffe geschah im Weltkrieg in der Hauptsache nach drei Verfahren: Abblasen, Gasschießen und Gaswerfen. Von Flugzeugen aus sind chemische Kampfstoffe bis zum Waffenstillstand nicht eingesetzt worden. Es ist jedoch bekannt, dass man sich auch mit dieser Möglichkeit ernsthaft beschäftigt hat, und dass auch Versuche in dieser Richtung stattgefunden haben. Hiervon spricht z. B. Generalmajor Foulkes in seinem Buch “Gas”, und auch die Amerikaner sind wohl lediglich durch die Beendigung der Kampfhandlungen an die Erprobung ihres neuen Gelbkreuzkampfstoffes Lewisit durch Abregnen aus Luftfahrzeugen gehindert worden. Der Beiname “Tau des Todes”, den sie dem Lewisit beigelegt hatten, lässt jedenfalls deutliche Schlüsse auf die beabsichtigte Art des Einsatzes aus der Luft zu.

Seit dem Waffenstillstand sind fast zwei Jahrzehnte vergangen, und in dieser Zeit ist in nahezu allen Ländern, die nicht wie Deutschland in ihren Rüstungsvorbereitungen beschränkt waren, eifrig an den Ausbau der chemischen Waffe weiter gearbeitet worden. Die alten Verfahren zur Kampfstoffherstellung sind verbessert worden, neue Fertigungsstätten wurden gebaut, neue Einsatzverfahren erprobt und nicht zuletzt emsig nach neuartigen chemischen Kampfstoffen gesucht. Dadurch haben diese Staaten einen Vorsprung gegenüber Deutschland gewonnen, den man nicht gering bewerten darf. Die oftmals aufgestellte Behauptung, dass die chemische Industrie Deutschlands von einem Tag auf den anderen auf die Erzeugung chemischer Kampfstoffe umgestellt werden könnte, ist kaum ernst gemeint. Wie jeder Fachmann, wissen auch die Generalstäbe, dass die Massenherstellung chemischer Kampfstoffe sich nicht improvisieren lässt. Nur im Masseneinsatz aber verspricht die Anwendung der chemischen Waffe Erfolg. Man braucht sich nur an die Millionenziffern der Granaten zu erinnern, die im Weltkriege im Trommelfeuer in kurzer Zeit verschossen wurden, um eine Vorstellung davon zu gewinnen, wie groß die Kampfstoffmengen sein müssen, die zu einem wirkungsvollen Gaseinsatz notwendig sind. Ein Beispiel für die Schwierigkeit der Massenanfertigung bietet der Blaukreuzkampfstoff, der im Juli 1917 erstmalig von Deutschland angewandt wurde, und den unsere damaligen Gegner bis zum Waffenstillstand, also in 15 Monaten, nicht nachmachen konnten, so dass sie schließlich daran gingen, einen eigenen Stoff dieser Gruppe zu entwickeln, dessen Herstellung weniger Schwierigkeiten bot.

Welche Arten von chemischen Kampfstoffen bei aerochemischen Angriffen verwendet werden, wird wesentlich von den Zielen abhängen, die mit einem solchen Angriff erreicht werden sollen. Die Mehrzahl der militärischen Sachverständigen scheint der Auffassung zu sein, dass im Einsatz von flüssigen sesshaften Kampfstoffen die größeren Wirkungsmöglichkeiten liegen. Das sollte jedoch nicht dazu führen, mit Luftkampfstoffen überhaupt nicht zu rechnen. Der letzte Krieg hat gezeigt, welche Tiefenwirkung unter Umständen durch Gaswolken, die von der Auftreffstelle der Geschosse ihren Ausgang nehmen, erreicht werden kann. Auch hier kann, wenn auch in etwas anderer Weise als bei den sesshaften Kampfstoffen, der Zeitfaktor, den das Gasgeschoß gegenüber den anderen Geschoßarten besitzt, eine Rolle spielen.

Neuartig würde in künftigen Kriegen ohne Zweifel das abregnen oder versprühen flüssiger Kampfstoffe aus Behältern sein, die an Stelle der Bomben im Flugzeug angebracht werden können. Hier sind zwei Möglichkeiten zu unterscheiden:

1.)

Das Ausgießen ohne Druck, wobei der Kampfstoff in möglichst kurzer Zeit aus dem Behälter entleert wird. Sobald er bei diesem Verfahren an die Luft gelangt, wird er unter Wirkung des starken Gegenwinds in eine Wolke feinster Tröpfchen aufgeteilt, die sich als außerordentlich feiner Sprühregen langsam zu Boden senkt. Die dadurch erreichte Benetzung des Bodens mit Kampfstoffen wird im allgemeinen nur sehr schwach sein, wodurch gleichzeitig die Wirkungsdauer herabgesetzt wird, doch wird dafür eine verhältnismäßig große Fläche belegt werden können. Hierdurch wird zwar die Gefahr der Schädigung durch Berührung mit so begiftetem Gelände oder Gegenständen herabgesetzt, doch gewinnt gleichzeitig die Gefährdungsmöglichkeit durch die sich entwickelnden Dämpfe eine größere Bedeutung als in dem Fall, wo die gleichen Kampfstoffmengen bei großer Belegungsdichte nur eine kleine Fläche bedecken. Man wird also auch trotz der an sich nur kleinen Menge Kampfstoff, die auf die Flächeneinheit kommt, auf Entgiftungsmaßnahmen nicht verzichten können.

2.)

Versprühen unter Druck. Hierbei wird der Inhalt des Behälters unter Druck durch eine Düse entgegen der Flugrichtung entleert, so dass die Wirkung des Gegenwindes in hohem Maße aufgehoben wird und angeblich größere, schneller zur Erde fallende Tropfen erhalten bleiben.
In beiden Fällen ist es aber notwendig, dass das auf diese Weise angreifende Flugzeug bis dicht über das Ziel hinuntergeht und im Tiefflug abregnet oder versprüht. Als günstigste Flughöhe wird eine solche von 10 – 35 m bezeichnet.
Der sicherste Weg zur Verringerung der aerochemischen Gefahr muss in der Verbreitung zuverlässiger Kenntnisse vom Wesen dieser unheimlichen Stoffe, von denen u. U. bereits Bruchteile eines Milligramms genügen, um einen gesunden kraftvollen Menschen zu einem hilflosen Wesen zum machen, gesehen werden. Nur so wird es gelingen die Furcht vor dem Gas zu überwinden und damit der chemischen Waffe ihren Schrecken zu nehmen. Das ist zugleich der am ehesten Aussicht versprechende Versuch, zu einer Abschaffung des chemischen Krieges zu gelangen. Eine Waffe, die keinerlei Wirkungen beim Gegner erwarten lässt, hat ihren Wert verloren und wird nicht mehr gebraucht werden.

Nach der Art ihrer Wirkung auf den lebenden Organismus lassen sich zwei große Gruppen von chemischen Kampfstoffen unterscheiden: Solche, die bei der Einatmung durch ihre Wirkung auf die Atemorgane Schädigungen hervorrufen und solche, die daneben auch die ganze Körperfläche angreifen. Hierbei sie bemerkt, dass unter Umständen derselbe Stoff auf beide Arten wirken kann. So dass er also je nach seiner Erscheinungsform der einen oder anderen Gruppe zugerechnet werden muss. So wirken flüssige Gelbkreuzkampfstoffe als Hautgifte, während ihre Dämpfe, wenn sie mit der Einatemluft in den Körper gelangen, dort in ähnlicher Weise zu schädigen vermögen wie beispielsweise Grünkreuzstoffe.

Der Zweck des chemischen Kampfmittels, den Gegner vorübergehend oder dauernd außer Gefecht zu setzen, ist keineswegs mit jeder giftigen Substanz zu erreichen. Von der großen Zahl der bekannten Gifte, die sämtlich bereits im Kriege auf ihre Eignung als Mittel für den chemischen Krieg untersucht worden sind, sind nur wenige Dutzend zur Frontverwendung gekommen und von diesen haben sich nur wenig mehr als zehn für die Erreichung militärischer Ziele als wirklich geeignet erwiesen. Der Grund hierfür liegt darin, dass neben der Giftigkeit eines Stoffes noch eine ganze Reihe von anderen Anforderungen von ihm erfüllt werden müssen, wenn er als brauchbarer chemischer Kampfstoff bezeichnet werden soll. Zunächst muss er noch in sehr starker Verdünnung genügend Gift- oder Reizwirkung besitzen, um durch Störungen in der Funktion einzelner oder mehrerer Organe von Mensch oder Tier Arbeits- oder Kampfunfähigkeit hervorzurufen. Seine Dämpfe müssen schwerer als Luft sein, weil anderenfalls selbst dichte Kampfstoffwolken durch Aufsteigen in höhere Luftschichten sich schnell verdünnen und unwirksam werden.

Aus der Eigenschaft der Kampfstoffdämpfe, schwerer als Luft zu sein, wird oftmals die Vorstellung hergeleitet, dass kampfstoffhaltige Luft wegen ihrer großen Schwere zu Boden sinkt und dort hochkonzentrierte Schwaden bildet, dass sie in Geländevertiefungen, Keller und dergleichen hinab fließt. Tatsächlich bestehen aber bei der Überführung der Kampfstoffe in die Luft bei den bisher bekannten Einsatzarten so zahlreiche Verlustquellen, dass im allgemeinen nur außerordentlich niedrige Kampfstoffgehalte der Luft erreicht werden können. Diese beeinflussen die Dichte der Luft aber so wenig, dass von einer Zunahme des Gewichtes der Raumeinheit praktisch nicht gesprochen werden kann; sie beträgt auch bei hohen, feldmäßig erreichbaren Konzentrationen weniger als 0,1 Prozent. Durch Temperaturunterschiede, Abkühlung oder Erwärmung werden wesentlich größere Dichteänderungen der Luft bewirkt als durch Kampfstoffzusatz. Abkühlung der Luft um 3 Grad C bewirkt beispielsweise eine Erhöhung der Dichte um
mehr als 1 Prozent.

Chemische Verbindungen, die als Kampfstoffe dienen sollen, müssen, wenn sie zu Angriffszwecken bestimmt sind, eine große Flüchtigkeit besitzen, d. h. sie müssen leicht in den Dampfzustand übergeführt werden können oder – falls es sich um bei gewöhnlicher Temperatur feste Körper handelt – als Schwebstoffe in die Luft gebracht werden. Bei einer anderen Gruppe der chemischen Kampfstoffe, die ein Gelände zum Zwecke der Verteidigung unbetretbar machen sollen, hat sich dagegen eine andere Eigenschaft, die so genannte Sesshaftigkeit als bedeutungsvoll erwiesen. Die Sesshaftigkeit eines Kampfstoffes wird nach der Länge der Zeit gemessen, in welcher er, im Gelände verbreitet, noch Wirkungen auszuüben vermag. Sie hängt natürlich mit der Flüchtigkeit des betreffenden Stoffes und mit seiner Verdampfungsgeschwindigkeit eng zusammen. Eine erhebliche Rolle spielen daneben aber auch seine Widerstandsfähigkeit gegenüber der Einwirkung der Feuchtigkeit der Luft und des Bodens, der Alkalien des Erdreichs usw., außerdem Temperatur, Wind-
stärke u. a. m.

Viele chemische Körper scheiden darum als Kampfstoffe aus, weil sie durch Wasserdampf, er ja in der Luft stets vorhanden ist, oder durch den Sauerstoff der Luft zu schnell in andere unwirksame Verbindungen übergeführt werden. Da die Stoffe, um an den Feind gebracht zu werden, in Granaten, Minen oder Bomben verschossen oder abgeworfen werden müssen, dürfen sie ferner das Material ihrer Transportbehälter, in erster Linie als das Eisen, nicht angreifen; auch dürfen sie mit den Sprengstoffen der Geschosse nicht reagieren. Wichtig ist weiterhin, dass sie wärme- und druckbeständig sind, um beim explodieren der Geschosse nicht zerstört zu werden. Schließlich sei auch noch darauf hingewiesen, dass die Rohstoffe, die zu ihrer Herstellung notwendig sind, im Bedarfsfalle in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen müssen und dass die Herstellungsverfahren so einfach sind, dass eine Massenfabrikation möglich ist.

Durch alle diese Voraussetzungen wird die Zahl der als Kampfstoffe in Betracht kommenden Körper außerordentlich stark eingeschränkt.

Ein planmäßiger Vergleich der physiologischen Wirkung von chemischen Kampfstoffen, der es gestattet, den Kampfwert verschiedener Verbindungen gegeneinander abzuwägen, ist außerordentlich schwierig. Eine gewisse Möglichkeit hierzu bietet das so genannte Wirkungsprodukt W = c.t, auch kurz “c.t=Produkt” genannt. In dieser Formel bedeutet c den Gehalt der Atemluft an Giftgas, gemessen in Milligramm in Kubikmeter, und t die Einatmungszeit in Minuten.

Es muss jedoch betont werden, dass diese Formel, obschon sie wertvolle praktische Dienste zu leisten vermag, nur mit erheblichen Einschränkungen gilt. Dieser Umstand wird vielfach außer Acht gelassen, und deshalb wird in den aus dieser Formel gezogenen Schlussfolgerungen häufig viel zu weit gegangen.

Wenn es schon bei der Aufnahme fester oder flüssiger Gifte schwierig ist, eine genaue zahlenmäßige Bewertung ihrer Wirkung zu geben, weil die Art der Aufnahme, Lebensalter, Körpergewicht, Ernährungszustand und viele andere Umstände starke Unterschiede bedingen, so liegen die Verhältnisse bei eingeatmeten Giften noch viel schwieriger. Man kann eben nicht ohne weiteres die Giftigkeit von Gasen und Dämpfen miteinander vergleichen. Innerhalb von gleichartig wirkenden Gruppen ist das allerdings bis zu einem gewissen Grade möglich. So lässt sich in der Praxis die Wirkungsfähigkeit des Phosgens durch den Wert c.t mit hinreichender Genauigkeit bestimmen. Als Erläuterung möge eine Zahlenbeispiel dienen. Nach Flury beträgt das c.t=Produkt, das zur tödlichen Vergiftung einer Katze erreicht werden muss, etwa 900. Diese Wirkung tritt ein, wenn man eine Katze in einer Phosgenkonzentration von 900 mg im Kubikmeter eine Minute lang atmen lässt: C = 900, t = I. Die tödliche Vergiftung tritt aber auch ein, wenn die Katze 5 Stunden (t = 300) Luft einatmet, die im Kubikmeter 3 mg Phosgen enthält (C=3).

Das c.t=Produkt hat aber nur sehr beschränkte Geltung bei der Bestimmung des Wirkungswertes von Gasen und Dämpfen, die resorptiv wirken, d. h. die ihre Wirkung erst entfalten, wenn sie ins Blut übergegangen sind. Zu dieser Gruppe gehören u. a. Blausäure und Kohlenoxyd sowie auch narkotisch wirkende Gase, wie z. B. Chloroform. Ferner muss berücksichtigt werden, dass ein Tödlichkeitsprodukt, das im Tierversuch gewonnen wurde, natürlich nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen werden darf. Durch den Faktor t kommt eine weitere Unsicherheit hinein, weil ja die Zahl der Atemzüge in der Minute und die Atemtiefe, die beide au die eingeatmete Giftmenge entscheidenden Einfluss haben, keine unveränderlichen Größen sind.

Von nicht geringerer Bedeutung als das c.t=Produkt ist für die Bewertung eines chemischen Kampfstoffes die Ermittlung der Erträglichkeitsgrenze, d. h. die Bestimmung derjenigen Kampfstoffkonzentration in der Luft, die auch mit Aufbietung von Willenskraft von einem gesunden Menschen nicht länger als eine Minute lang ertragen werden kann. Sie liegt vielfach weit unterhalb der Konzentration, die eine Vergiftung erzeugen würde, bei den Blaukreuzstoffen z. B. unter 1 mg im Kubikmeter. Es ist natürlich, dass die Ermittlung der Erträglichkeitsgrenze durch verschiedene Personen wegen der stark unterschiedlichen subjektiven Empfindlichkeit zu mehr oder weniger voneinander abweichenden Zahlenwerten führen muss. Das beeinträchtigt jedoch ihren Wert als Vergleichszahl nicht.

Für die Zusammenfassung der chemischen Kampfstoffe zu Gruppen kann man verschiedene Wege gehen. Neben Einteilungen, denen der chemische Aufbau, die physikalischen Eigenschaften, die pharmakologisch-toxikologischen Wirkungen oder militärische Gesichtspunkte zugrunde liegen, hat sich für Luftschutzwecke die nachstehende Gruppierung bewährt, bei der besondere Merkmale der Kampfstoffwirkungen in den Vordergrund gestellt werden. Dabei sei jedoch vorweg gleich darauf hingewiesen, daß eine scharfe Abgrenzung nicht möglich ist, da eine Reihe von Stoffen in mehrfacher Weise zu wirken vermögen. Man unterscheidet vier Gruppen:

1.Reizstoffe:

a) Augenreizstoffe (Tränenstoffe)
b) Nasen- und Rachenreizstoffe) Blaukreuzkampfstoffe.
2.Erstickend wirkende (lungendschädigende) Kampfstoffe (Grünkreuzkampfstoffe)
3.Ätzend wirkende (hautschädigende) Kampfstoffe (Gelbkreuzkampfstoffe)
4.Sonstige schädliche Stoffe (Blut- und Nervengifte)

Die Bezeichnungen Blaukreuz, Grünkreuz und Gelbkreuz gehen auf den Weltkrieg zurück, wo auf deutscher Seite die Granaten mit den verschiedenen chemischen Füllungen zu ihrer Kennzeichnung mit farbigen Kreuzen versehen wurden. Daneben hat man den einzelnen Stoffen Decknamen gegeben, die an die Stelle der wissenschaftlichen Bezeichnungen traten und im wesentlichen der Abkürzung, bis zu einem gewissen Grade aber auch der Geheimhaltung dienten.

