Selbstschutz im Luftschutz

Die Grundfragen des Selbstschutzes im Luftschutz

War noch etwa der Dreißigjährige Krieg ein ausgesprochener Krieg von Völkern gegen Völker, der mitleidlos Soldaten ebenso wie Bürger – Frauen und Kinder – hinmordete, musste auch die Zivilbevölkerung noch in den friderizianischen oder napoleonischen Kriegen viele Blutopfer bringen, so entwickelte sich seitdem immer mehr der Krieg zu einem Handwerk der wehrfähigen Männer, die gewissermaßen als Auserwählte der Nation den Kampf zu tragen hatten, während die Zivilbevölkerung nur mittelbar unter den Auswirkungen des Kriegsgeschehens zu leiden hatte, wie etwa durch Versorgungsnöte. Selbst die Zivilisten, die im Verlauf des Krieges dadurch in die Kampfhandlungen hineingezogen wurden, dass sie ihren Wohnsitz im Kampfgebiet oder in dem vom Gegner beherrschten Gebiet hatten, galten nach internationalem Recht als geschützt und brauchten, sofern sie keine feindseligen Handlungen begingen, um ihr Leben nicht besorgt zu sein. Durch diese Entwicklung des Kriegswesen hat sich die Anschauung verwurzelt, dass Krieg geführt wird lediglich unter bewaffneten Soldaten und dass der Zivilist solange nicht gefährdet ist, als er nicht an die Front einberufen ist. Frauen, Kinder und Greise zählen in diesem Zusammenhang selbstverständlich grundsätzlich zu denen, die mit dem Kriegsgeschehen nichts zu tun haben. Diese Tatsache hat durch die Entwicklung der Luftwaffe eine grundlegende Änderung erfahren. Die Luftwaffe in ihrem neuzeitlichen Ausbau hat wieder den Krieg von Volk gegen Volk heraufbeschworen. Als deshalb im Jahre 1933 nach der nationalsozialistischen Machtübernahme und mit der bald darauf erfolgten Gründung des Reichsluftschutzbundes durch Hermann Göring der Gedanke des Luftschutz-Selbstschutzes, das heißt des Selbstschutzes der Zivilbevölkerung, ins deutsch Volk getragen wurde und der Reichsluftschutz forderte, dass in einem Zukunftskriege gerade die nicht waffenfähige Zivilbevölkerung bedeutsame Aufgaben der Landesverteidigung zu erfüllen habe, weil sie durch die moderne Luftwaffe in einem zukünftigen Krieg unmittelbar gefährdet sei, da stieß dieser Gedankengang noch auf viel Unverständnis, ja Ablehnung.

Der Krieg sei eine Angelegenheit des Reiches, und der Luftschutz müsse Sorge der Behörden sein, war eine landläufige Ansicht. Es hat viel Mühe gekostet, dem deutschen Volke zum Bewusstsein zu bringen, dass der nächste Krieg ein „totaler Krieg“, ein Kampf von Volk gegen Volk sein wird, dass niemand sich von der Teilnahme an dem Kampf um Freiheit und Ehre der Nation ausschließen kann, dass der Zivilist im Heimatland genau so zu kämpfen hat wie der Soldat draußen an der Front, dass uniformierte Soldaten und zivile Heimatkämpfer in gleicher Weise Blutopfer bringen müssen. Zahlreiche Auslassungen maßgeblicher Luftkriegssachverständiger des Auslandes sprechen gerade in dieser Beziehung eine sehr deutliche Sprache, die jeden, der nicht absichtlich, sei es aus Dummheit oder aus Verantwortungslosigkeit, an den Lebensfragen der Nation vorbeigeht, restlos überzeugen und für den Gedanken des Selbstschutzes gewinnen müssten. So schreibt z. B. der englische General Fuller in seinem in allen militärischen Kreisen stark beachteten Buch „Über den kommenden Krieg“: „Luftangriffe, die wirkungsvoll sein sollen, müssen sich ausdrücklich gegen den Widerstandswillen der zivilen Bevölkerung richte. Der Widerstandswille Deutschlands wäre im letzten Krieg wahrscheinlich viel schneller gebrochen worden, wenn man diesen Willen hätte unmittelbar angreifen können.

