Fermeldetechnik und Alarmierungsmittel

1.Fernmeldetechnik
Bei allen denjenigen Stellen, deren Aufgabe im Luftschutz ein Zusammenwirken von Kräften notwendig macht, sind einwandfreie Fernmeldeverbindungen die Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten. Das gilt in erster Linie für den Sicherheits- und Hilfsdienst und dem Werkluftschutz. Nun haben sowohl Polizei, die den Rahmen für den Sicherheits- und Hilfdienst bildet, als auch die größeren Werke, die in ihren Betrieben Werkluftschutz vorsehen, meist gut ausgebildete Fernmeldeeinrichtungen. Aber diese Einrichtungen sind für die Bedürfnisse des Friedens geschaffen und decken sich meist nicht mit den Aufgaben, die der Luftschutz stellt.
Wenn ein modernes Polizeinetz weitgehend zentralisiert ist, so ist das sowohl für die Befehlstechnik der Polizei günstig, als auch für das Publikum, das sich an eine Zentralstelle wenden kann. Wenn aber dem Luftschutzrevier, dem Abschnitt, der Gruppe im Ernstfall eine Fülle neuer selbstständiger Aufgaben gestellt werden, dann erfordern sowohl die Sprechnotwendigkeiten als auch die Sicherheit der Verbindungen eine Dezentralisation.
Moderne Polizei- und Werkfernsprechanlagen sind meist nach dem technisch besten System als W.-Anlage* gebaut. W.-Anlagen machen aber keinen Unterschied zwischen wichtigen und unwichtigen Anrufen; eine durch eine belangloses Gespräch blockierte Leitung kann für ein dringendes Gespräch nicht freigemacht werden.
Im Frieden muß das Personal des Fernmeldedienstes unter dem Gesichtspunkt der Kräfteschonung, also hell und bequem untergebracht sein; im Luftschutz ist die gas- und splittersichere Unterbringung wichtiger Gesichtspunkt.
Leitungsnetze werden im Frieden nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgebaut; für den Luftschutz ist die Betriebssicherheit entscheidend.
Schon diese wenigen Beispiele zeigen, daß die im Frieden vorhandenen Fernmeldeanlagen im Ernstfall nicht ohne weiteres zu verwenden sind. Da aber der Bau eigener Luftschutzfernsprechnetze finanziell nicht möglich ist, so müssen die vorhandenen Anlagen ausgenutzt und so weit wie möglich den Bedürfnissen des Luftschutzes angepaßt werden.

*Anmerkung: W. = Wähler. / O.B. = Ortsbatterie / Z.B. = Zentralbatterie

Die Drahtnachrichtenverbindungen.

Die Grundlage des Fernmeldedienstes bilden die Drahtnachrichtenverbindungen.

A. Die Stromversorgung.

Moderne Fernsprechanlagen beziehen ihren Betriebsstrom aus einer Zentralbatterie. (Z.B.=Sytem).
Dies System hat luftschutztechnisch Nachteile:

1. Bei Ausfall der Zentralbatterie fällt das ganze Netz aus.

2. Die Zentralbatterie muß aufgeladen werden und hängt darum vom Starkstromnetz ab.

3. Mit Zentralbatterie betriebene Netze sind gegen Beschädigungen der Sprechleitungen besonders empfindlich.

Das O.B. (Ortsbatterie-) System bezieht den Betriebsstrom aus Elementen, die auf die einzelnen Betriebs- (Sprech-) Stellen verteilt sind. Es vermeidet damit die wesentlichen Nachteile des Zentralbatteriesystems. Soweit also das – technisch ältere – O.B.-System noch in Gebrauch ist, ist es luftschutztechnisch vorzuziehen.

Eine Umschaltung der Zentralbatterie-Anlagen auf O.B.-Betrieb im Ernstfall ist finanziell im allgemeinen nicht möglich. Man wird sich begnügen müssen, die Sicherheit der Anlage nach Möglichkeit zu erhöhen und dazu

1.die vorhandenen Batterien splittersicher einzubauen,

2.Behelfs-Ladeaggregate und gegebenenfalls Ersatzbatterien bereitzustellen.

A. Das W.-System

Das W.-(Wähler) Sytem ist im Luftschutz unbrauchbar. Es muß im Luftschutz, so wie bei der Wehrmacht, die Möglichkeit geben, Gespräche ihrer Dringlichkeit nach zu unterscheiden und unwichtige Gespräche zugunsten dringender zu trennen. Das ist nur möglich bei Einschaltung menschlichen Bedienungspersonals. Da man im Frieden auf vorhandene W.-Anlagen nicht verzichten kann, müssen für den Luftschutz Maßnahmen getroffen werden, die die Nachteile dieses Systems beheben.

Soweit zusätzlich Handbedienungseinrichtungen vorhanden sind – meist für ankommenden Amtsverkehr – müssen sie so eingerichtet sein, daß im Bedarfsfall alle im Luftschutz benötigten Teilnehmer (also auch reine Haussprechstellen) auf den Handschrank gelegt und an- und abkommend bedient werden können. Ist das nicht möglich, müssen besondere handbediente Vermittlungsschränke bereitgestellt werden, auf die die im Luftschutz benötigten Teilnehmer im Bedarfsfall sofort aufgeschaltet werden können.