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von http://bunker-dortmund.de/chemka07.html

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Gasschutz und EntgiftungDie Gruppe der Augenreizstoffe enthält stark reizend wirkende chemische Verbindungen, die besonders auf die Augen, in geringem Maße aber auch auf die Haut wirken. Die Hautwirkung kann sich in unangenehmer Weise bemerkbar machen, wenn bei Maskenverpassungen im Gasraum eine zu hohe Konzentration dieser Reizstoffe – mehr als 100 mg im Kubikmeter – erzeugt wird. Giftwirkung ist bei diesen Stoffen zwar möglich, sie tritt aber hinter der Reizwirkung stark zurück, und nur in besonders schweren Fällen treten nachhaltige Schäden auf. Wegen des starken Tränenreizes, den diese Stoffe erregen, ist es nicht möglich, höhere Konzentrationen ohne Gasmaske zu ertragen. Die Augen tränen und schließen sich reflektorisch.

Die Hauptvertreter dieser Gruppe sind der B-Stoff (Bromaceton) und der Bn-Stoff (Brommethyl-ethylketon), die in Granaten und Minen verschossen wurden; auch in Handgranaten gelangten sie zur Verwendung. Als weitere wirksame Tränenstoffe sind zu nennen: Das Brombenzylcyanid und das Chloracetophenon. Das erstere ist gegen Ende des Krieges noch von den Franzosen verschossen worden, es besitzt eine besonders starke Tränen erregende Wirkung und ist ein gegen chemische Einflüsse sehr widerstandsfähiger Stoff von ziemlich großer Sesshaftigkeit. Das Chloracetophenon kam im Kriege nicht mehr zum Einsatz; bemerkenswert sind seine starke Reizwirkung, die bequeme Herstellungsweise und leichte Laborierbarkeit, die seine Verwendung in einem künftigen Kriege wahrscheinlich machen. Bereits 0.3 mg im Kubikmeter genügen, um Augentränen hervorzurufen; 4 – 5 mg im Kubikmeter können nicht länger als eine Minute ertragen werden. Wegen dieser Eigenschaften, die schnelle starke Wirkungen ohne Dauerschädigungen ermöglichen, wird das Chloracetophenon in den meisten Kulturstaaten als Polizeiwaffe benutzt. Besonders in Amerika wird häufiger Gebrauch davon gemacht.

Die Gruppe der Nasen- und Rachenreizstoffe enthält außerordentlich stark wirkende Reizstoffe für alle Schleimhäute, insbesondere die der oberen Atemwege. In geringem Maße üben sie auch Reizwirkungen auf die Haut und in höherer Konzentration Giftwirkungen aus.

Clark 1 (Diphenylarsinchlorid) und Clark 2 (Diphenylarsincyanid) sowie der Nachkriegskampfstoff Adamsit (Diphenylchlorarsin), die Hauptvertreter dieser Gruppe, gehören zu den Stoffen, die wegen ihrer geringen Flüchtigkeit in Dampfform nicht eingesetzt werden können. Sie müssen in Schwebstofform gebracht werden, um Kampfkraft zu erlangen. Die Blaukreuzstoffe des Weltkrieges wurden in Granaten mit starker Sprengladung verschossen (Gasbrisanzgeschosse). Sie können aber auch in Schweltöpfen, als Giftrauchkerzen oder –würfel zur Anwendung gebracht werden, was gewissermaßen eine Abwandlung des alten Blasverfahrens darstellt. Der Kampfstoff ist dabei entweder in eine Heizmasse eingebettet, die zur Entzündung gebracht wird; durch ihre Verbrennungswärme wird der Kampfstoff verdampft und so die Veranlassung zum Übergang in die Schwebstofform gegeben, oder er ist mit der Heizmasse vermischt und verschwelt gleichzeitig mit ihr. Auf diese Weise können solche Schwelkerzen auch durch Abwurf vom Flugzeug aus eingesetzt werden und dann längere Zeit hindurch am Boden durch ständige Nachlieferung an Kampfstoff eine hohe Reizstoffkonzentration in der Luft aufrecht erhalten.
Die Blaukreuzstoffe gehören zu den stärksten überhaupt bekannten Reizstoffen. Luft, die 1 mg dieser Stoffe oder noch weniger im Kubikmeter enthält, wirkt bereits nach einer Atemdauer von einer Minute unerträglich. Erst die mehr als tausendfache Menge würde in der gleichen Zeit vergiftend wirken.
Entfernt man sich nach kurz dauerndem Einatmen blaukreuzhaltiger Luft aus der Reizzone, so werden die Wirkungen in frischer Luft nicht sofort geringer, sondern steigern sich zunächst noch beträchtlich, um erst nach Überschreiten eines Höhepunktes, der je nach der eingeatmeten Menge nach 5, 10 oder 15 Minuten erreicht wird, langsam abzuklingen. Zu dem anfänglichen Nasen- und Rachenreiz gesellen sich starker Speichelfluss und erhebliche Absonderungen der Schleimhäute der Nase sowie häufig wiederkehrendes starkes Niesen. Heftige Hustenfälle treten hinzu, häufig auch Brechreiz oder Erbrechen. Atemnot stellt sich ein, verbunden mit Brustdruck, und ruft Angstgefühle hervor. Ein so schweres Krankheitsbild, aber diese “Nachwirkungen”, unter denen auch Kopfdruck und Ohrensausen, Zahn- und Kieferschmerzen noch zu nennen sind, in ihrer Gesamtheit auch darbieten, sie halten nur in Ausnahmefällen länger als eine halbe, höchstens zwei Stunden an, und nach ihrem Verschwinden ist das volle Wohlbefinden wieder da. Es ist notwendig, auf diese Dinge hinzuweisen, denn da die geschilderten Reizzustände bereits durch außerordentlich geringe Mengen mit der Atemluft in den Körper gelangende Mengen (weniger als 0,01 mg) hervorgerufen werden können, und da ihre Art den davon Befallenen zunächst an eine schwere Vergiftung glauben lässt, kann das Wissen um die verhältnismäßig geringe Gefährlichkeit der unangenehmen Blaukreuzwirkung unter Umständen eine Panik verhüten. Man überlege sich stets: Augentränen, Husten oder Niesen sind Abwehrreaktionen des Körpers, der dadurch gegen das Gas ankämpft und sein Eindringen zu verhindern sucht. Weit heimtückischer sind Gifte, deren Einatmen ohne solche natürlichen Widerstände möglich ist.

Die erstickenden Kampfstoffe sind Reizstoffe für die Augen, die tieferen Luftwege und die Lungen. Die oberen Atemwege werden nur in geringem Grade in Mitleidenschaft gezogen. Bemerkenswert ist ihre heftige Giftwirkung, die gegenüber der Reizwirkung stark in den Vordergrund rückt. Oft tritt nach scheinbarer Erholung von den Anfangsbeschwerden das eigentliche Krankheitsbild erst 4 – 6 Stunden oder noch später nach der Vergiftung auf (Latenzzeit). Schon sehr geringe Konzentrationen, die unter Umständen ohne große Reizstofferscheinungen eingeatmet werden können, führen bei längerer Einatmungsdauer zum Tode. Bei den Grünkreuzstoffen addieren sich die Wirkungen kleiner eingeatmeter Giftmengen und ergeben dadurch nach längerer Zeit das gleiche Ergebnis, als ob eine hohe Konzentration kurze Zeit eingewirkt hat.

An erster Stelle ist unter den Grünkreuzstoffen das Chlor zu nennen, das der Träger des historischen Blasangriffs bei Ypern am 22. April 1915 gewesen ist und zu dem ersten großen militärischen Erfolg der chemischen Waffe geführt hat.

Da ein wirksamer Schutz gegen das Chlor verhältnismäßig leicht zu erreichen ist, wird es in künftigen Kriegen als selbständiger Kampfstoff kaum mehr eine Rolle spielen. Allerdings soll in Amerika erwogen worden sein, es wegen seiner starken chemischen Reaktionsfähigkeit von Flugzeugen aus zur Zerstörung der Metallteile von Maschinen einzusetzen. Es würde sich in einem solchen Falle erstmalig um Verwendung von chemischen Kampfstoffen gegen Materialien handeln.

Eine wesentlich stärkere Bedeutung als das Chlor hat im Weltkriege das Phosgen erlangt. Es wurde zunächst als Beimischung zum Chlor in Blasangriffen verwendet, danach aber in umfangreichem Maße von den Franzosen in Granaten verschossen. In diesem Zusammenhang mag darauf hingewiesen werden, dass die Franzosen mit ihren Phosgengranaten ohne Brisanzwirkung eine klare Verletzung der einzigen völkerrechtlichen Bestimmung aus der Vorkriegszeit, die sich mit der Verwendung von Giften zu Kriegszwecken beschäftigte, begingen. Durch das Haager Abkommen vom Jahre 1899 sollte verhindert werden, dass in Kriegen Giftstoffe gegen feindliche Stellungen verschossen würden. Da jedoch bei jeder Gasexplosion Giftgase. (Kohlenoxyd u. a.) auftreten, wählte man für das beabsichtigte Verbot die Fassung, dass bei allen Artilleriegeschossen die Splitterwirkung stets die Giftwirkung übertreffen müsse. Die französischen Phosgengranaten enthielten jedoch nur so viel Sprengstoff, wie zum zerlegen der Geschoßhülse nötig war, um so viel Raum wie möglich für die Unterbringung des giftigen Phosgens zu gewinnen. Eine Splitterwirkung war praktisch überhaupt nicht vorhanden.

Phosgen ist eine Flüssigkeit, deren Siedepunkt bei etwa 8 Grad C liegt. Seine Reizwirkung ist, verglichen mit derjenigen der eigentlichen Reizstoffe, gering, doch trifft es nicht zu, wie vielfach behauptet wird, dass es völlig unbemerkt eingeatmet werden kann. Es besitzt einen charakteristischen, erstickenden Geruch, der häufig mit faulendem Obst oder modernen Heu verglichen wird. Auch Husten- und Tränenreiz wird bereits durch geringe Mengen bewirkt. Durch Wasser wird es zersetzt, wobei Salzsäure und Kohlensäure entstehen. Diesen Zersetzungsprodukten wurde bei der Entstehung des Lungenödems nach Phosgenvergiftungen lange Zeit hindurch eine wichtige Rolle zugeschrieben, doch wird diese so genannte “Salzsäuretheorie” heute fast überall abgelehnt.

Auf den Einsatz der französischen Phosgengranaten wurde von deutscher Seite mit der Verwendung von Perstoff geantwortet. Perstoff ist eine Flüssigkeit, die bei 127 Grad C siedet und etwa die gleichen Vergiftungserscheinungen wie das Phosgen verursacht. Seine Reizwirkung ist etwas stärker als die des Phosgens. Auch der Perstoff hat im Weltkriege umfangreiche Verwendung gefunden und sich als einer der wirksamsten chemischen Kampfstoffe erwiesen.

Als letzter Stoff der Grünkreuzgruppe ist das Chlorpikrin zu nennen, sein Deckname war Klop. Es ist gleichzeitig ein Tränenstoff und ein starkes Lungengift. Es wurde zuerst als Zusatz zum Chlor im Blasverfahren angewandt, später aber sowohl von den Alliierten als auch von den Zentralmächten in Granaten und Minen verschossen.

In der Gruppe der Hautgifte steht an erster Stelle das Lost, chemisch Dichlordiäthylsulfid. Die Franzosen nannten diesen Stoff Yperite (Yperit), die Engländer gaben ihm wegen seines an englischen Senf erinnernden Geruchs den Namen Mustard-Gas (Senfgas). Es ist eine in reinem Zustande farblose Flüssigkeit von schwachem, aromatischem, meerettich ähnlichem Geruch; der Siedepunkt liegt bei 216 Grad C, daher verdampft es bei gewöhnlicher Temperatur nur sehr langsam. Durch Wasser wird es allmählich in unwirksame Verbindungen übergeführt. Deshalb gibt der im Erdboden versickerte Stoff durch Verdampfung noch längere Zeit, oft tage- bis wochenlang, stark giftige Dämpfe an die Atmosphäre ab. Durch diese sich auf längere Zeit erstreckende Wirkungsmöglichkeit und die Tatsache, dass nicht nur durch Einatmung schädigende Wirkungen verursacht werden, sondern dass die Wirksamkeit sich auf die gesamte Körperoberfläche erstrecken kann, hat dieser Stoff im Weltkriege eine hervorragende Stellung eingenommen. Man bezeichnete ihn als den “König der Kampfstoffe”. Durch seine vielseitigen Eigenschaften erschwert er den Schutz außerordentlich, und zu seiner Bekämpfung sind daher besondere Maßnahmen erforderlich.

Reizwirkungen werden vom Lost praktisch nicht ausgeübt, Spritzer auf der Haut werden sogar völlig unbemerkt bleiben. Die eigentlichen Schäden, Rötung, Schwellung und Blasenbildung, woran sich dann schwer heilende, häufig stark eiternde Wunden anschließen, werden erst nach Stunden erkennbar. Während innerhalb der ersten 10 – 15 Minuten nach der Benetzung durch Behandlung mit Chlorkalkbrei das Auftreten weiterer Schäden verhindert werden kann, ist später nur noch durch sorgfältige ärztliche Behandlung ein günstiger Verlauf des stets sehr langwierigen Heilungsprozesses möglich.

Nur durch den Einsatz des Gelbkreuzkampfstoffes, der im Juli 1917 erfolgte, ist es möglich gewesen, zu verhindern, dass der Krieg auf deutsches Gebiet getragen wurde. Ja, es ist sogar von unseren früheren Gegnern offen ausgesprochen worden, dass der gleichzeitige Einsatz dieses Stoffes an der ganzen Front Kriegs entscheidend gewirkt haben würde.

Der Atemeinsatz der Gasmaske gewährt gegen die Dämpfe von Lost voll kommenden Schutz. Wesentlich schwieriger gestaltet sich jedoch der Schutz des Körpers gegen die Dämpfe und gegen flüssigen Lost. Dieser besitzt ein außerordentlich starkes Durchbringungsvermögen für Stoffe, Leder und sogar Gummi. Eine Schutzkleidung muss daher aus eigens für diesen Zweck hergestellten Stoffen gefertigt werden.

Der Lost ist vor seiner Anwendung durch Deutschland auch mehreren Generalstäben der damaligen Feindstaaten von den dortigen Chemikern zur Anwendung vorgeschlagen worden, wurde aber ablehnt, weil die Frage nach tödlicher Vergiftungsmöglichkeit, die in den Vordergrund gerückt wurde, nicht befriedigend beantwortet werden konnte, oder weil die sonst zu erwartenden Wirkungen nicht genügten. Es handelt sich übrigens auch beim Lost wie bei sämtlichen anderen Kampfstoffen, die im Weltkriege eine Rolle gespielt haben, um eine Verbindung, die seit Jahrzehnten bekannt war und deren Eigenschaften in der Literatur ausführlich beschrieben sind. Hergestellt wurde er erstmalig durch den Deutschen Niemann; seine eingehende Untersuchung und Beschreibung erfolgte durch den berühmten Chemiker Viktor Meyer.

In Amerika war gegen Ende des Krieges ein neuer Gelbkreuzkampfstoff entwickelt worden, das Chlorethylendichlorarsin, dem nach seinen “Entdecker” Lewis der Deckname Lewisit gegeben wurde. Tatsächlich ist dieser Anspruch auf Entdeckung nicht berechtigt, da dieser Stoff bereits während des Krieges im Jahre 1915 von deutschen Chemikern hergestellt und auf seine Eignung als Kampfstoff untersucht worden war. Man hatte auf amerikanischer Seite außerordentliche Hoffnungen auf diesen Stoff gesetzt und ihm in Erwartung besonders großer Erfolge den Namen “Tau des Todes” beigelegt.
Später ist man dann aber wohl auch in Amerika zu der Einsicht gelangt, dass die Wirklichkeit diesen Erwartungen nicht entfernt entsprochen haben würde und dass sie nicht an die des deutschen Gelbkreuzkampfstoffes heranreicht, denn Amerika versenkte einige Jahre nach dem Kriege seine gesamten Bestände an Lewisit im Stillen Ozean.

Im Gegensatz zu Lost macht sich Lewisit durch einen starken Geruch nach Geranienblättern sofort bemerkbar, bei Benetzung der Haut tritt ein sofortiger Reiz auf; die entstehenden Wunden sind weniger bösartig als die durch Lost verursachten und zeigen auch eine günstigere Heilungstendenz. Durch Wasser wird es schneller zerstört als Lost.

Auch der im Weltkrieg verwandte Kampfstoff Dick (Äthyldichlorasin) wird wegen seiner blasen ziehenden Wirkung der Gelbkreuzgruppe zugerechnet, obschon seine Hautwirkungen längst nicht an die der beiden anderen Gelbkreuzstoffe heranreichen. Im übrigen besitzt es Eigenschaften, die ähnlich starke Reize wie die Blaukreuzkampfstoffe verursachen und lang andauernde Nachwirkungen hervorrufen. Verschossen wurde Dick nur von Deutschland in Granaten.

Alle Gelbkreuzkampfstoffe sind schwere Zellgifte, insbesondere für Hautzellen, Kapillaren und Nerven. Sie bewirken außerdem mehr oder minder schwere Augenschädigungen und Sehstörungen; in schweren Fällen treten sogar Erblindungen auf. Bei der Einatmung bewirken sie eine entzündliche Reizung der oberen und tieferen Atemwege mit nachfolgenden Lungenerkrankungen.

