Stalag VI/D

Stalag VI / D

Unmittelbar bei der Westfalenhalle im Süden von Dortmund war am 30.09.1939 das Kriegsgefangenenlager Stammlager (Stalag) VI/D eingerichtet worden. Im Dezember 1942 übernahm das Stalag VI/D vom Stalag VI/A in Hemer die Verwaltung des Arbeitseinsatzes für Kriegsgefangene im Regierungsbezirk Arnsberg.

Das Stalag VI/D für Mannschaftsdienstgrade stellte der Industrie in Dortmund und Umgebung sog. Kriegsgefangenen-Arbeitskommandos, die bei den Betrieben in eigenen Lagern untergebracht wurden, zur Verfügung und übernahm die verwaltungsmässige sowie medizinische Betreuung.

In der Industrie und Landwirtschaft in Dortmund, aber auch in kommunalen und militärischen Dienststellen wurden ab 1940 zunehmend ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in grosser Zahl eingesetzt. So waren noch 1945 bei der Dortmunder-Union-Brückenbau AG 2220 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, in den Stahlwerken der Hoesch AG 2920 solcher Arbeitskräfte eingesetzt. Auch in den Kohlezechen im Raum Dortmund erfolgte der Einsatz von Menschen aus diesen Personenkreis, z. B. 1944/45 auf Minister Stein, Evinger Strasse 170 a, mit rund 1000 Arbeitskräften, Fürst Hardenberg, Lindenhorster Strasse 170, mit rund 400 Arbeitskräften und Adolf von Hansemann, Dortmund-Mengede, mit rund 2200 Personen. Zeitgleich waren ca. 10.000 Personen im Lager untergebracht.

Die Kriegsgefangenen wurden nicht nur in Dortmunder Arbeitskommandos, sondern auch in Arbeitskommandos andere Städte zugewiesen; wie z. B. in Dülmen.

13.06.1940 – Roger Cottyn, ein Belgier in Kriegsgefangenschaft: Textauszug

Am 13. Juni kommen wir in Dortmund an und werden in der Westfalenhalle untergebracht. Dass wir in Deutschland sind, haben wir schon gemerkt. Einige beschimpfen uns, aber die Wachleute sorgen für Ordnung. Die Westfalenhalle ist in meiner Heimat durch den Radsport sehr bekannt. Unsere Verpflegung bekommen wir aus der „Polenküche“. Einen Brei bestehend aus ungeschälten Kartoffeln, Gras, Sand und Wasser. Sand, weil die ungeschälten Kartoffeln direkt aus den Säcken in die Kessel geschüttet werden, Gras, das wird morgens durch einige belgische Soldaten gemäht und in die Küche gebracht. Nachdem ich zwei Tage faste, muss ich diesen Fraß auch essen. Erst werden wir im „Velodrom“ untergebracht und ein paar Tage später wohnen wir in Zelten. Die sanitären Anlagen sind äußerst primitiv. Einen breiten Graben mit einem Balken darüber. Die Menschen sitzen darauf wie die Hühner auf der Stange. Eines Tages werden wir zum ersten Mal gefilzt. Alle Ausrüstungsgegenstände aus Leder werden uns abgenommen. Nur ein paar Schuhe dürfen wir behalten. Wir sehen aus wie gerupfte Gänse mit unseren Reithosen ohne Gamaschen. Während eines Fliegerangriffs fallen einige Bomben in unserer Nähe. Am 19. Juni 1940 verlassen wir die Westfalenhalle und marschieren zum Güterbahnhof von Dortmund. Unterwegs werden wir wieder durch einige Leute beschimpft. Ich höre wie jemand vom Begleitpersonal einem Offizier meldet: „800 Stück angetreten.“ Wieder werden wir in Viehwaggons eingepfercht, wir können nur stehen. Kein Essen, nichts zu trinken, kein Licht und nur sehr wenig Luft. (1)

Im Stalag VI/D wurden vor allem französische, polnische, sowjetische und ab Spätsommer 1943 auch italienische Kriegsgefangene untergebracht.

115 Arbeitskommandos waren im „Stalag VI D“, dem Kriegsgefangenlager Westfalenhalle, untergebracht. Die Versorgung war schlecht. Nachdem die Westfalenhalle zu klein geworden war, für die Massen der Gefangenen, wurden sie in Holzbaracken eingepfercht, bis zu 400 Menschen auf engstem Raum. Es gab keine Betten, selbst Decken waren knapp. Der Arbeitstag war dafür um so länger; bis zu 16 Stunden mussten die Gefangenen an den Hochöfen und in den Stollen der Zechen die Kriegsmaschinerie der Nazis am Leben erhalten. Wie viele Menschen bis zur Befreiung Dortmunds durch amerikanische Truppen im April 1945 hier umkamen, ist unbekannt. Die Toten wurden in Massengräbern verscharrt, viele tausend Tote liegen etwa auf dem Ausländerfriedhof in Dortmund-Wambel.

Hier erinnert heute ein Ehrenmal an die Zwangsarbeiter.

Einen Hinweis auf dem Einsatz von Zwangsarbeiter aus dem Lager Stalag VI/D gibt es u.a. unter dem nachfolgenden Link

http://www.kreis-coesfeld.de/37_00327.htm

Bilder des Stalag VI/D

zerstörte Westfalenhalle (Quelle Stadtarchiv Dortmund) ca. 1946

zerstörte Westfalenhalle (Quelle Stadtarchiv Dortmund) ca. 1946

Luftbild vom Stalag VI D neben der Westfalenhalle. Quelle Stadtarchiv Dortmund.

Luftbild vom Stalag VI D neben der Westfalenhalle. Quelle Stadtarchiv Dortmund.

Kriegsgefangenenpost Stalag VI/D

2006/2007

In die ständige Ausstellung „Widerstand und Verfolgung in Dortmund 1933 – 1945“ wird eine Information über das Kriegsgefangenenlager Stalag IV integriert.

Beim Mahnmal Bittermark wird in geeigneter Form ein Erinnerungsstein mit Gedenktafel errichtet.

In der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache wird der Bereich, in dem das Schicksal der Zwangsarbeiter dargestellt wird, um die Informationen um das Stalag IV erweitert.

2007 wurde vor der Westfalenhalle 5 ein Gedenkstein zur Erinnerung an das Stammlager VI D errichtet:

Gedenktafel Stalag VI/D

 StadtA Hagen, SamHa 20, fol. 16: Schreiben der Fa. Krampe an das Stalag VI-D v. 22.07.1944

 Literatur:

Herzog, Wilhelm, Von Potempa bis zum Rombergpark, Dortmund 1968.

Klotzbach, Kurt, Gegen den Nationalsozialismus. Widerstand und Verfolgung in Dortmund 1930-1945, Hannover 1969

Lotfi, Gabriele, KZ der Gestapo. Arbeitserziehung im Dritten Reich, Stuttgart/München 2000

Müller, Hans, „Wir haben verziehen, aber nicht vergessen…“. Das KZ-Außenlager Buchenwald in Dortmund, Dortmund 1994.

Heimat Dortmund – Zeitschrift des Historischen Vereins für Dortmund und die Grafschaft Mark e.V. Ausgabe 3/2002

 Quelle (1) http://www.diplomatie.be/berlinfr/media/berlinfr/Nachbar%20Belgien%205-07.pdf