A. Die Fernsprechvermittlungseinrichtungen

A. Unterbringung

Eine Luftschutzvermittlungseinrichtung muß unbedingt gas- und splittersicher untergebracht sein. Sie soll in einem besonderen Raum möglichst bei der Befehlsstelle liegen.

Da es in hohem Maße erwünscht ist, daß die Friedensvermittlung auch die Luftschutzvermittlung ist, muß angestrebt werden, schon die bestehenden Einrichtungen gas- und splittersicher unterzubringen. Wenn Rücksichten auf das Wohlbefinden des Personals oder Feuchtigkeit, die die technischen Einrichtungen beschädigen würde, eine Unterbringung im Keller verbieten, können auch Räume im Erdgeschoß benutzt werden, sofern Wände und Decken entsprechend verstärkt worden und Zugänge und Fenster gegen Splitterwirkung und Gas geschützt sind. Bei Neuanlagen sollte die gas- und splittersichere Unterbringung selbstverständlich sein. Bei vorhandenen Anlagen wird zu prüfen sein, ob die Kosten eines Umbaues wesentlich höher sind als die Beschaffung einer zusätzlichen Luftschutzvermittlungseinrichtung.

B. Techische Einrichtung

Es wurde bereits festgestellt, daß nur handbediente Anlagen als Luftschutzvermittlungseinrichtung Verwendung finden können.
Die Umschaltung der Sprechstellen auf die Luftschutzvermittlung geschieht am einfachsten durch bereits im Frieden in die Leitungen eingebaute Schalter. Die Schaltstelle soll geschützt sein liegen, also nicht an den Friedenseinrichtungen (Vermittlungsschrank, Hauptverteiler), sondern möglichst an der Luftschutzvermittlung. Das setzt voraus, daß die zuschaltenden Leitungen dort eingeschleift sind.
Zweckmäßig ist es, an Luftschutzvermittlungsschränken Rundspruchmöglichkeiten vozusehen.

C. Ausweichvermittlungen

In größeren Verhältnissen sind Ausweichvermittlungen vorzusehen. Ausweichstellen müssen ihre eigenes Leitungsnetz haben und dürfen nicht etwa nur mit einem Stichkabel an die Hauptstelle angeschlossen sein.

D. Der Betrieb

Der Fernsprechbetrieb im Luftschutz wird sich wesentlich von den Friedensbetrieb unterscheiden:

1.Der Betrieb wird für einen kurzen Zeitsabschnitt – unmittelbar nach dem Angriff – stoßartig anschwellen.

Im Gegensatz zum Friedensbetrieb wird nicht das Ferngespräch, sondern der Fernspruch, das heißt die fernmündliche Aufnahme und Weitergabe schriftlicher Meldungen, die Regel sein.

E. Das Leitungsnetz

Die Grundlage des Leitungsnetzes für Luftschutzzwecke bilden stets die vorhandenen Netze, also im allgemeinen das Netz der Deutschen Reichspost, im Werkluftschutz auch eigene Netze. Gleichgültig, ob Leitungen der Deutschen Reichspost oder eigene Leitungen benutzt werden, ist stets für die wichtigsten Dienststellen die Einrichtung eines besonderen Leitungsnetzes unter Ausschaltung der postalischen Vermittlungseinrichtung vorzusehen. Anschlüsse an das allgemeine Postfernsprechnetz sind für alle Befehlsstellen daneben notwendig.

Postnetz

Die Ortsnetze der Deutschen Reichspost sind im allgemeinen nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgebaut. Die Leitungen strahlen meist von einem Knotenpunkt sich immer weiter verästelnd radial aus. Zerstörung des Amtes bedeuten Ausfall des gesamten Netzteils. Einen vollwertigen Schutz dagegen gibt es nicht, solange die Deutsche Reichspost nicht Querverbindungen zwischen den einzelnen Verästelungen durch Ringleitungen ausgeführt hat. Das kann aber mit Rücksicht auf die Kosten nur allmählich geschehen. Unabhängig von den Ausbaumaßnahmen der Deutschen Reichspost selbst, müssen für den Luftschutz alle möglichen Sicherungsmaßen getroffen werden:

a)Wichtige Befehlsstellen des Luftschutzes müssen nach Möglichkeit ihre Amtsverbindungen zu verschiedenen Fernsprechämtern haben, also auf zwei Wegen zu erreichen sein.
b)Die Heranführung der Amtsleitungen soll möglichst getrennt, auf verschiedenen Wegen, geschehen.
c)Die Kabel sind nach Möglichkeit an mehreren verschiedenen Stellen in das Gebäude einzuführen.
d)Wenn eine Luftschutzfernsprechvermittlung in einem Schutzraum im Keller eingerichtet ist, soll das Kabel zunächst unterirdisch zum Schutzraum geführt, dort für die spätere Umschaltung aufgeteilt und erst von da zum Hauptkabelverteiler geleitet werden.
e)Bei Querverbindungen, die von der Deutschen Reichspost geschaltet werden, ist die genaue Leitungsführung zu prüfen *.

*Anmerkung zu a-e: Alle aufgeführten Maßnahmen sind bei dem zuständigen Fernsprechamt zu beantragen, nicht etwa selbst durchzuführen.

Quelle: Der zivile Brandschutz – 2. Auflage 1937

Abschrift und Übersetzung aus dem Altdeutschen: Kai Ohlenbostel