Die in der letzten Gruppe zusammengefassten sonstigen schädlichen Stoffe sind vornehmlich Blut- und Nervengifte mit betäubender Wirkung, die – resorptiv wirkend – Funktionsstörungen des Blutkreislaufes und des Zentralnervensystems zur Folge haben und unter Umständen schon in geringen Konzentrationen tödliche Vergiftungen verursachen. Gelegentlich ist auch Reizwirkung vorhanden. Als Kampfstoffe des Weltkrieges sind aus dieser Gruppe lediglich die Blausäure und das Bromcyan zu nennen.

Es erscheint auf den ersten Blick nahe liegend, die Blausäure, eins der furchtbarsten Gifte, die wir kennen, als Kampfstoff zu verwenden. Aus dieser Erwägung heraus haben sich auch wohl die Franzosen zum Einsatz von Blausäure gegen unsere Truppen entschlossen, wie sie überhaupt bei der Auswahl ihrer Kampfstoffe stets die Forderung nach hoher Giftigkeit in den Vordergrund gestellt haben. Trotzdem der Blausäureeinsatz unter einem Aufwand außerordentlich großer Mengen erfolgte, blieb jedoch jede Wirkung aus. Verluste durch Blausäurevergiftung sind bei den deutschen Truppen überhaupt nicht beobachtet worden. Der Grund für dieses Versagen liegt einmal darin, dass Blausäuredämpfe leichter als Luft sind und deshalb im Freien schnell aufsteigen und sich dabei bis unter die Schädlingsgrenze verdünnen, zum anderen in der Art der Blausäurewirkung. Während es bei Stoffen wie Phosgen – wie bereits aufgeführt wurde – innerhalb weiter Grenzen gleichgültig ist, ob geringe Mengen längere Zeit hindurch oder große Mengen nur wenige Minuten lang eingeatmet werden, um den gleichen Vergiftungsgrad zu erzeugen, weil eine Summierung er Einzelwirkungen stattfindet, wird von der Blausäure bei jedem Atemzug ein bestimmter Teil im Körper entgiftet, d. h. in unschädliche Verbindungen überführt. Bleibt die in der Einatemluft enthaltene Blausäure unterhalb der entgiftbaren Menge, so kommt es theoretisch überhaupt nicht zu Vergiftungserscheinungen. Ein Zahlenbeispiel mag dies erläutern: Die tödliche Dosis der Blausäure beträgt zwischen 0,06 und 0,1 g; führt man aber dem Körper fortgesetzt sehr kleine Blausäuremengen zu, so kann er im Verlaufe von zwölf Stunden mehr als die zwanzigfache Menge – etwa 2 g – aufnehmen, ohne dass irgendwelche Vergiftungserscheinungen auftreten. Daraus folgt, dass zu einer Blausäurevergiftung stets eine Mindestkonzentration erreicht werden muss. Das ist beim Verschießen der französischen Blausäuregranaten nicht gelungen.

Ähnlich liegen übrigens die Verhältnisse beim Kohlenoxyd, das wegen seiner Nichtwahrnehmbarkeit und seiner bei gewöhnlicher Temperatur sehr großen Reaktionsfähigkeit sowie wegen des Umstandes, dass es durch die gewöhnlichen Gasmaskenfilter nicht zurückgehalten wird, auf den ersten Blick ein idealer Kampfstoff zu sein scheint. Auch dieser Stoff ist leichter als Luft und wird in geringen Konzentrationen vom Körper ohne Schädigung vertragen. Erst wenn der Gehalt der Luft mehr als 0,5 Vol.- 0/00 beträgt, besteht Vergiftungsgefahr. Eine solche Konzentration ist aber in größerem Umfange im Freien nicht erreichbar, und deshalb ist auch bisher in keinem Heere der Welt allgemein ein Kohlenoxydschutz der kämpfenden Truppe vorgesehen.

Das Bromcyan besitzt ähnliche Giftwirkungen wie die Blausäure, übt aber gleichzeitig starke Reizwirkungen auf Augen und Atmungsorgane aus. Es wurde während des Weltkrieges von den Österreichern verschossen, hat sich aber auf die Dauer als chemischer Kampfstoff nicht bewährt.

Oft wird die Möglichkeit erörtert, ob in einem künftigen Kriege mit der Anwendung neuer Kampfstoffe zu rechnen sein wird, und in gewissen Zeitabständen hören wir immer wieder von so genannten „Supergiften“, die die wirkungsvollsten Kampfstoffe des Weltkrieges weit übertreffen und jeden Schutz unmöglich machen sollen. Der nahe liegende Gedanke, die Wirkungsmöglichkeiten der chemischen Waffe über die im Weltkriege bereits erreichten weiter zu steigern, liegt in der Suche nach neuen Kampfstoffen von noch größerer Giftigkeit oder stärkerer Reizwirkung. Auf diesem Wege sind seit Kriegsende in zahlreichen Ländern außerordentliche Prüfungen chemischer Verbindungen vorgenommen worden. Zum Teil ging man dabei von den chemischen Kampfstoffen des Weltkrieges aus, indem man Verbindungen von ähnlichen chemischen Aufbau herstellte, wobei jedoch gewisse Elemente durch andere ersetzt wurden. Hier ist das Dibromdiäthylsuflid, der so genannte Bromlost, zu nennen, der sich von dem Lost des Weltkrieges dadurch unterscheidet, dass an die Stelle des Chlors im Molekühl Brom getreten ist. Im Selen- und Tellurlost ist der Schwefel des Lostes durch Selen oder Tellur ersetzt, und in entsprechender Weise hat man von zahlreichen anderen Kampfstoffen ähnliche Homologe hergestellt. Auf eine Betrachtung dieser Stoffe im einzelnen kann verzichtet werden, da sich unter den bekannt gewordenen Verbindungen keine befindet, der eine wirklich überragende Bedeutung zugesprochen werden könnte.

Daneben sind jedoch auch zahlreiche Stoffe mit neuartigen Wirkungen untersucht worden, denen oftmals Eigenschaften zugeschrieben wurden, die sie zur Erreichung militärischer Ziele geeignet machen würden. Wenn auch bisher weder unter den Stoffen mit betäubender Wirkung, deren Anwendung vorgeschlagen worden ist, noch unter den so genannten Labyrinthgasen Vertreter zu finden sind, die berufen scheinen, in künftigen Kriegen eine Rolle zu spielen, so ist andererseits doch die oft vertretene Ansicht, dass eine Weiterentwicklung über die Hauptstoffe der Blau-, Grün- und Gelbkreuzgruppe hinaus nicht möglich sei, gefährlich. Jeder Teil des menschlichen Körpers und jede körperliche Funktion kann durch chemische Reaktionen in empfindlicher Weise beeinflusst werden. Im übrigen werden täglich neue chemische Reaktionen hergestellt, zum Teil auf Gebieten, die seit Jahrzehnten intensiv bearbeitet werden. Es wäre daher sehr eigenartig, wenn es gelungen sein sollte, gerade das Gebiet der für die Kriegsführung geeigneten chemischen Verbindungen in der kurzen Zeitspanne, in der man sich im Weltkriege damit beschäftigt hat, in allen seinen Möglichkeiten restlos zu erschöpfen.

In außerordentlich erschwerender Weise wirkt sich auf die Erreichung militärischer Ziele durch chemische Verbindungen die Verbesserung des Gasschutzes aus. Bisher ist in dem Wettlauf zwischen Angriffs- und Schutzmitteln die Gasmaske Sieger geblieben, und ihr Schutzbereich ist sogar ein derartiger, dass es außerordentlich schwer erscheint, Möglichkeiten zu finden, die diesen Schutz zu erschüttern vermöchten.

So bietet die Suche nach neuen Maskenbrechern, d. h. nach Stoffen, die die Filtermassen der Gasmaskenfilter durchschlagen, praktisch nur sehr geringe Aussichten. Es sind zwar Stoffe bekannt, die hier für in Betracht kommen, doch stehen ihrer Anwendungsmöglichkeit entweder schwer zu überwindende Schwierigkeiten gegenüber, oder ihre pharmakologischen Eigenschaften – Giftigkeit und Reizwirkung – sind zu schwach. Hier mögen die Metallkohlenoxydverbindungen, die so genannten Carbonyle, als Beispiel erwähnt werden, sowie die Versuche, das Kohlenoxyd in anderer Weise, z. B. in verflüssigten Gasen gelöst, zum Einsatz bringen.

Wenn es somit kaum gelingen dürfte, die Gasmaske zu durchschlagen, so liegen doch noch gewisse andere Möglichkeiten vor, sie unbrauchbar zu machen. Zunächst besteht die theoretische Möglichkeit, die Aufnahmefähigkeit der Filtermasse durch irgendwelche in großen Mengen verfügbaren Stoffe wie Chlor oder ähnliche zu sättigen und dann sie mit hochwirksamen Stoffen, z. B. Phosgen, zu durchschlagen. Praktisch würde sich hier aber das Bild ergeben, dass zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes so ungeheure Mengen von den hierzu verwendeten Mitteln notwendig wären, dass die Durchführbarkeit als unmöglich bezeichnet werden kann. Schließlich hat man sich noch mit dem Gedanken beschäftigt, Mittel zu finden, die gewissermaßen eine Verstopfung des Filters herbeiführen, sie es, dass im Filter durch mit der Atemluft hineingelangende Verbindungen eine zusammenhängende undurchlässige Haut erzeugt wird, oder dass grobe Teilchen, wie Rußflocken, allmählich verstopfend wirken und dadurch den Atemwiderstand so erhöhen, dass ein Atmen durch derart veränderte Filter nicht mehr möglich sein würde. Auch in diesen theoretisch vorhandenen Möglichkeiten kann jedoch bisher eine wirkliche Bedrohung nicht erblickt werden, da die Schwierigkeiten, die der Erreichung dieses Zieles entgegenstehen, so groß sind, dass es sehr zweifelhaft erscheint, sie jemals überwinden zu können.

Die Hindernisse, die sich der Überwindung der Gasmaske entgegen stellen, haben dazu geführt, dass man nach Möglichkeiten gesucht hat, die Gasmaske gewissermaßen zu umgehen, also Teile des Körpers anzugreifen, die durch sie nicht geschützt werden. In dem wichtigsten sesshaften Kampfstoff des Weltkrieges, dem Lost, liegt bereits ein derartiger Stoff vor, doch besitzt er die für die Durchführung von Angriffshandlungen nachteilige Eigenschaft, keine sofortigen Wirkungen auszuüben. Hierfür würde ein Stoff von sofort blasen ziehender Eigenschaften besser geeignet sein. Ein solcher Stoff würde durch seien sofortige Reizwirkung auf die Haut ein damit beschossenes oder sonst wie belegtes Gelände sofort unbetretbar machen, während dies beim Lost und auch beim Lewisit nicht der Fall ist. Man hat Stoffe dieser Art hergestellt und sie als Nesselgase bezeichnet, doch kann ihr militärischer Wert bei dem gegenwärtigen Stande ihrer Entwicklung noch nicht als groß bezeichnet werden.

Zweifellos würden in künftigen Kriegen eine Reihe derjenigen Stoffe wieder zur Verwendung gelangen, die sich bereits im Weltkriege bewährt haben. Gewisse Überraschungen wären bei diesen Stoffen gegebenenfalls dadurch zu erwarten, dass es gelingen könnte, durch neuartige Anwendungsformen einen höheren Wirkungsgrad zu erreichen als im Weltkriege, wo stets nur ein Teil des Kampfstoffes für den eigentlichen Zweck nutzbar gemacht wurde, während ein mehr oder weniger großer Rest verloren ging. So wurden von den Blaukreuzstoffen im Weltkriege nur weniger als 5 % ausgenützt.
Zu den unmittelbaren Gasgefahren, die von einem Luftangreifer drohen, tritt noch eine andere Gruppe von Stoffen, die bereits im Frieden Gasschutzvorkehrungen bedingen und die im Kriege eine besondere Gefahrenquelle darstellen würden: das sind die so genannten Industriegase. Es ist bekannt, dass Deutschland eine ausgedehnte chemische Industrie besitzt, in der zahlreiche Stoffe erzeugt werden, die als Fertigfabrikate oder als Zwischenprodukte dienen, wegen ihrer aggressiven Eigenschaften aber gleichzeitig gefährliche Atemgifte darstellen. Wenn auf solche Industriewerke Spreng- oder Brandbomben fallen würden, so könnten durch deren Wirkungen diese Stoffe in Freiheit gesetzt werden und ihre Umgebung in hohem Maße gefährden. Hierbei können unter Umständen so hohe Giftkonzentrationen in der Luft entstehen, wie sie beim Einsatz von chemischen Kampfstoffen nicht auftreten werden. In solchen Fällen würden Sondermaßnahmen erforderlich werden, z. B. müssten gegebenenfalls in gewissem Umfange Sauerstoffschutzgeräte, Kohlenoxydfilter oder Spezialfilter gegen Industriegase zur Anwendung gelangen. Diese Sondermaßnahmen brauchten sich jedoch in allen Fällen nur auf die Gruppen von Helfern zu beschränken, die im Werke selbst an der Beseitigung der Gefahr zu arbeiten hätten. Sofern in der Umgebung des betreffenden Werkes eine Gasgefahr bestehen würde, würden die auch sonst im Luftschutz vorgesehenen Maßnahmen, gassichere Räume und S-Masken mit Atemfilter, als Sicherung ausreichen.

Unwiderleglich steht jedenfalls fest, dass man sich gegen chemische Kampfstoffe besser als gegen irgendein anderes Angriffsmittel schützen kann und dass somit bei sorgfältiger Vorbereitung der Schutzmaßnahmen und gründlicher Aufklärung aller Bevölkerungskreise aerochemische Angriffe weit weniger zu fürchten sind als die Spreng- und Brandbomben der Flugzeuge.


II. GasschutzAls im Weltkriege mit der Einführung der chemischen Waffe gleichzeitig die Forderung nach einem Schutz gegen sie auftrat, standen diejenigen, die diese Forderung zu erfüllen hatten, vor keiner leichten Aufgabe. Man musste einen Weg angeben, auf dem die Atemluft während des Einströmens in die Lungen soweit von ihren schädlichen Beimengungen befreit werden konnte, dass weder Vergiftungen noch auch nur Belästigungen durch die etwa verbleibenden Reste bewirkt wurden. Von der Schwierigkeit der Aufgabe erhält man ein Bild, wenn man bedenkt, dass die Luft mit beträchtlicher Geschwindigkeit in den Körper einströmt (ein halber Liter in etwa 2 Sekunden) und wenn man sich die außerordentliche Giftigkeit und Reizwirkung der chemischen Kampfstoffe vor Augen hält. So genügt vom Phosgen schon eine eingeatmete Menge von wenig mehr als 1/100 g, mitunter wird sie sogar noch darunter angegeben, um eine tödliche Vergiftung zu bewirken, und von dem Blaukreuzkampfstoff Clark II reicht bereits die unvorstellbar kleine Menge von 1/100 mg aus, um mit Sicherheit so starke Reizwirkungen auszulösen, dass völlige Kampfunfähigkeit eintritt.

Für die Reinigung der Atemluft kamen daher nur außerordentlich schnell und vollständig ablaufende Reaktionen in Betracht. Dass diese schwierige Aufgabe nicht nur überhaupt gelöst wurde, sondern dass es gelang, die berechtigten Schutzforderungen der Truppe in kürzester Zeit zu erfüllen, wird für alle Zeiten ein Ruhmesblatt der deutschen Wissenschaft bleiben, wobei neben dem Chemiker aber auch der Ingenieur genannt werden muss, der die zahlreichen technischen Schwierigkeiten meisterte, die zu überwinden waren. Auch die verschiedenen Zweige der Industrie, die zusammenwirken, um dem Heere die Geräte in die Hand zu geben, deren es für seine Millionen von Kämpfern bedurfte, haben einen berechtigten Anteil an der erfolgreichen Lösung der Aufgabe.


Die Arten der Gasschutzgeräte.

Als die geeigneten Mittel für den Zweck, die Atemluft zu reinigen, erwiesen sich Filtergeräte, in denen zwei verschiedenartige Grundsätze zur Anwendung gelangten: Absorptionsvorgänge und besondere Absorptionsreaktionen.
Als ein hochwirksames Absorptionsmittel bewährte sich die so genannte aktive Kohle, die wegen dieser Eigenschaft als Füllstoff für Atemeinsätze an erster Stelle steht. Diese Kohle, die bei nicht zu geringer Härte eine sehr große Oberflächenausbildung besitzen muss, wird nach verschiedenen Verfahren aus Holz, Kokosnussschalen, Obstkernen, Knochen und anderen Rohstoffen gewonnen.

Für den Ablauf von Absorptionsreaktionen in Atemfiltern benutzte man Chemikalienlösungen, die von körnigen Trägersubstanzen aufgesaugt waren. Hierzu wurden granulierter Bimskies (Schwemmstein) und Diatomit, ein künstliches Kieselgurprodukt, benutzt. Auch die Kohle diente in manchen Fällen als Saugmittel, z. B. für Pottaschelösung, mit der Chlor und stärke Säuredämpfe absorbiert wurden. Die Beseitigung des Phosgens fällt bei den Atemfiltern im wesentlichen der aktiven Kohle zu. Von dieser nicht gebundene geringe Reste wurden in der so genannten Mundschicht chemisch durch Hexamethylentetramin (Urotropin) abgefangen.

Während die Reinigung der Atemluft von den im Weltkriege verwandten chemischen Kampfstoffen einschließlich der Blausäure in der geschilderten Weise mit befriedigendem Erfolg gelang, bereitete die Bindung des Kohlenoxyds, das bei der Marine in geschlossenen Räumen häufig eine Gefahrenquelle bildete, außerordentliche Schwierigkeiten. Da geeignete Reaktionen zur Beseitigung dieses Gases bei gewöhnlicher Temperatur nicht bekannt sind, kam man bald auf den Gedanken, Katalysatoren heranzuziehen. Allerdings gelang es während des Krieges nicht mehr in zufrieden stellender Weise, diesen Gedanken zu verwirklichen. Der im Kriege benutze Marineeinsatz kann nur als eine behelfsmäßige Lösung bezeichnet werden. In ihm sollte die Verbrennung von Kohlenoxyd zu Kohlensäure durch Silberpermanganat bewirkt werden. Ein besseres Schutzgerät gegen Kohlenoxyd besaßen die Franzosen in ihrem „Appareil D. Z.“, in dem die Oxydation des Kohlenoxyds durch Jodpentoxyd erreicht wurde. Ein wirklich brauchbares und leistungsfähiges Gerät ist jedoch erst in der Nachkriegszeit von den Amerikanern hergestellt worden. Als Katalysator wird dabei eine Metalloxydmischung benutzt, die den Namen Hopcalite führt, da sie durch die gemeinsamen Forschungsarbeiten der John Hopkins- und der California Universität gefunden wurde. Dieser Katalysator wird auch in deutschen Kohlenoxydschutzgeräten benutzt. Nun verliert aber die Katalysatormasse durch gewisse Einflüsse ihre Fähigkeit, die chemische Umsetzung des Kohlenoxyds zu Kohlensäure zu bewirken, insbesondere durch Luftfeuchtigkeit. Da das Kohlenoxyd weder einen Geruch besitzt noch irgendwelche Reizwirkungen ausübt, musste eine besondere Vorrichtung geschaffen werden, die die Erschöpfung des Gerätes anzeigt. Das wurde dadurch erreicht, dass man in das Gerät eine Schicht von Calciumcarbid, aus dem bereits durch Spuren von Wasserdampf das stark riechende Azetylen entwickelt wird, hineingebracht hat.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass infolge der in der Nachkriegszeit gefundenen Möglichkeit eines jederzeit verwendungsbereiten sicheren Schutzes gegen Kohlenoxyd eine Einführung dieses Stoffes als Gaskampfmittel äußerst unwahrscheinlich geworden ist.

In den Atemfiltern werden aktive Kohle und getränkter Bims oder Diatomit möglichst gleichmäßig gelagert und gepresst so untergebracht, dass auch bei Fall oder Schütteln der Filter eine Verschiebung der Füllstoffe, die zu Rissen in der Schicht führen könnte, nicht eintritt.

Alle Gasfiltermassen besitzen eine verhältnismäßig grobporige Struktur und weisen zwischen den einzelnen Körnern Zwischenräume von 0,1 bis 1 mm auf. Wichtig ist dabei vor allem, dass der Atemwiderstand, d. h. der von der Atemluft beim Durchstreichen des Filters zu überwindende Strömungswiderstand innerhalb bestimmter Grenzen bleibt. Wenn Ventilatmung benutzt wird, wie sie in den für Luftschutzzwecke gebrauchten Masken vorgesehen ist, beträgt die zulässige Höchstgrenze des Atemswiderstandes bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 30 l Luft in der Minute 24 mm Wassersäule.

Besondere Schwierigkeiten bereitete lange Zeit die Zurückhaltung von der Atemluft beigefügten Schwebstoffen, die bekanntlich im Gaskampf eine bedeutsame Rolle gespielt haben. Die bisher geschilderten Filtermöglichkeiten erweisen sich gegenüber den Teilchen von Kampfstoffen in Schwebstofform als nahezu wirkungslos. Trotz der millionenfach größeren Masse der Schwebstoffteilchen gegenüber den Gas- oder Dampfmolekülen werden sie von der aktiven Kohle nicht festgehalten. Die Ursache für diese auffallende Tatsache liegt wahrscheinlich darin, dass Gasteilchen infolge ihrer lebhaften Eigenbewegung heftig auf die Wandungen der Kohlekörper aufprallen, wo sie durch Adhäsion haften bleiben, wogegen die Nebelteilchen nur eine sehr viel langsamere so genannte Brownsche Bewegung ausführen und so durch die Kanäle zwischen den Kohlkörpern gewissermaßen hindurch taumeln ohne festgehalten zu werden.

In der Praxis bewährt haben sich Nebelfilter aus Baumwoll- oder anderen Fasern, die durch ihren Bau eine längere Berührung der schwebstoffhaltigen Luft mit dem Fasermaterial gewährleisten, sie es, dass sie eine gewisse Dichte und stark verästelte Poren besitzen, sie es, dass durch große Oberflächenausbildung die Strömungsgeschwindigkeit beim passieren des Filters wesentlich herabgesetzt wird.
Nur der Vollständigkeit halber sei auch das Cottrel-Verfahren erwähnt, bei dem die Teilchen durch Erzeugung eines elektrischen Kraftfeldes aus der Atemluft durch Anziehungskräfte entfernt und niedergeschlagen werden. Bekannt ist das Verfahren aus seiner praktischen Erfahrung zur Staubabscheidung, wofür es sich als geeignet bewährt hat. Möglicherweise könnte es auch bei der Belüftung von Sammelschutzräumen einmal eine Rolle spielen. Für die Atemfilter von Gasmasken lässt sich bisher jedoch ein gangbarer Weg zu seiner Benutzung nicht erkennen.

Alle Filtergeräte, die auf den bisher beschriebenen Wegen die Luft von schädlichen Beimengen befreien, sind in ihrer Anwendbarkeit dadurch beschränkt, dass sie nur solange brauchbar sind, als die Luft nach der Reinigung noch den für die Unterhaltung der Atmung erforderlichen Sauerstoffgehalt von wenigstens 15 % besitzt. Praktisch kann Luft mit geringerem Sauerstoffgehalt im Freien nur unter ganz besonderen Umständen vorübergehend auftreten, und auch in geschlossenen Räumen ist Sauerstoffmangel viel seltener als gewöhnlich angenommen wird.

In allen Fällen, wo mit Sauerstoffmangel, Kohlensäureüberschuss oder sehr starken Gasanreicherungen zu rechnen ist, würde die Benutzung eines Filtergerätes unter Umständen Gefahren für den Träger mit sich bringen, so dass man zu anderen Wegen der Luftversorgung schreiten muss.

Man greift in diesen Fällen zu Geräten, die den Träger von der ihn umgebenden Luft unabhängig machen. Hierhin gehören in erster Linie die so genannten Sauerstoffschutzgeräte. Von den verschiedenen Arten soll hier nur das gebräuchlichste kurz beschrieben werden. Der für die Atmung benötigte Sauerstoff wird in dem Gerät einer kleinen Stahlflasche, die in komprimiertem Zustande einen Sauerstoffvorrat für 1 – 2 Stunden Gebrauchsdauer enthält, entnommen. Da bei der Einatmung nur ein kleiner Teil des dargebotenen Sauerstoffs verbraucht wird, lässt man die ausgeatmete Luft nicht ins Freie entweichen, sondern entfernt lediglich die schädliche Kohlensäure und führt sie dann nach Ergänzung des Sauerstoffs wieder den Atmungsorganen zu. Es findet also ein vollständig geschlossener Kreislauf statt.

Zu den verschiedenen Typen, die für die Bedürfnisse der industriellen Praxis und des Feuerlöschdienstes im Laufe der Jahre entwickelt worden sind und sich dort vielfach bewährt haben, ist in neuester Zeit der Heeresatmer

Getreten. Er ist als Einheits-Sauerstoffschutzgerät für den deutschen zivilen Luftschutz bestimmt worden und wird darüber hinaus künftig auf behördliche Anordnung auch an anderen Stellen, wo Sauerstoffschutzgeräte für die Friedensarbeit gebraucht werden, die bisher dort gebrauchten Geräte anderer Bauart ersetzen.

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Heeresatmer

Der Heeresatmer ist in mehrjähriger Gemeinschaftsarbeit behördlicher Stellen und der Gasschutzindustrie unter Ausnutzung aller vorliegenden Erfahrungen entwickelt worden. Er ist ein vollständig gekapseltes, an Riemen auf dem Rücken zu tragendes und durch einen Leibgurt Körper festgehaltenes Kreislaufgerät mit Seitenschläuchen, das seinem Träger mindestens einstündiges Arbeiten in erstickend wirkenden Gasen oder in Luft mit beliebig hohem Gehalt an giftigen Gasen ermöglicht.

Der durch einen neuartigen Federzug-Verschluss und ein Scharnier gehaltene Deckel ist abnehmbar, das ganze Gehäuse so ausgebildet und versteift, dass das Gerät eine große Festigkeit besitzt und ausreichend Widerstand auch gegen starke Beanspruchungen bei Stoß und Belastung bietet. Nachstehend sind die wichtigsten Abmessungen und das Gewicht des Geräts zusammengestellt:

Größte Dichte 16 cm
Größte Breite 37 cm
größte Länge 46 cm
Gewicht 11,8 kg.

In dem geöffneten Gehäuse sieht man in liegender Anordnung die 1-Liter-Sauerstofflasche mit gekröpften Ventil, darüber den 6 Liter fassenden Atembeutel aus beiderseitig gummierten Stoff und oben die Alkalipatrone. Rechts liegt das Sauerstoff-Verteilungsstück mit den Sauerstoff-Dosierungseinrichtungen und dem durch Fingerdruck zu betätigen Zuschussknopf, links befindet sich der Ventilkasten mit dem Warnsignal.

Der Heeresatmer besitzt Sauerstoff-Doppeldosierung. Neben der fest eingestellten konstanten Dosierung von 1,5 Liter in der Minute kann ein bei schwerer Arbeit vorhandener Mehrbedarf an Sauerstoff durch die lungenautomatische Zusatzdosierung gedeckt werden.

Das Warnsignal ist ein Hupenton, der bei geschlossener Sauerstofflasche oder bei völliger Erschöpfung des Sauerstoffvorrats ertönt. Es darf deshalb nicht als ein Rückzugssignal angesehen werden. Während der Arbeit muss der Sauerstoffvorrat an dem am linken Schulterriemen angebrachten abklappbaren Druckmesser überwacht werden. Die für den Rückweg von der Rettungsarbeit benötigte Sauerstoffmenge richtet sich natürlich nach der Länge des in gefährlichen Gasen zurückzulegenden Weges. Bei den in zivilen Luftschutz zu erwartenden Verhältnissen wird nur mit kurzen Rückwegen gerechnet zu werden brauchen. Der Rückzug braucht daher erst angetreten zu werden, wenn der Flaschendruck auf etwa 20 at (Anfangsdruck 150 at) gesunken ist.

Neuartig beim Heeresatmer ist die unmittelbare Zuführung des konstanten Sauerstoffstroms durch eine starre Zwischenleitung in die Einatemkammer des Ventilkastens. Hierdurch wird eine Herabsetzung der Temperatur der aus dem Atembeutel bei der Einatmung zuströmenden Luft erreicht. Im übrigen entspricht die Wirkungsweise des Heeresatmers hinsichtlich der Sauerstoffergänzung aus der Vorratsflasche, der Befreiung der Ausatemluft von Kohlensäure und Wasserdampf und der Luftführung derjenigen anderer bekannter Geräte, so dass sich ein Eingehen darauf erübrigt.

Zum Anschluss des Heeresatmers *) an die Atemwege wird die Sauerstoffmaske benutzt, deren Einatemventil vorher entfernt und deren Ausatemventil durch ein Verschlussstück, das jedem Heeresatmer bei gegeben wird, dicht gesetzt werden muss.

Beim Anlegen des Heeresatmers soll der Geräteträger grundsätzlich die nachstehenden Prüfungen vornehmen:

1.Ablesen des Sauerstoffvorrats am Druckmesser (Anfangsfüllstand 150 at),
2.Zukneifen der beiden Atemschläuche und einatmen: Bei dichten Sitz wird das Stoffstück des Maskenkörpers gegen das Gesicht gesaugt;
3.Schließen des Flaschenventils und einatmen, bis das Warnsignal ertönt, dann Ventil öffnen: das Warnsignal muss sofort verstummen.

Nach dem Gebrauch muss das Gerät gereinigt, gegebenenfalls desinfiziert, und sofort wieder gebrauchsfertig gemacht werden. Durch Einzelprüfungen sind die Dichtigkeit des Geräts, die richtige Einstellung der konstanten Dosierung sowie das einwandfreie Arbeiten der lungenautomatischen Dosierung und des Überdruckventils des Atembeutels festzustellen.

Die lungenautomatischen (Sauerstoff-) Behandlungsgeräte LAB. 4 und LAB. 4S
Werden bei der ersten Hilfeleistung sowie auch (nach ärztlicher Anordnung) bei der weiteren Behandlung Gaskranker gebraucht. Die vorhandenen Geräte wurden so weiterentwickelt, dass zwei Typen nebeneinander zugelassen werden konnten. Diese stimmen in ihren Bauelementen weitgehend überein und sind auch in den konstruktiv voneinander abweichenden Einzelteilen – soweit ein Ersatz derselben im Gebrauch praktisch in Betracht kommt – so ausgeführt, dass sie Gegeneinander ohne weiteres ausgetauscht werden können.

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Die Typen LAB. 4 und LAB. 4 S unterscheiden sich dadurch, dass in dem Aufbewahrungskasten des LAB. 4 S eine Sauerstofflasche 7 Liter Inhalt (entsprechend einem Sauerstoffvorrat von 1050 Liter bei 150 at) mitgeführt werden kann, während der LAB. 4 zum Anschluss an größere Standflaschen – also zum ortsfesten Gebrauch – bestimmt ist. Beide Geräte besitzen vier Atemstellen, können aber auch Verwendung finden, wenn nur ein, zwei oder drei Kranke mit Sauerstoff zu versorgen sind. Eine Sauerstoffverschwendung tritt dabei nicht ein, da es sich um lungenautomatische Geräte handelt, bei denen der Lungenautomat ohne ein weiteres Druckminderventil den Hochdruck unmittelbar steuert; die zufließende Sauerstoffmenge wird durch die Atemtätigkeit des Kranken geregelt.

Von geringerer Bedeutung sind die so genannten Frischluftgeräte, bei denen den Atmenden reine Luft durch einen entsprechend langen Schlauch zugeführt wird. Es liegt auf der Hand, dass von diesen Geräten nur in Sonderfällen Gebrauch gemacht werden kann.

Das nachstehende Schema veranschaulicht in übersichtlicher Weise die verschiedenen Arten der Luftversorgung durch Atemschutzgeräte.

Filtergeräte sind offene Geräte, da der Träger in Verbindung mit der ihn umgebenen Luft steht und diese nach Reinigung durch den Filter zur Atmung benutzt.

Sauerstoffschutzgeräte sind geschlossene Geräte, die ihren Träger von der ihn umgebenden Luft unabhängig machen.

Filtergeräte und Sauerstoffgeräte sind frei tragbar, d. h. die Bewegungsfreiheit ihres Trägers ist nicht eingeschränkt.

Frischluftgeräte sind offen, da der Träger reine atmosphärische Luft zur Atmung zugeführt erhält. Dagegen ist die Bewegungsfreiheit des Atmenden durch die Länge des Luftzuführungsschlauches begrenzt.

Wenn bisher nur von dem Atemfilter gesprochen wurde, dem die Aufgabe zufällt, die schädlichen Beimengungen der Luft zurückhalten, muss nunmehr darauf hingewiesen werden, dass auch die Maske, durch die der Filter an die Atemwege angeschlossen wird, ein nicht minder wichtiger Teil des Gasschutzgeräts ist. Auch sie muss einer Reihe von wichtigen Forderungen entsprechen.

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Der Gesichtsteil der Gasmaske muss bei jeder Tätigkeit ihres Trägers und bei beliebig langer Tragedauer gasdicht am Gesicht sitzen und darf auch bei heftigen Bewegungen des Kopfes und bei ungewöhnlichen Körperlagen nicht verrutschen. Sie muss mehrere Stunden getragen werden können, ohne dass ihr Träger durch zu festen Sitz oder Druck einzelner Teile belästigt wird und Kopfschmerzen bekommt. Der raum zwischen dem Maskenkörper und dem Gesicht muss so klein wie möglich sein, da er als Totraum wirkt. Bei der Ausatmung füllt er sich nämlich mit der etwa 4 % Kohlensäure enthaltenden Ausatemluft, von der ein Teil beim nächsten Atemzuge wieder mit eingeatmet werden muss. Ist infolge großen Totraums dieser Anteil beträchtlich, so findet dadurch eine merkliche Erschwerung der Atmung statt.

Von dem Gesichtsteil der Maske muss verlangt werden, dass möglichst eine einzige Größe für alle Benutzer ausreicht. Da im zivilen Luftschutz indessen Maskenträger der verschiedensten Lebensalter, Männer, Frauen und Jugendliche vorhanden sind, kann man mit einer einzigen Größe nicht auskommen. Denn wenn durch Verstellung der Kopfbänder auch schließlich eine Normalmaske auf einen sehr kleinen oder sehr großen Kopf gasdicht aufgesetzt werden kann, so wird in einem solchen Falle die Stellung der Augengläser nicht richtig sein. Durch die Maske soll aber der Träger möglichst wenig in der freien Sicht nach allen Seiten behindert werden.

Die Augenscheiben der Maske müssen aus nicht splitterndem und wärmebeständigem Material bestehen. Sie sollen die Sehschärfe nicht beeinträchtigen und dürfen auch bei niedriger Außentemperatur

Nicht beschlagen. Dass die für die Herstellung der Maske verwendeten Werkstoffe besonders hohen Anforderungen gerecht werden müssen, damit die Lebensdauer des Gasschutzgerätes eine möglichst große ist, soll gleichfalls nicht unerwähnt bleiben.

Es ist klar, dass ein Gerät, von dessen sicherer Funktion das Leben seines Trägers abhängt, mit aller nur erdenklichen Sorgfalt hergestellt werden muss. Nur wenn der Maskenträger das unbedingte Vertrauen haben kann, dass sein Schutzgerät unter allen Umständen zuverlässig ist, wird er bei seiner Arbeit die Gasgefahr als nicht mehr vorhanden betrachten und seine ganze Aufmerksamkeit seiner verantwortungsvollen Tätigkeit zuwenden können.

Die Erfüllung so hoher Ansprüche erfordert Spitzenleistungen der Geräte bauenden Industrie, die nur auf Grund langjähriger Sondererfahrungen erwartet werden können. Jeder, auch der kleinste Einzelteil muss vor seiner Verarbeitung einer sorgfältigen Prüfung auf Geeignetheit unterworfen werden, und in jeder Fertigungsstufe des Maskenaufbaus müssen immer wieder neue Prüfungen stattfinden.


Die Sauerstoffmaske

Im Laufe der Jahre sind eine so große Zahl verschiedener Maskentypen und dazugehöriger Atemfilter entstanden, dass die Wahl des richtigen Gerätes auch für den Fachmann nicht leicht war. Für denjenigen, der keine besondere Maskenkenntnis besaß, war die richtige Wahl nahezu unmöglich. Es erwies sich daher als notwendig, besondere Mindestanforderungen aufzustellen, denen ein Gasschutzgerät entsprechen muss, das für die Verwendung im zivilen Luftschutz bestimmt ist. Nur so konnte eine Gewähr dafür geschaffen werden, dass alle für Luftschutzzwecke beschafften Gasmaskenausrüstungen im Bedarfsfalle auch wirklich den erwarteten Schutz bieten werden. Darüber hinaus musste durch Festlegung von Normen dafür gesorgt werden, dass auch die Gasmaskenteile verschiedener Erzeugungsstätten zueinander passen. Aus solchen Erwägungen heraus wurden durch das Reichsluftfahrtministerium Richtlinien für die Zulassung von Gasmaskentypen für die im zivilen Luftschutz tätigen Angehörigen des Sicherheits- und Hilfsdienstes, des Werkluftschutzes und der Selbstschutzkräfte aufgestellt. Für die Ausrüstung der Angehörigen dieser Gruppen werden nur solche Gasschutzgeräte zugelassen, die den erwähnten Mindestanforderungen entsprechen. Als erste Gasmaske ist die Sauerstoff-Maske zugelassen und für die Ausrüstung der gesamten Luftschutzkräfte bestimmt worden.

Die Sauerstoffmaske besteht aus dem Maskenkörper, dem Atemfilter, das sowohl gegen gas- oder dampfförmige Kampfstoffe als auch gegen solche in Schwebstofform Schutz bietet, und der Tragbüchse.

Für den Maskenkörper wird ein Mehrschichtenstoff verwandt. An der Außenseite dieses Stoffes befindet sich ein sehr widerstandsfähiger Zeltstoff, darunter liegt ein Gummi, dann folgt ein dünnerer Perkalstoff, woran sich schließlich eine zweite dünne Gummischicht anschließt. Die glatte Innenschicht ermöglicht eine bequeme Reinigung des Maskeninneren durch Auswischen. Die Dichtigkeit der Maske wird durch eine etwaige Verletzung der inneren Gummischicht nicht beeinträchtigt, da die eigentliche gassichere Gummischicht durch die beiden Stofflagen vor Beschädigungen geschützt ist. Die an der Maske vorhandenen Nähte sind durch aufvulkanisierte Gummistreifen gedichtet.

Der Dichtrahmen der Maske, der die Abdichtung am Gesicht längs der über Stirn, Schläfen, Wangen und unter dem Kinn verlaufenden Dichtungslinie vermittelt, besteht aus weichem Velourleder, das sich der Haut geschmeidig anlegt.

Die Kopfbänder sind aus Gurtband hergestellt, in welches in Schlauchbänder eingenähte Spiralen aus nicht rostendem Stahl eingefügt sind, wodurch den Bändern die notwendige Elastizität verliehen wird.
Durch verstellbare Schnallen kann die Bänderung jeder Kopfform weites gehend angepasst werden. Bei einer richtig angepassten Maske legen sich die Bänder dem Kopf deutlich fühlbar an, üben aber auch bei längerem Tragen der Maske keinen lästigen Druck aus. Das Schläfenband führt etwa waagerecht in Verlängerung des Stirnrahmens um den Hinterkopf; die drei Stirnbänder, von denen besonders das mittlere nicht zu locker sitzen darf, üben einen gleichmäßigen Zug nach oben aus. Das Nackenband, das durch die Nackenbandschlaufe, die ein hoch rutschen des Kopfbandgestelles verhindert, gezogen wird, wird auf schwachen Zug so eingestellt, dass der Kopf nach allen Richtungen hin bewegt werden kann, ohne dass ein lästiger Druck auf Nacken oder Kehlkopf entsteht. Es verhindert, dass die Maske vom Gesicht abgerissen werden kann. Das Tragband dient dazu, die Maske umgehängt vor der Brust in Bereitschaft tragen zu können.

Die in der Maske befindliche verstellbare Kinnstütze sorgt dafür, dass das Kinn genügend tief in die Maske hereinragt, ohne dass der untere Maskenrand gegen den Kehlkopf drückt.

Die Augenscheiben der Sauerstoffmaske bestehen aus Acetylcellulose (Cellon) und sind gegen Beschlagen durch Klarscheiben geschützt. Diese werden durch einen Sprengring gegen die Augenscheiben gedrückt und können sehr leicht und schnell ausgewechselt werden. Zum Auswechseln beschädigter Augenscheiben lassen sich die Augenringe mit Hilfe eines besonderen Schlüssels ausschrauben.

In den unteren Teil des Maskenkörpers ist das Anschlussstück eingefügt. Es enthält ein genormtes Rundgewinde zum Anschluss des Atemfilters und darunter das Ausatemventil. Bei diesem wird ein Glimmerplättchen mit Hilfe einer Feder aus nicht rostendem Stahl gegen das Ventil gedrückt. In der Längsachse des Rundgewebes – dem Gesicht zugekehrt – befindet sich das aus einem Gummiplättchen bestehende Einatemventil.

ChemKampfTab0502Die Atmung unter der Sauerstoffmaske ist also eine Zweiwegatmung: Die Einatmung erfolgt durch den Filter, während die Ausatemluft durch das Ausatemventil ins Freie entweicht. Dadurch dass das Ausatemventil unmittelbar vor dem Munde liegt, wird erreicht, dass es auch bei großer Kälte nicht einfriert. Seine Lage an der tiefsten Stelle der Maske ermöglicht das abfließen des sich in der Maske ansammelnden Niederschlagwassers. Dieses kann also nicht in den Filter gelangen, wodurch dessen Wirksamkeit herabgesetzt würde.

Der Sauerstofffilter ist ein Dreischichtenfilter, das aus Schwebstoffschicht, Kohleschicht und Mundschicht besteht. Es schützt gegen alle chemischen Kampfstoffe, gleichgültig in welcher Form diese in der Luft enthalten sind. Dagegen bietet es keinen Schutz gegen Kohlenoxyd und darf deshalb auch nicht als Schutz gegen Leuchtgas, Generatorgas oder andere kohlenoxydhaltige Gase benutzt werden.

Soll die Sauerstoffmaske in Verbindung mit einem Sauerstoffschutzgerät getragen werden, so muss das Ausatemventil durch ein besonders leicht anzubringendes Verschlussstück verschlossen und das Einatemventil entfernt werden. Das Verschlussstück wird künftig allen für den Gebaruch im Luftschutz bestimmten Sauerstoffschutzgeräten beigegeben werden.

Die Tragbüchse für die Sauerstoffmaske besteht aus Blech und ermöglicht durch ein Tragband die bequeme Mitführung der gebrauchsfertigen Maske. An der Unterseite des Deckels befindet sich ein Behälter, in dem Ersatzklarscheiben aufbewahrt werden können.

Für die Lagerung der Sauerstoffmaske ist die Tragbüchse nicht bestimmt. Die Maske soll, soweit nicht besondere Lagereinrichtungen für eine größere Anzahl von Masken vorhanden sind, in einem Karton, Schrank oder dergleichen, gegen Staub und grelles Licht geschützt, unter Benutzung eines Maskenspanners aufbewahrt werden. Der Atemfilter wird ausgeschraubt und besonders aufbewahrt.

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Die deutsche Volksgasmaske.

Am 5. Juni 1937 verkündete der Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe Generaloberst Göring bei dem Generalamtsträgerappell des Reichsluftschutzbundes die Schaffung der deutschen Volksgasmaske. Damit ist eine Frage zur Entscheidung gebracht worden, die immer wieder erörtert und deren Notwendigkeit ebenso oft begründet wie geleugnet worden ist. Die Sauerstoffmaske hat in den vier Jahren, in denen sie nunmehr an vielen Stellen in der praktischen Luftschutzarbeit erprobt worden ist, gezeigt, dass sie allen Anforderungen genügt, die berechtigterweise an sie gestellt werden können; darüber hinaus hat sie sich auch bereits eine Reihe von Anwendungsgebieten außerhalb des Luftschutzes erobert. An ihre Seite tritt nunmehr die Volksgasmaske.

Die Forderungen, die von der Volksgasmaske erfüllt werden müssen, sind schwere. Sie lauten:

1.Der durch die Gasmaske gebotene Schutz muss gegen die bekannten chemischen Kampfstoffe in den Konzentrationen, die praktisch in Betracht kommen, ein unbedingt verlässlicher sein. Eine „Beruhigungsmaske“, die der Bevölkerung aus „psychologischen „ Gründen gegeben wird, deren tatsächlicher Schutz jedoch unzureichend ist, kommt für Deutschland nicht in Frage.

2.Die Verpassungsmöglichkeit muss sehr leicht und außerordentlich weitgehend sein, denn der gasdichte Sitz der Maske muss auch ohne umständliches Verpassen gewährleistet sein, und außerdem soll sie sowohl dem ABC-Schützen als auch dem Erwachsenen verpasst werden können.

3.Das Tragen der Volksgasmaske muss jedem möglich sein – auch ohne besondere Ausbildung und Übung, damit sowohl Kinder als auch alte Leute sich ihrer bedienen können.

4.Der Preis der Maske muss trotz Herstellung aus hochwertigen Rohstoffen, die eine lange Lebensdauer erwarten lassen, so niedrig sein, dass jeder Volksgenosse sie erwerben kann.

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Die Fertigung der Volksgasmaske macht über 200 verschiedene Arbeitsgänge und Prüfungen notwendig.

Die Volksgasmaske „VM:37“ besteht aus einem haubenförmigen elastischen Gummistück mit Augenfenstern, Anschlussstück für den Filtereinsatz, einem Aus- und Einatemventil. Ein Kopfband mit Knöpfen ermöglicht verschiedene Einstellmöglichkeiten für unterschiedliche Kopfgrößen. Der Gesichtsteil des Maskenkörpers enthält eine Gewebeeinlage und ist im übrigen so ausgebildet, dass er sich der Gesichtsform gut anpasst. Dadurch wird neben gutem Sitz und gefälligem Aussehen erreicht, dass der Totraum unter der Maske, der sich erschwerend auf die Atmung auswirkt, auf ein Mindestmaß herabgesetzt wird.

Die Augenfenster bestehen, wie bei der Sauerstoffmaske, aus Cellon (Acetyhlcellulose) und tragen zur Erhaltung der Durchsicht Klarscheiben, die ein Beschlagen durch Atemfeuchtigkeit auch bei stundenlangem Tragen verhindern. Letztere werden durch einen neuartigen Sprengring fest gegen die Augenscheiben gedrückt.

Die Atmung unter der Volksgasmaske ist eine Zweigwegatmung. Das Einatemventil besteht, wie bei der Sauerstoffmaske, aus einem Gummiplättchen, während das Ausatemventil sich von dem der Sauerstoffmaske unterscheidet: Es ist ein so genanntes Bunsen-Ventil: zwei aufeinander liegende, an den Rändern zum Teil miteinander verbundene Gummiflächen ermöglichen das Durchströmen von Luft, sobald sie von der Innenseite der Maske her etwas aufgeblasen werden, ein Vorgang, der sich bei der Ausatmung mühelos abspielt. Dagegen kann von außen her Luft bei der Einatmung nicht einströmen, weil durch den hierbei entstehenden Druckunterschied zwischen der Luft im Maskeninneren und der Außenluft die Gummiflächen fest aufeinander gepresst werden.

Der Filtereinsatz „V.M-Filter“ unterscheidet sich vom Sauerstofffilter durch seinen größeren Querschnitt und seine geringe Höhe. Durch diese Formgebung konnte der Atemwiderstand besonders niedrig gehalten werden, ohne dass die Schutzleistung gegen gas- oder schwebstoffartige Kampfstoffe geringer zu sein braucht als bei anderen Filtereinsätzen mit höherem Atemwiderstand. Hierauf musste ganz besonders Gewicht gelegt werden, denn der frühere vielfach vertretene Grundsatz, dass eine Volksgasmaske nicht gegen ebenso hohe Konzentrationen von Gift- oder Reizstoffen zu schützen brauche wie die Masken für „aktive“ Luftschutzkräfte, muss als unhaltbar bezeichnet werden. Die chemischen Kampfstoffe kennen keine Unterschiede zwischen einem „Aktiven“ und „Inaktiven“. Die Schutzleistung des Filters muss, was die Höhe der Kampfstoffkonzentration anbelangt, in beiden Fällen die gleiche sein. Lediglich hinsichtlich der mengenmäßigen Aufnahmefähigkeit dürfen Unterschiede vorhanden sein, denn der Volksgenosse, der im Schutzraum das Ende eines Luftangriffes abwartet und dort womöglich infolge Undichtwerdens der Gassicherung des Raumes von Kampfstoffen betroffen wird oder der auf seinem Wege zum Schutzraum in Gasschwaden gerät, hat ganz andere Möglichkeiten, sich der gashaltigen Atmosphäre zu entziehen, als der Mann des Sicherheits- oder Hilfsdienstes, der seine Tätigkeit in kampfhaltiger Luft fortsetzen muss. Trotz aller dieser Gesichtspunkte wurde der Filter der Volksgasmaske so gestaltet, dass er auch einen mehrere Stunden langen Aufenthalt in gashaltiger Luft ermöglicht.

Der Maskenkörper wird in drei Größen hergestellt, einer Männer-, einer Frauen- und einer Kindergröße (Bezeichnungen: M, F oder K). Tausende von Verpassungsversuchen, die bereits stattgefunden haben, zeigten, dass mit diesen drei Größen unter Ausnutzung der durch das Kopfband gegebenen Möglichkeiten bei jeder Kopfform und Kopfgröße ein sicheres Verpassen möglich ist. Jede einzelne Maske wird während der Fabrikation einer großen Reihe von Prüfungen unterzogen. Darüber hinaus werden durch Abnahmebeamte des Heeres bei den Herstellerfirmen nach besonderen Vorschriften nach laufend Prüfungen durchgeführt. Die fertig gestellten Masken und Filter dürfen das Werk erst dann verlassen, wenn der Abnahmebeamte durch Aufdrücken des Dienststempels bescheinigt hat, dass sie allen gestellten Forderungen voll entsprechen.

Die deutsche Volksgasmaske ist da, und sie wird neben der Sauerstoffmaske den Einzelschutz aller Volksgenossen gegen chemische Kampfstoffe gewährleisten. Dass sie in keiner Weise im Widerspruch zu der nach wie vor bestehenden Forderung des Schutzraumbaus steht und dass sie diesen nicht ersetzen kann und soll, dies sei nochmals in aller Deutlichkeit hier zum Ausdruck gebracht.


III. Entgiftung

In den Ausführungen über die chemischen Kampfstoffe ist zum Ausdruck gebracht worden, dass die Furcht vor Gasangriffen aus der Luft nur so lange begründet ist, als unrichtige Vorstellungen über die Größe der Gefahr und das Fehlen von Abwehrmaßnahmen die Vorbedingungen für das Gelingen solcher Angriffe zu schaffen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der einzelne in eine Gaswolke von todbringender Dichte gerät, ist überaus gering. Zwar trägt der Wind die Wolke von ihrem Entstehungsort über weite Entfernungen hinweg, aber er verdünnt sie zugleich fortgesetzt, und er verbreitet sie in der genannten Weise auch nur dann, wenn er nur geringe Stärke besitzt; ein heftiger Wind zerreißt die Wolke und macht sie in kürzester Frist unschädlich. Das alles ist natürlich dem Angreifer bekannt, er weiß, dass die Zahl der Opfer auch unter für sein Vorhaben günstigen Bedingungen gering sein wird, gemessen an den ungeheuren Aufwand an Material. Wenn er trotzdem gut zur Verwendung von Gas schreitet, so tut er das nicht in der Absicht, möglichst viele Zivilisten zu töten – Tote sind stumm -, sondern um Wirtschaft und Verkehr zu stören und unter den Lebenden Panikstimmung zu erregen, um sie dadurch gefügig zu machen zu einem Frieden um jeden Preis.

Die sesshaften Kampfstoffe vom Gelbkreuztyp sind als Panikerreger weniger zu fürchten als die der Luft beigemengten flüchtigen Kampfstoffe, obschon sie in ihren Auswirkungen weitaus gefährlicher sind. Bei ihrer Entdeckung und Bekämpfung ist jedoch der Luftangriff selbst vorbei, und eine gewisse Beruhigung der Bevölkerung ist wieder eingetreten.

Bei der Durchführung der Entgiftungsarbeiten ist zu unterscheiden zwischen der Entgiftung des Luftraumes, die unter Umständen durch flüchtige und sesshafte Kampfstoffe notwendig wird, und der Entgiftung des Geländes, für die fast ausschließlich sesshafte Kampfstoffe in Betracht kommen.

Kampfstoffe, die mit der Luftbewegung abziehen, werden auch bei Windstille nur kurze Wirkungsdauer besitzen. Man bezeichnet sie daher als flüchtige Kampfstoffe, worunter in diesem Falle nicht die Flüchtigkeit des Stoffes selbst, sondern sein Verhalten nach seiner Überführung in den Luftraum zu verstehen ist. Hierhin gehören in erster Linie die Reizstoffe und die Stoffe der Grünkreuzgruppe.

Dagegen wirken die Kampfstoffe der Gelbkreuzgruppe als Geländekampfstoffe vor allem dadurch, dass sie mit irgendwelchen Teilen der Haut mittelbar oder unmittelbar in Berührung kommen. Der durch Verdunstung entstehende Gehalt der Luft an Kampfstoffdämpfen, der gleichzeitig vorhanden ist, bewirkt Schädigungen der Haut und der Atemwege erst bei längerem Aufenthalt in der vergifteten Atmosphäre.

Aus dem Gesagten geht hervor, dass ein besonderes Entgiften bei flüchtigen Kampfstoffen im allgemeinen nicht erforderlich ist. Nur unter besonderen Verhältnissen wird man zu Entgiftungsmaßnahmen schreiten müssen, so z.B. dann, wenn sich in Innenhöfen oder an anderen Stellen Gasschwaben festgesetzt haben und es an ausreichender natürlicher Luftbewegung fehlt.

In solchen Fällen wird man versuchen müssen, die fehlende Luftbewegung künstlich zu erzeugen, z. B. durch Loderfeuer aus leicht brennbaren Materialien. Ein chemisches Bekämpfen durch Versprühen von Chemikalienlösungen wird nur in seltenen Fällen nötig werden und braucht deshalb an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden. Mitunter wird sich ein Niederschlagen durch Wasserschleier erreichen lassen.

Sind dagegen Stoffe vom Gelbkreuztyp, wie Lost und Lewisit, bei Luftangriffen eingesetzt worden, so wird stets eine Entgiftung erforderlich, da die Zerstörung dieser sesshaften Kampfstoffe durch die natürlichen Entgiftungsfaktoren Sonne, Wind und Regen zu lange Zeit dauern würde. Bei der Beseitigung dieser Stoffe gelangen zwei Grundsätze zur Anwendung, einmal die mechanische Entfernung und zweitens die chemische Umwandlung in unschädliche Stoffe. Für den ersten Teil kommt als wichtigstes Hilfsmittel das Wasser in Betracht. Zwar wirkt auch das Wasser allmählich zerstörend auf diese Stoffe ein, seine Hauptaufgabe besteht jedoch bei der praktischen Entgiftung darin, sie wegzuschwemmen, nachdem sie mit Chlorkalk oder anderen Entgiftungsmitteln, notfalls auch mit Sand oder Erde, vermischt worden sind. Eine Mischung des Wassers mit den flüssigen Gelbkreuzstoffen findet wegen der sehr geringen Wasserlöslichkeit dieser Stoffe nicht statt. Diese versickern daher in feuchtem Boden schwerer als in trockenem.

Sind größere Flächen mit Kampfstoffen bespritzt worden, wie es beim Abregnen von Lost leicht der Fall sein könnte, so stellen sich der Entgiftung außerordentliche Schwierigkeiten entgegen. Abgesehen davon dass, die Behandlung eines großen Platzes oder ganzer Straßenzüge und Häuserfronten in der geschilderten Weise außerordentlich zeitraubend wäre, müssten derartige Mengen von Chlorkalk aufgewendet werden, dass dadurch die vorhandenen Vorräte schnell erschöpft werden könnten. Man rechnet für 1 qm zu entgiftende Fläche eine Chlorkalkmenge von 200 bis 200 g, d . h. für eine Fläche von 100 Meter im Geviert würden rund 2,5 Tonnen Chlorkalk gebraucht werden. Aus diesem Grund wird man sich bei so umfangreichen Vergiftungen, besonders dann, wenn nur beschränkte Chlorkalkmengen zur Verfügung stehen oder wenn der Gesamtumfang der etwa sonst noch vorzunehmenden Entgiftungsarbeiten noch nicht übersehen werden kann, auf eine Teilentgiftung beschränken müssen. Das gilt vor allem auch dann ,wenn die Ergänzung verbrauchter Bestände nicht völlig einwandfrei sichergestellt ist. Man wird bei einer derartigen Lage das gefährdete Gebiet in seiner ganzen Ausdehnung absperren und lediglich Übergänge für den notwendigsten Verkehr schaffen. Das übrige Gebiet, dessen sofortige Entgiftung nicht möglich ist, wird ausgiebig mit Wasser besprengt und wenn möglich mit Sand oder Asche bestreut werden; auch ein Umgraben kann in Betracht gezogen werden. Je nach dem Grad der Belegung und der Witterung kann es nach einiger Zeit – oft bereits am nächsten Tage – ohne weitere Entgiftung freigeben werden.

Für die Reinigung von Kleidungsstücken und anderen Textilwaren, die mit Kampfstoffen in Berührung gekommen sind, kommen je nach der Stoffart verschiedene Verfahren in Betracht. Wäsche und andere Gegenstände, die gekocht werden können, werden unter Verwendung von Soda und Seife unter mehrfacher Erneuerung des Wassers 1 bis 2 Stunden lang gekocht. In allen anderen Fällen ist die Temperatur bei der Entgiftung stets so hoch zu steigern, wie es ohne Schädigung der Stoffe möglich ist. Zusätze von Soda, Seifenpulver, Ammoniumcarbonat oder Ammoniak (Salmiakgeist) zum Waschwasser beschleunigen den Entgiftungsvorgang und wirken z. B. neutralisierend auf die bei der Entgiftung entstehende Salzsäure.

Waschmaschinen mit drehbaren Trommeln sind bei mehrmaligen Wasserwechsel gut geeignet für eine derartige Waschentgiftung.

Wo Wasserdampf zur Verfügung steht, ist durch Dampfbehandlung eine schnelle Entgiftung zu erreichen. Hierbei ist zu beachten, dass die bei der Zersetzung von Lost durch Wasser entstehende Salzsäure die Fasern der Stoffe angreift, und es ist daher zur Neutralisation der Säure stets gleichzeitig Ammoniak in geeigneter Weise anzuwenden.

Die bei de Entgiftung auftretenden Wasserdämpfe können noch unzersetzten Lost enthalten und müssen daher durch gut ziehende Schornsteine abgesaugt werden. Gegebenfalls kann man sie auch in einem Behälter mit dünnen Chlorkalkbrei leiten, wo der etwa noch vorhandene Lost durch Chlorkalk vernichtet wird.

Das Auslaugen lostbespritzter Kleidungsstücke mit Lösungsmitteln, wie Tetrachlorkohlenstoff, ist im allgemeinen nicht zu empfehlen, da es zu einer vollständigen Entfernung des Kampfstoffes wiederholt werden müsste.

Eine Entgiftung von Kleidungsstücken usw., im Freien durch die Einwirkung von Sonne, Wind und Regen ist zwar möglich, nimmt aber selbst unter günstigen Bedingungen zu lange Zeit in Anspruch. Auch durch fließendes Wasser ist erst nach verhältnismäßig langer Zeit ein Entgiftungserfolg zu erreichen.

In allen Fällen ist nach beendeter Entgiftung sorgfältiges Entlüften der Bekleidungsstücke usw. sowie völliges Trocknen notwendig.

Metallteile und Gegenstände aus Leder oder anderen Rohstoffen werden, soweit sie nicht durch mehrfaches Übergießen mit kochendem Wasser gereinigt werden können, am zweckmäßigsten durch Behandlung mit Flüssigkeiten, die die Kampfstoffe herauslösen, wieder gebrauchsfähig gemacht. Bei diesem Verfahren werden die Kampfstoffe jedoch nicht zerstört; das abfließende Lösungsmittel, das nunmehr selber giftig geworden ist, muss daher in geeigneter Weise vernichtet werden.

Bei Temperaturen, die in der Nähe des Nullpunktes oder darunter liegen, erstarrt Lost und kann dann, da er fest auf seiner Unterlage haftet, nicht in der gewöhnlichen Weise entfernt werden. Am einfachsten wird es in den meisten Fällen sein, den gefrorenen Boden durch Viehsalz aufzutauen und dann die Entgiftung wie üblich mit Chlorkalk vorzunehmen.

Stehen heißes Wasser oder Dampf zur Verfügung, so kommt unter Umständen auch eine Behandlung des Bodens durch Übergießen mit heißem Wasser oder durch den Dampfstrahl in Betracht.

Für besonders empfindliche Gegenstände, die weder eine Behandlung mit heißem oder kaltem Wasser, mit Chlorkalk oder auch mit Lösungsmitteln vertragen, kommt als schonendste Art der Entgiftung Behandlung mit warmer Luft in Betracht. Das Überleiten von Luft muss so lange fortgesetzt werden, bis kein Kampfstoffgeruch mehr wahrzunehmen ist. Die Temperatur der Luft darf dabei natürlich nicht so hoch gesteigert werden, dass eine Schädigung des zu entgiftenden Gegenstands durch die Erwärmung eintritt.

Von den Angehörigen der Entgiftungstrupps müssen bei ihrer Arbeit selbstverständlich Gasmasken und Gasanzüge getragen werden. Für die Stoffe dieser Anzüge sind vom Reichsluftfahrtministerium Mindestanforderungen festgelegt worden, durch deren Erfüllung gewährleistet ist, dass die Stoffe allen Beanspruchungen genügen, denen sie in der Praxis ausgesetzt sein werden. Die Anzüge müssen nach einem Einheitsschnitt gefertigt werden, so dass also auch hier wie bei der Sauerstoffmaske, dem Heeresatmer und der Volksgasmaske die Einheitlichkeit der Ausrüstung gewährleistet und damit auch die Ausbildung wesentlich erleichtert ist. Das tragen dieser Anzüge stellt erhebliche körperliche Beanspruchungen an die Entgiftungsmannschaften, doch ist durch praktische Versuche festgestellt worden, dass die Leistungsfähigkeit der Träger von Gasanzügen wesentlich größer ist, als vielfach angenommen worden ist. Da es überdies auch gelungen ist, das Gewicht der Stoffe herabzusetzen, ohne dass da durch die Ansprüche an die mechanische Festigkeit oder der Schutz gegen Lost herabgesetzt zu werden brauchten, ist eine bemerkenswerte Verringerung des Anzuggewichts erreicht worden, die sich in außerordentlich günstiger Weise für die Träger von Gasanzügen auswirkt. Das Ablegen des Gasanzuges muss besonders geübt werden, damit nicht Teile des eigenen Körpers dabei mit der Außenseite der gebrauchten Anzüge in Berührung kommen. Für die Entgiftung der Gasbekleidung gelten besondere Vorschriften.

Je länger die Unterbrechung des Wirtschaftslebens und damit der Ausfall an Produktion durch die Verwendung von chemischen Kampfstoffen, zu deren Beseitigung umfangreiche Entgiftungsarbeiten erforderlich sind, dauern, um so größer ist der Erfolg des Luftangriffs gewesen. Je schneller aber andererseits durch die Arbeit der Entgiftungstrupps die Kampfstoffe unschädlich gemacht wurden, um so weniger hat sich deren Einsatz gelohnt. Das Ziel, der chemischen Waffe ihre Schrecken zu nehmen und auch die in ihr liegenden Möglichkeiten zur Störung von Wirtschaft und Verkehr zu verringern, wird somit nicht zuletzt von den Ausbildungsstande der Angehörigen des Entgiftungsdienstes und von der Aufopferung, mit der sie ihre schwere Arbeit verrichten, abhängen. Praktische Übungen, die sich nicht auf das Streuen von Chlorkalk beschränken dürfen, sondern im Kleinen wie im Großen sich immer neue Ziele setzen müssen, sind dazu erforderlich: Im Kleinen in der Pflege des Gerätes und in der Erlangung immer größerer Fertigkeit und Schnelligkeit in seiner Handhabung, im Großen im zusammenarbeiten mit den anderen Trupps und in der Erkennung der Erfordernisse der jeweiligen Gesamtlage.


AnhangIn Deutschland wurden die chemischen Waffen nach Farben eingeteilt. Diese Einteilung wird immer noch in vielen Literaturstellen gefunden:

Weißkreuz
Nicht tödlich wirkende Reizgase, Reizung der oberen Atemwege. Wirkung klingt ab, wenn der betreffende in frische, unverseuchte Luft kommt. Werden heute bei zivilen Polizeiaktionen eingesetzt (Tränengas).

Bromverbindungen / Chloracetophenon / Bromessigester

Adamsit
Stärkstes bekanntes Weißkreuzgas. Gelblicher, rasch verdunstender Stoff. Binnen weniger Minuten starker Hustenreiz und heftige Kopfschmerzen, Krämpfe, Lungenschmerzen,
Übelkeit, Brechreiz. In der Luft nur etwa 10 Minuten stabil, Nachwirkungen können aber tagelang andauern.

Grünkreuz

Gelangt über Atemwege in den Körper. Reizen Schleimhäute und greifen Gewebe der Lungenbläschen an. Bewirkt eine vermehrte Flüssigkeitsabscheidung der betroffenen Zellen (Lungenödem). Schleimmengen beeinträchtigen Sauerstoffaustausch, Zellenschädigung durch überstarken Wasserentzug, Tod durch Kombination aus Ersticken und Austrocknung. Betroffene bekommen gelbliche Hautfarbe. Geringe Dosen sind nicht tödlich, führen aber immer zu bleibenden Schäden.

Chlorpikrin
Chlorgas gilt als überholt. Charakteristisch grüne Farbe, typischer Geruch. Wesentlich schwerer als Luft. Lungenbläschen schwellen zu schwammiger Masse an, verhindert Gasaustausch, Erstickungstod.

Phosgene
Diphosgen: klare, rasch verdunstende Flüssigkeit, charakteristischer Geruch nach frisch geschnittenem Gras
Karbonylchlorid

·Blaukreuz

·Blockieren Sauerstofftransport im Blut. Moleküle lagern sich anstatt der Sauerstoffmoleküle in das Hämoglobin ein, unterbrechen damit Sauerstoffzufuhr und Kohlendioxidabtransport. Physiologisches Ersticken. Betroffene Personen atmen zwar, aber kein Sauerstoff gelangt zu den Körperzellen. Die Schädigung ist irreversibel, selbst Frischluftzufuhr garantiert kein Überleben.
·
Arsine
Arsenderivate, Knoblauchgeruch Greift außerdem Leber, Nieren und auch Blutstrom an. Wirkung kann bis zu zehn Tagen nach Kontakt eintreten.

Cyanchloride / Cyanide / Kohlenmonoxide

Gelbkreuz
·Auch bekannt als „Bläschengas“. Verursachen Bläschen, Verbrennungen und tiefe, schwerheilende Verätzungen. Tiefgreifende Gewebeschädigungen. Verhindern Zellteilung, zerstören die natürlichen Abwehrfunktionen der Haut. Schwere Entstellungen.
Senfgas
·farblos, intensiver Knoblauchgeruch. Bei industrieller Großproduktion eher gelblich. Außerordentlich beständig, können Gebiete über mehrere Tage hinweg verseuchen.

Lewisit
·Charakteristisch muffiger Geruch, verursacht außerdem Lungenödeme und Lungenentzündungen. Fast immer tödlich.

Nervengase
·Bräunliche, fast durchsichtige Flüssigkeiten. Aufnahme kann durch die Haut erfolgen. Führen innerhalb weniger Minuten, bei hoher Konzentration sofort zum Tod. Nervengase blockieren das Enzym Acetylcholinesterase. Dadurch verlieren die Nervenbahnen die Fähigkeit Informationen von einem Teil des Körpers zum anderen zu senden, ganze Systemfunktionen geraten in Unordnung. Atemlähmung, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Muskelkrämpfe

Tabun
Cyan-Dimethhyl-Aminoethoxyphosphinoxid, 1937 entwickelt

Sarin
Fluor-Isopropoxymethylphosphinoxid, unbeständig. 0,1 mg tötet ein Kind, 0,75 mg sind für Erwachsene tödlich.

Soman
Fluor-Methylpinacyclooxyphosphioxid, beständig, gefährlichstes Nervengas überhaupt, Geringste Konzentrationen sind tödlich. Betroffene kollabieren binnen Sekunden, unkontrollierbare Zuckungen, kürzeste Zeit bis zum Tod.


Anhang KampfstoffeEin Einsatz von chemischen Kampfstoffen gegen Streitkräfte der Industrienationen ist mittlerweile eher unwahrscheinlich geworden. Der Grund dafür liegt zum einen darin, dass die Schutzmöglichkeiten für deren Soldaten so effektiv geworden sind, dass ein derartiger Einsatz kaum zu taktischen oder gar strategischen Vorteilen führen würde. Zum Zweiten müssten die für einen derartigen Einsatz verantwortlichen Politiker und Militärs mit schwersten Sanktionen nach einer Niederlage und möglicher Gefangenschaft zu rechnen haben. Auch ein massiver und vernichtender militärischer Einsatz gegen das Land, das derartige Waffen einsetzt, wären die Folgen. Dennoch ist der Einsatz von chemischen Kampfstoffen auch gegen gut ausgerüstete Armeen nie völlig auszuschließen, und sei es die letzte Verzweiflungstat eines vor einer Niederlage stehenden Gewaltherrschers.
Anders ist der Einsatz gegen Streitkräfte aus Entwicklungsländern zu werten, da diese weder über die erforderlichen Kenntnisse noch über die erforderliche Schutzausrüstung und Nachweisgeräte verfügen. Der letzte Einsatz von Giftgasen in einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Staaten fand übrigens in den Jahren 1984 bis 1988 ( Kriegsbeginn 1980) im Iran-Irak-Krieg, mit vielen Tausenden von Toten allein durch die chemischen Kampfstoffe, statt.
Die meisten chemischen Kampfstoffe werden als binäre Waffen verwendet. Hier werden zwei chemische und relativ ungefährliche Komponenten getrennt gelagert. Erst die Kombination von zwei Sprengkörpern mit Kampfmitteln setzt die gefährliche Ladung als Kampfmittel frei.


Adamsit(Andere Bezeichnungen DM, 10-Chlor-5,10-Dihydrophenarsazin oder Diphenylaminchlorsilan) ist ein Chemischer Kampfstoff.

Die Arsenhaltige organische Verbindung mit der Summenformel HN-(C6H4)2-AsCl bildet gelbe, giftige Kristalle, die haut- und atemwegsreizend sind. Die Verbindung wurde 1915 von dem deutschen Chemiker Heinrich Otto Wieland und 1918 vom amerikanischen Kollegen Roger Adams unabhängig voneinander entwickelt. Die Wirkung ist vergleichbar mit CS. Es war daher im Ersten Weltkrieg als Maskenbrecher beim so genannten Buntschießen vorgesehen, wurde aber im Gegensatz zu den verwandten Stoffen Clark I und Clark II nicht eingesetzt, obwohl mehrere Kriegsparteien größere Mengen davon produziert hatten. Zuletzt wurde es in den 60ern im Vietnamkrieg eingesetzt.


BromacetonWeitere Namen: B-Stoff, 1-Brompropanon, Tränengas

Molekulargewicht: 136,98

Physikalische Eigenschaften: Es handelt sich um eine stark stechend riechende farblose Flüssigkeit. Sie ist gut in organischem Lösungsmittel zu lösen.

Schmelzpunkt:- 54°C / Siedepunkt:136°C / Wasserlöslichkeit:Kaum

Aufnahme: Der Stoff wird über die Schleimhäute, die Augen und die Atmung auf den Körper einwirken.

Symptome: Schon sehr starke Verdünnungen von Bromaceton lösen eine Reizung der Augenschleimhäute aus. Bei höheren Konzentrationen kommt es zu Verätzungen der Schleimhäute und der Atemwege bis hin zum toxischen Lungenödem. Es ist ein starkes Brennen der Augen, verstärkter Tränenfluss, Lidkrämpfe und Atemnot mit Zyanose zu erkennen.

Maßnahmen: In geschlossenen Räumen ist für eine gute Lüftung zu sorgen. Betroffene Augen sind zu anästhesieren und ausgiebig, z.B. mit Isogutt zu spülen. Vor der Augenspülung sind eingelegte Kontaktlinsen zu entfernen. Betroffene Kleidung ist sofort zu entfernen. Kontaminierte Haut ist mit Polyethylenglykol 400, oder falls dies leider nicht vorhanden ist, gründlich mit Wasser und Seife zu reinigen. Die Dekontamination sollte so schnell als möglich erfolgen, um eine Kontaktdermatitis zu verhindern. Falls die Patienten stärkeren Konzentrationen oder länger den Tränengasen ausgesetzt waren, ist eine Lungenödemprophylaxe durch die inhalative und parenterale Gabe von Kortikoiden vorzunehmen. Bei einem toxischen Lungenödem sind die parenterale Gabe von Kortikoiden, Furosemid (z.B. Lasix®) und die PEEP-Beatmung erforderlich.

Dekontamination: Eine Dekontamination soll nur unter schwerem Atemschutz vorgenommen werden. Es ist auf die Verhinderung einer Staubentwicklung, z.B. durch Anfeuchten, zu achten.


BBCWeitere Namen: CA, Brombenzylcyanid

Molekulargewicht: 196,05

Physikalische Eigenschaften: Der Stoff ist ein weißes bis rosafarbenes Pulver in Form von Kristallen. Der Stoff riecht nach Frucht. Beim Erhitzen kann nur in Extremfällen Blausäure freigesetzt werden. Die Substanz lässt sich gut in organischen Lösungsmitteln lösen.

Schmelzpunkt:25,4°C / Siedepunkt:247°C / Wasserlöslichkeit:nicht löslich

Aufnahme: Der Stoff wird über die Schleimhäute, die Augen und die Atmung auf den Körper einwirken.

Pathophysiologie: Die Pathophysiologie ist nicht bekannt.

Symptome: Ab einer Konzentration von 10 mg/m³ kommt es zu einem starken Brennen, Kratzen und Stechen im Hals, in der Nase und an den Augen. Zusätzlich wird ein starker Tränen- und Speichelfluss ausgelöst. Rötungen der Haut, Ödeme und Atemnot sind weitere Zeichen. Auch auf der Haut, vor allem an Verletzungen, wie z.B. Schürfwunden, ist ein stark stechender Schmerz festzustellen. Es kann auch zu Übelkeit und Erbrechen kommen.

Schon ab einer Menge von 15 ng/mm wird ein Augenbrennen bis hin zur „Kampfunfähigkeit“ erreicht. Dies wird mit einer 0,05 %igen Konzentration des Stoffes in den Treibmitteln mit einer Sprühdauer von zwei Sekunden aus drei Metern Entfernung erreicht. Bei steigenden Konzentrationen tritt eine schmerzhafte Bindehautreizung, Tränenfluss und ein wieder abschwellender Lidkrampf auf. Bei der Anwendung aus kurzer Entfernung sind Trübungen der Hornhaut und Korneaepithel-Defekte beschrieben worden. Zusätzlich können Verletzungen durch den Einsatz der Sprengkörper, etc. auftreten. Eine Abgrenzung zwischen mechanischen Verletzungen und den toxischen Einwirkungen ist oft schwierig. Bei Anwendungen in geschlossenen Räumen sind oft Pneumonien, Bronchitiden und toxische Lungenödeme aufgetreten. Diese zuletzt genannten schweren Komplikationen treten teilweise erst nach Tagen auf. Es sind einige Todesfälle bekannt.


BrommethylethyletherWeitere Namen: Bn-Stoff, 1-Brombutanon-(2), Brommethyl-ethylketon, Bromessigsäuremethylester.

Molekulargewicht: 151

Physikalische Eigenschaften: Es handelt sich um eine farblose, stechend riechende Flüssigkeit.

Siedepunkt: 146 °C

Aufnahme: Der Stoff wird über die Schleimhäute, die Augen und die Atmung auf den Körper einwirken.

Pathophysiologie: Die Pathophysiologie ist nicht bekannt.

Symptome: Schon geringe Konzentrationen führen zu einem starken Brennen, Kratzen und Stechen im Hals, in der Nase und an den Augen. Zusätzlich wird ein starker Tränen- und Speichelfluss ausgelöst. Rötungen der Haut, Ödeme und Atemnot sind weitere Zeichen. Auch auf der Haut, vor allem an Verletzungen, wie z.B. Schürfwunden, ist ein stark stechender Schmerz festzustellen. Es kann auch zu Übelkeit und Erbrechen kommen. Durch die Reizung der Augen wird oft ein Augenreiben ausgelöst, dass die Beschwerden verstärkt. Bei steigenden Konzentrationen tritt eine schmerzhafte Bindehautreizung, Tränenfluss und ein wieder abschwellender Lidkrampf auf. Bei der Anwendung aus kurzer Entfernung sind Trübungen der Hornhaut und Korneaepithel-Defekte beschrieben worden. Zusätzlich können Verletzungen durch den Einsatz der Sprengkörper, etc. auftreten. Eine Abgrenzung zwischen mechanischen Verletzungen und den toxischen Einwirkungen ist oft schwierig. Bei Anwendungen in geschlossenen Räumen sind oft Pneumonien, Bronchitiden und toxische Lungenödeme aufgetreten. Diese zuletzt genannten schweren Komplikationen treten teilweise erst nach Tagen auf. Es sind einige Todesfälle bekannt.

Maßnahmen: In geschlossenen Räumen ist für eine gute Lüftung zu sorgen. Betroffene Augen sind zu anästhesieren und ausgiebig, z.B. mit Isogutt zu spülen. Vor der Augenspülung sind eingelegte Kontaktlinsen zu entfernen. Betroffene Kleidung ist sofort zu entfernen. Kontaminierte Haut ist mit Polyethylenglykol 400, oder falls dies leider nicht vorhanden ist, gründlich mit Wasser und Seife zu reinigen. Die Dekontamination sollte so schnell als möglich erfolgen, um eine Kontaktdermatitis zu verhindern. Falls die Patienten stärkeren Konzentrationen oder länger den Tränengasen ausgesetzt waren, ist eine Lungenödemprophylaxe durch die inhalative und parenterale Gabe von Kortikoiden vorzunehmen. Bei einem toxischen Lungenödem ist die parenterale Gabe von Kortikoiden, Furosemid (z.B. Lasix®) und die PEEP-Beatmung erforderlich.

Dekontamination: Eine Dekontamination soll nur unter schwerem Atemschutz vorgenommen werden. Es ist auf die Verhinderung einer Staubentwicklung, z.B. durch Anfeuchten, zu achten.


ChlorpikrinWeitere Namen: Trichlor-nitromethan. Als Grünkreuz 1 werden Mischungen mit Perstoff bezeichnet

Molekulargewicht: 164

Physikalische Eigenschaften: Die farblose ölige Flüssigkeit hat einen stechenden Geruch. In Alkohol und Benzol lässt sich der Stoff gut lösen.

Schmelzpunkt:-64°C / Siedepunkt:112 – 113°C / Wasserlöslichkeit:Sehr gering

Aufnahme: Die Stoffe werden inhalativ aufgenommen. Er reizt auch die Haut, Schleimhäute und die Hornhaut des Auges und der Tränendrüsen. Der Stoff bildet Methämoglobin.

Anwendungen: Der Stoff wird in Granaten, Minen, Werferflaschen, Zylindern und als „Collongite“ mit Zinntetrachlorid gemischt. Der Einsatz erfolgte im ersten Weltkrieg.

Diagnostik: Es gibt Prüfröhrchen.

Symptome: Nach einer Latenzzeit von 12 – 24 Stunden treten erst die Symptome auf. Bei hohen Konzentrationen sind die Symptome sofort zu erkennen. Es kommt zu einem Kratzen im Hals, retrosternalen Schmerzen, Hustenreiz, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen. Nach der Latenzzeit sind die typischen Symptome des Lungenödems erkennbar. Die Patienten haben Angst, eine Dyspnoe und Kurzatmigkeit. Auskultatorisch ist zuerst ein Knistern und ein Brummen zu hören. Später ist ein Trachealrasseln, und Rasselgeräusche an den Bronchien zu hören. Die Patienten zeigen eine motorische Unruhe und eine Zyanose. Durch eine Erhöhung des Gefäßwiderstandes und durch eine Hypoxie wird eine akute Herzinsuffizienz ausgelöst, die wiederum das Lungenödem verstärkt. Es besteht eine erhöhte Embolie- und Infarktgefahr. Als Spätfolge können Leberschäden auftreten.

LCT50: 20 mg x min/l Reizschwelle (Mensch): 0,001 mg/l

Maßnahmen: Ziel bei der jeder Lungenkampfstoffvergiftung ist das Verhindern eines Lungenödems. Dies ist vor allem in der frühen Phase zu beachten. In geschlossenen Räumen ist für eine gute Lüftung zu sorgen. Betroffene Augen sind zu anästhesieren und ausgiebig, z.B. mit Isogutt zu spülen. Vor der Augenspülung sind eingelegte Kontaktlinsen zu entfernen. Betroffene Kleidung ist sofort zu entfernen. Kontaminierte Haut ist mit Polyethylenglykol 400, oder falls dies leider nicht vorhanden ist, gründlich mit Wasser und Seife zu reinigen. Die Dekontamination sollte so schnell als möglich erfolgen, um eine Kontaktdermatitis zu verhindern. Falls die Patienten stärkeren Konzentrationen oder länger den Tränengasen ausgesetzt waren, ist eine Lungenödemprophylaxe durch die inhalative und parenterale Gabe von Kortikoiden vorzunehmen. Bei einem toxischen Lungenödem ist die parenterale Gabe von Kortikoiden, Furosemid (z.B. Lasix®) und die PEEP-Beatmung erforderlich. Bei einer bestehenden Methämoglobinämie ist Toluidinblau® einzusetzen. Bei Arsen ist Dimercaptopropansulfonat einzusetzen.

Prognose: Die Prognose ist abhängig vom Schweregrad der Exposition. Schwere Vergiftungen können nur durch eine Intensivtherapie erfolgreich behandelt werden. Die leichten und mittelschweren Vergiftungen sind mit den therapeutischen Mitteln zu beherrschen.

 



CN
Weitere Namen: Chloracetophenon, 2-Chloracetophenon, 2-Chlor-1-phenylethanon, alpha-Chloracetophenon, Phenacylchlorid
Handelsnamen: Chemical Mace, CAP, CN

Arbeitsplatzgrenzwerte: 0.05 ppm; 0.32 mg/m3 (ACGIH 1996/97). MAK nicht festgelegt (1998).

Molekularformel: C8H7ClO / Molekulargewicht: 154.6

Physikalische Eigenschaften: Der Stoff ist ein weißes bis gelbes Pulver in Form von Kristallen. Nach anderen Angaben sind die Kristalle farblos, oder weiß bis grau. Auch die Angaben zum Geruch sind unterschiedlich. Der Stoff soll nach Apfelblüten riechen oder eine stark reizende Wirkung auf die Nase haben. Die schwer flüchtigen Kristalle lösen sich schlecht in Wasser, aber sehr gut in organischen Lösungsmitteln, z.B. Alkohol, Benzol, Ether. Beim Erhitzen zersetzt sich der Stoff und bildet giftige, korrosive Chlorwasserstoffdämpfe. Auch bei einem Brand entsteht ein reizender und giftiger Rauch.

Schmelzpunkt:245 °C / Siedepunkt:54 – 59 °C / Flammpunkt:118 °C c.c. / Wasserlöslichkeit:unlöslich

Allgemeines: CN wurde 1871 erstmals von dem deutschen Chemiker C. Graebe „als eine bei 41° schmelzende und bei 246° siedende, farblose Verbindung“ dargestellt, die sich nicht in Wasser, wohl aber in Alkohol und Äther löse und einen „stechenden, die Augen heftig reizenden Geruch“ besitze. CN ist um den Faktor drei bis zehn mal toxischer als CS. Es verursacht mehr Schäden an der Lunge und an der Hornhaut des Auges. Auch die Hautschädigungen sind durch CN stärker. Allergische Reaktionen sind möglich. In hohen Dosen kann CN letal wirken. Es sind mehrere Todesfälle dokumentiert worden. Der Stoff hat einen sehr niedrigen Dampfdruck und bleibt deshalb in Räumen, Fahrzeugen und Kleidungen wirksam. Aus diesem Grund ist die Anwendung von CN in geschlossenen Räumen sehr gefährlich. Bereits bei einer Temperatur bei 20°C kommt es zu einem langsamen Verdampfen und damit zu einem Auftreten einer schädlichen Konzentration in der Luft.

Aufnahme: Der Stoff wird über die Schleimhäute, die Augen und die Atmung auf den Körper einwirken.

Anwendungen: Bei diesem Stoff handelt es sich um ein „klassisches“ Kampfmittel der Polizei. Es wird weltweit eingesetzt. In Deutschland ist das Tränengas bei der Polizei offiziell eingeführt worden. Bereits im ersten Weltkrieg wurde CN von den USA als Kampfstoff geprüft, aber nicht eingesetzt. Auch im weiten Weltkrieg wurde CN nicht eingesetzt, obwohl es in sehr großen Mengen produziert und vorgehalten wurde. Im Vietnamkrieg wurde das Tränengas in großen Mengen verwendet.

Der Stoff muss vorbereitet werden, damit er als Tränengas verwendet werden kann. Bei der Polizei existieren drei verschiedene Anwendungsmöglichkeiten:

·Sprühgeräte: Das Tränengas wird in organischen Lösungsmitteln gelöst und kann entweder in handlichen Geräten oder in speziellen Vorrichtungen für größere Entfernungen versprüht werden.
·Wasserwerfer: Bei Wasserwerfern existiert eine Zumischeinrichtung. Hier wird kurz vor dem Austritt des Wassers das Tränengas zugemischt und regnet dann als Aerosol nieder.
·Reizstoffwurfkörper: Diese Wurfkörper werden entweder aus der Hand geworfen oder mit einer Waffe abgeschossen. Nach der Zündung wird der Wirkstoff als Schwebstoff durch eine Vernebelung freigesetzt.
Die Wasserwerfer der Polizei enthalten CN und CS in Konzentrationen von 150, 225 oder bis zu 300 mg/l. Dies entspricht 0,03 %. Reizstoffsprühgeräte enthalten entweder 0,9 % CN oder 1 % CS gelöst in organischen Lösungsmittel. Die Lösungsmitteln verstärken die Diffusion durch die Haut.

·Kasuistiken:
·Bei einigen Patienten konnte beobachtet werden, dass nach CN/CS-Erstkontakt mit oder ohne kurzzeitiger initialer Hautreaktion eine bis zu vier Wochen lange beschwerdefreie Phase folgte, bevor sich ohne erneute Exposition an derselben Stelle ein länger anhaltendes Ekzem entwickelte.
·Es weisen allerdings angesichts ihrer Kasuistiken daraufhin, dass toxische Kontaktdermatitiden verzögert auftreten können (in einem Fall vier bis sechs Tage nach Exposition).
·Der schwerste Fall einer allergischen Sofortreaktion nach einer mit Chloracetophenon durchgeführten Schutzmaskenprüfung im Gasraum betraf einen 19jährigen Mann, der ein „generalisiertes urtikarielles Exanthem mit ausgeprägten Symptomen eines allergischen Schocks“ erlitt.
·Außer wenigen Hinweisen auf Urtikaria und Quincke-Ödem in der französischen Literatur gibt es keine Berichte über mehr Soforttyp-Reaktionen.

Pathophysiologie: Die Pathophysiologie ist nicht bekannt. In Tierversuchen wurde festgestellt, dass CN eine reflektorische Unterdrückung der Atemrate auslöst.

Symptome: Ab einer Konzentration von 10 mg/m³ kommt es zu einem starken Brennen, Kratzen und Stechen im Hals, in der Nase und an den Augen. Zusätzlich wird ein starker Tränen- und Speichelfluss ausgelöst. Rötungen der Haut, Ödeme und Atemnot sind weitere Zeichen. Auch auf der Haut, vor allem an Verletzungen, wie z.B. Schürfwunden, ist ein stark stechender Schmerz festzustellen. Es kann auch zu Übelkeit und Erbrechen kommen.

Schon ab einer Menge von 15 ng/mm wird ein Augenbrennen bis hin zur „Kampfunfähigkeit“ erreicht. Dies wird mit einer 0,05 %igen Konzentration des Stoffes in den Treibmitteln mit einer Sprühdauer von zwei Sekunden aus drei Metern Entfernung erreicht. Bei steigenden Konzentrationen tritt eine schmerzhafte Bindehautreizung, Tränenfluss und ein wieder abschwellender Lidkrampf auf. Bei der Anwendung von CN-Gas aus kurzer Entfernung sind Trübungen der Hornhaut und Korneaepithel-Defekte beschrieben worden. Zusätzlich können Verletzungen durch den Einsatz der Sprengkörper, etc. auftreten. Eine Abgrenzung zwischen mechanischen Verletzungen und den toxischen Einwirkungen ist oft schwierig. Bei Anwendungen in geschlossenen Räumen sind oft Pneumonien, Bronchitiden und toxische Lungenödeme aufgetreten. Diese zuletzt genannten schweren Komplikationen treten teilweise erst nach Tagen auf. Es sind einige Todesfälle bekannt.

Bei wiederholter oder länger andauernder Einwirkung können allergische Reaktionen, z.B. eine Kontaktdermatitis, auftreten. Dies wird von CN stärker als durch andere Tränengase verursacht.

CN ist eines der potentesten Augenreizstoffe. Die Wirkung wird durch Wärme, Feuchtigkeit, Luftabschluss und Reibung verstärkt. Dunkle, z.B. schwarze, Haut reagiert weniger empfindlich auf die Reizgase. Der Grund ist im Detail noch nicht geklärt. Es wird durch vermutet, dass ein erhöhter Melaningehalt in der Haut dafür verantwortlich ist.

Tabelle LCT / ICT

LCT50:

ICT50:

Mensch

8,5 (11*) mg x min/l0,005

0,01 mg x min/l

Maus

73 mg x min/l

?

Meerschweinchen

3,5 mg x min/l

?

Ratte

3,7 mg x min/l

?

Schwelldosis beim Mensch: 0,0003-0,0005

Maßnahmen: In geschlossenen Räumen ist für eine gute Lüftung zu sorgen. Betroffene Augen sind zu anästhesieren und ausgiebig, z.B. mit Isogutt zu spülen. Vor der Augenspülung sind eingelegte Kontaktlinsen zu entfernen. Betroffene Kleidung ist sofort zu entfernen. Kontaminierte Haut ist mit Polyethylenglykol 400, oder falls dies leider nicht vorhanden ist, gründlich mit Wasser und Seife zu reinigen. Die Dekontamination sollte so schnell als möglich erfolgen, um eine Kontaktdermatitis zu verhindern. Falls die Patienten stärkeren Konzentrationen oder länger den Tränengasen ausgesetzt waren, ist eine Lungenödemprophylaxe durch die inhalative und parenterale Gabe von Kortikoiden vorzunehmen. Bei einem toxischen Lungenödem ist die parenterale Gabe von Kortikoiden, Furosemid (z.B. Lasix®) und die PEEP-Beatmung erforderlich.

Dekontamination: Eine Dekontamination soll nur unter schwerem Atemschutz vorgenommen werden. Es ist auf die Verhinderung einer Staubentwicklung, z.B. durch Anfeuchten, zu achten.


Clark IWeitere Namen: DA , Diphenylchlorarsin, Diphenylarsinchlorid, Blaukreuzgruppe
Physikalische Daten: Clark I ist ein farbloses Kristall und erinnert vom Geruch an Schuhcreme. Es ist leicht in Benzol und Ethanol leicht zu lösen. Bei einer feinen Verteilung verläuft die Hydrolyse sehr schnell. Das technische Produkt ist Clarck I ein weißer oder grauer Rauch.

Schmelzpunkt:40°C / Siedepunkt:307°C / Wasserlöslichkeit:Gering

Allgemeines: Das Kampfmittel wurde schon 1889 von La Coste und Michaelis hergestellt. Es wurde im ersten Weltkrieg von den Deutschen als Maskenbrecher eingesetzt. Die damaligen Schutzmasken konnten Clarck I nicht abhalten. So waren die Soldaten gezwungen die Masken abzunehmen oder dort hineinzubrechen und zu ersticken. Bei abgesetzten Schutzmasken konnten die andere chemischen Kampfmittel nun ihre Wirkung tun. Im zweiten Weltkrieg wurde es nicht eingesetzt.

Toxikologie:

Mensch: ICT50: 12 mg x min/m³ für 15 min
Mensch: LCT50:15000 mg x min/m³

Schwelldosis (Mensch): 0,1 mg/m³

Aufnahme: Der Stoff kann über die Haut, Schleimhaut und die Atemwege aufgenommen werden.
Pathophysiologie: Das dreiwertige Arsen bildet mit Proteinen und Enzymen eine kovalente Bildung, wenn diese Monothiolgruppen besitzen.

Symptome: Kopf-, Zahn- und Ohrenschmerzen sowie ein Brechreiz sind die ersten allgemeinen Symptome. An den Augen ist ein brennender Schmerz zu spüren. Es folgt eine Verstärkung des Tränenflusses und unter Umständen auch eine Konjunktivitis. Die ersten Zeichen einer Einwirkung auf die Atmung besteht in einem Husten. Es ist eine Reizung der Nasenschleimhaut mit einer Hypersalivation erkennbar. Es folgt in Dyspnoe. Ein toxisches Lungenödem kann entstehen. Auf der Haut ist ein Juckreiz, eine Rötung und Ödeme erkennbar. Bei der Einwirkung hoher Konzentrationen kommt es zur Blasenbildung. Parästhesien, Hyperästhesien und Anästhesien der unteren Extremitäten sind die Anzeichen für eine Wirkung auf das zentrale Nervensystem. Es können Bewussteinsstörungen aller Art auftreten.

Prognose: Es können chronische Hautschäden verbleiben.
Maßnahmen: In geschlossenen Räumen ist für eine gute Lüftung zu sorgen. Betroffene Augen sind zu anästhesieren und ausgiebig, z.B. mit Isogutt zu spülen. Vor der Augenspülung sind eingelegte Kontaktlinsen zu entfernen. Betroffene Kleidung ist sofort zu entfernen. Kontaminierte Haut ist mit Polyethylenglykol 400, oder falls dies leider nicht vorhanden ist, gründlich mit Wasser und Seife zu reinigen. Die Dekontamination sollte so schnell als möglich erfolgen, um eine Kontaktdermatitis zu verhindern. Falls die Patienten stärkeren Konzentrationen oder länger den Tränengasen ausgesetzt waren, ist eine Lungenödemprophylaxe durch die inhalative und parenterale Gabe von Kortikoiden vorzunehmen. Bei einem toxischen Lungenödem ist die parenterale Gabe von Kortikoiden, Furosemid (z.B. Lasix®) und die PEEP-Beatmung erforderlich.
Bei akuten und schweren Vergiftung kann das spezifische Antidot Dimercaptopropansulfonat eingesetzt werden.

Dekontamination: Eine Dekontamination soll nur unter schwerem Atemschutz vorgenommen werden. Es ist auf die Verhinderung einer Staubentwicklung, z.B. durch Anfeuchten, zu achten.


Clark IIWeitere Namen: DC , Diphenylarsincyanid, Diphenylcyanarsin, Blaukreuz I

Physikalische Daten: Clark II ist ein farbloses Kristall leicht in Ether und Benzin zu lösen. Der Rauch ist weiß und erinnert beim Geruch an Knoblauch.

Schmelzpunkt:30 – 25°C / Siedepunkt:290 – 340°C / Wasserlöslichkeit:Nur 0,2 %

Toxikologie:

Mensch: ICT50:30 mg x min/m³ für 30 sec20 mg x min/m³ für 5 min
Mensch: LCT50:10000 mg x min/m³

Schwelldosis (Mensch): 0,005 mg/m³

Aufnahme: Der Stoff kann über die Haut, Schleimhaut und die Atemwege aufgenommen werden.
Pathophysiologie: Das dreiwertige Arsen bildet mit Proteinen und Enzymen eine kovalente Bildung, wenn diese Monothiolgruppen besitzen. Zusätzlich ist die Wirkung der Blausäure mit der Blockierung der Zytochromoxydase zu bemerken.
Symptome: Kopf-, Zahn- und Ohrenschmerzen sowie ein Brechreiz sind die ersten allgemeinen Symptome. An den Augen ist ein brennender Schmerz zu spüren. Es folgt eine Verstärkung des Tränenflusses und unter Umständen auch eine Konjunktivitis. Die ersten Zeichen einer Einwirkung auf die Atmung besteht in einem Husten. Es ist eine Reizung der Nasenschleimhaut mit einer Hypersalivation erkennbar. Es folgt in Dyspnoe. Ein toxisches Lungenödem kann entstehen. Auf der Haut ist ein Juckreiz, eine Rötung und Ödeme erkennbar. Bei der Einwirkung hoher Konzentrationen kommt es zur Blasenbildung. Parästhesien, Hyperästhesien und Anästhesien der unteren Extremitäten sind die Anzeichen für eine Wirkung auf das zentrale Nervensystem. Es können Bewussteinsstörungen aller Art auftreten.

Prognose: Es können chronische Hautschäden verbleiben.
Maßnahmen: In geschlossenen Räumen ist für eine gute Lüftung zu sorgen. Betroffene Augen sind zu anästhesieren und ausgiebig, z.B. mit Isogutt zu spülen. Vor der Augenspülung sind eingelegte Kontaktlinsen zu entfernen. Betroffene Kleidung ist sofort zu entfernen. Kontaminierte Haut ist mit Polyethylenglykol 400, oder falls dies leider nicht vorhanden ist, gründlich mit Wasser und Seife zu reinigen. Die Dekontamination sollte so schnell als möglich erfolgen, um eine Kontaktdermatitis zu verhindern. Falls die Patienten stärkeren Konzentrationen oder länger den Tränengasen ausgesetzt waren, ist eine Lungenödemprophylaxe durch die inhalative und parenterale Gabe von Kortikoiden vorzunehmen. Bei einem toxischen Lungenödem ist die parenterale Gabe von Kortikoiden, Furosemid (z.B. Lasix®) und die PEEP-Beatmung erforderlich.
Bei akuten und schweren Vergiftung kann das spezifische Antidot Dimercaptopropansulfonat eingesetzt werden. Auch die Therapie der Zyanidintoxikation kann notwendig werden. Dann müssen Antidote, wie Cyanokit®, eingesetzt werden. Falls Cyanokit® leider nicht vorrätig ist, kann 4-DMAP und Natriumhiosulfat 10% verwendet werden.

Dekontamination: Eine Dekontamination soll nur unter schwerem Atemschutz vorgenommen werden. Es ist auf die Verhinderung einer Staubentwicklung, z.B. durch Anfeuchten, zu achten.


LewisitWeitere Namen: 2-Chlorvinylarsindichlorid, 2-Chlorethylendichlorarsin, L, Tau des Todes.

Molekulargewicht: 207,35 g/mol

Physikalische Eigenschaften: Die farblose bis bräunliche Flüssigkeit riecht nach Geranien. Im flüssigen und dampfförmigen Zustand findet die Hydrolyse schnell statt. Dabei entsteht Salzsäure und Chlorethylenarsinoxid. In organischen Lösungsmitteln kann der Stoff gut gelöst werden.

Schmelzpunkt:-18°C / Siedepunkt:190°C / Wasserlöslichkeit:0,5 g/l

Allgemeines: Das Kampfmittel wurde zum Ende des ersten Weltkrieges von Captain W. Lee Lewis hergestellt. Es kam im ersten Weltkrieg nicht zum Einsatz.

Aufnahme: Eine Aufnahme des Kampfmittels ist über die Haut, oral oder inhalativ möglich.

Anwendungen: Der Stoff wird nicht alleine als Kampfmittel eingesetzt. Er wird mit anderen Kampfstoffen gemischt (ähnlich Lewisit-Lost-Gemisch). Lewisit ist das wirksamste der arsenhaltigen Hautkampfstoffe (Dichlorarsine). In diesem Kampfmittel ist die blasenbildende und hautschädigende Wirkungen der Loste mit den sofort eintretenden Reizwirkungen an Schleimhäuten und der Haut kombiniert.

Diagnostik: Es existieren Prüfröhrchen für dieses Kampfmittel.

Pathophysiologie: Das Kampfmittel bindet im Körper Enzyme, die für den Energiehaushalt der Zelle elementar sind. Das dreiwertige Eisen ist das giftigste aller Arsenverbindungen.

Toxizität:
LCT50 inhalatorisch:1200 – 1500 mg x min/m³
LCT50 perkutan:100.000 mg x min/m³
ICT50 perkutan:1.500 mg x min/m³
ICT50 per os:300 mg x min/m³
LD50 perkutan:35 mg/kg
LD50 peroral:10 mg/kg
Blasenbildende Konzentration in Luft: 3440 mg/m³

Symptome: Die Symptomatik gleicht denen der Loste. Es fehlt aber die Latenzzeit. Als allgemeine Symptome ist ein starker Kopfschmerz, Unruhe, Koordinationsstörungen, Amnesie, Kälte- und Angstgefühle, sowie Bewusstseinsstörungen zu erkennen. Danach werden die Patienten apathisch und zeigen keinen Appetit. Nach längerer Zeit fällt der Patient ins Koma. Auf der Haut beginnt die Reizwirkung sofort und zeigt sich mit Rötung und Schmerzen. Die Rötung verbreitet sich (im Gegensatz zu Lost) diffus auch im gesunden Gewebe aus. Schon in den ersten Tagen kann die Hyperämie zurückgehen. Es tauchen keine Pigmentierungen auf. Wenn der Patient mit flüssigen Lewisit in Kontakt gekommen ist eine starke Blasenbildung erkennbar, die stärker ausgeprägt ist als bei Losten. Die oberflächliche bulböse Form ist an den Blasen zu erkennen, die sich nach zwölf Stunden bilden. Die Blasen fließen zusammen und zerfallen am dritten bis vierten Tag. Innerhalb von ein bis zwei Wochen hat sich die Haut ohne Folgeschäden wieder erholt Wenn die Blasen in schmerzhafte Nekrosen übergehen, handelt es sich um die tiefe bulböse Form. Die Nekrosen heilen ohne weitere Infektionen ab. An den Augen löst ein direkter Kontakt sofort Schmerzen, Tränenfluss und einen Lidkrampf aus. Nur eine direkte Augenspülung kann die Folgen verhindern. Diese Folgen bestehen aus Blutungen in die Bindehaut und eventuell aus Trübungen der Hornhaut und einer Nekrose.. An den Schleimhäuten löst das Kampfmittel ein starkes Niesen, Husten, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und retrosternale Schmerzen aus. Es kann zu einem toxischen Lungenödem kommen. Die Patienten sterben an den Folgen des Ödems und den ausgedehnten Nekrosen oder den Bronchopneumonien. Nach einer oralen Aufnahme kommt es zu einem blutigen Erbrechen und zu blutigen Durchfällen. Klinisch ist eine Gastritis, Colitis und eine nekrotisch-hämorrhagische Ösophagitis. Die durch den Stoffwechsel entstehenden Arsinoxide zerstören direkt die Membranen der Kapillaren. So kommen die Petechien (kleinste, punktförmige Haut- oder Schleimhautblutungen) zustande. Die Kapillarstörungen können bis zu einem toxischen Schock durch ein Versagen von Leber und / oder Niere führen.

Maßnahmen: Schutzanzüge sind nach dem Einsatz zu vernichten, da das Kampfmittel diesen durchdringt. Die Patienten müssen unter Beachtung des Eigenschutzes aus der kontaminierten Umgebung zu retten. Es dürfen nur dekontaminierte Patienten mit einem Rettungsmittel transportiert werden. Eine erste Dekontamination kann mit allen wässrigen Flüssigkeiten (Feuerwehr) vorgenommen werden. Beim Waschen sollen die Augen geschlossen sein und die Augen sollen nicht berührt werden. Die komplette Bekleidung ist zu entfernen. Bei einer oralen Aufnahme bekommt der Patient sofort 1 g medizinische Kohle pro Kilogramm Körpergewicht. Eine Magenspülung erfolgt nur auf direkte Weisung durch ein Giftinformationszentrum. Eine Stunde nach der oralen Aufnahme des Giftes darf wegen einer Perforationsgefahr keine Magenspülung mehr vor genommen werden. Die Augen sind sofort zu anästhesieren und ausgiebig, z.B. mit Isogutt®, zu spülen. Die Patienten erhalten inhalativ und parenteral Kortikoide, um ein toxisches Lungenödem zu verhindern. Der Kreislauf ist durch Infusionen zu stabilisieren. Eine Hautdekontamination kann mit PEG 400 oder Chloramin T® vorgenommen werden. Auftretende Blasen werden keimarm abgedeckt. Die Patienten müssen in ein toxikologisches Zentrum, ein Verbrennungszentrum oder in eine Intensiveinheit transportiert werden. Als spezifisches Antidot kann in der Klinik Dimercaptopropansulfonat verwendet werden.

Prognose: Spätfolgen des Kampfmittels können irreversible Schädigungen der Augen (teilweise mit Verlust der Sehkraft), Lungenschädigungen, Bronchitiden, Haut- und Lungenkrebse, eine KHK und Defekte der Haut auslösen. Das toxische Lungeödem hat eine ungünstige Prognose. Bei einem Kontakt des Kampfstoffes muss sofort eine Augenspülung erfolgen, da sonst ein Erblinden möglich ist.