Als nun der Reichsluftschutzbund es durch unermüdliche Werbung und Aufklärung zuwege gebracht hatte, dass das deutsche Volk in seiner überwiegenden Mehrheit die Luftgefährdung Deutschlands erkannte und begriffen hatte, dass im nächsten Krieg auch die Wohn- und Arbeitsstätten der Zivilbevölkerung das Ziel von Luftangriffen sein würden, da fand doch noch der Gedanke des „Selbstschutzes im Luftschutz“ wenig Gegenliebe.

Viele Volksgenossen missverstanden den Selbstschutz dahin, dass er zum Ziele habe, jeder einzelne solle sich selbst schützen. Ist es ein Wunder, dass im nationalsozialistischen Deutschland, wo der einzelne nichts und die Gemeinschaft alles ist, eine solche Begriffsverwirrung dem Selbstschutzgedanken abträglich sein musste? Und dabei bedeutet Selbstschutz in Wirklichkeit gerade das Gegenteil: nicht der einzelne, sondern die Bevölkerung insgesamt schützt sich selbst, soweit und solange es irgend geht, ohne behördliche Einrichtungen in Anspruch zu nehmen. Die einzelnen Selbstschutzkräfte tun genau das Gegenteil von dem, was man ihnen häufig zumutet, sie denken nicht zuerst an ihren eigenen Schutz, sondern vor allem an den der ihnen Anvertrauten! „Gemeinschutz geht vor Eigennutz!“ ist die Losung im Luftschutz-Selbstschutz. Genau so wie die Soldaten an der Front stellen die Selbstschutzkräfte sich ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben und Wohlergehen zur Verfügung, um die Gemeinschaft zu schützen. Sie kneifen bei einem Luftangriff nicht aus, sondern sie greifen an! Sie gehen einem ausbrechenden Brand zuleibe, sie lassen sich nicht durch chemische Kampfstoffe von ihren Rettungswerk abbringen, sie bergen Verletzte, sie graben Verschüttete aus, sie tun das alles ohne Rücksicht darauf, dass sie selbst durch ihr Rettungswerk sich in Gefahr bringen. Gräbt sich nicht auch der Soldat im Feld in die Erde ein und baut Unterstände, um sich gegen die Wirkung der feindlichen Waffen zu schützen? Muss nach den gleichen Grundsätzen nicht erst recht die Zivilbevölkerung verfahren und Schutzräume aufsuchen, die Zivilbevölkerung, die im Gegensatz zum Feldsoldaten selbst keine Waffen zur Abwehr hat? Daher hat der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Generaloberst Göring, selbst in den großen Kundgebung des Reichsluftschutzbundes im Sportpalast zu Berlin am 14. November 1935 den treffenden Ausspruch getan: „Es können nur törichte Menschen sein, die da glauben, den Luftschutz über die Achsel ansehen zu können! Es können nur dumme Menschen sein, die die hohe Aufgabe des Luftschutzes nicht verstehen! Es können letzten Endes nur feige Menschen sein, die da glauben, der Luftschutz sei dafür da, sich feige drücken zu können! Denen können wir nur antworten: Ihr dürft eure eigenen Minderwertigkeit nicht in das Gebilde hineinlegen, das eurer Minderwertigkeit nicht entspricht! Zum zweiten können wir ihnen auch antworten: Ihr habt weder den Sinn noch den Zweck, vor allem aber nicht die hohe Aufgabe des Luftschutzes verstanden!“.

Bei der gleichen Kundgebung hat Generaloberst Göring die unbedingte Notwendigkeit des zivilen Luftschutzes neben der militärischen Luftabwehr mit der Tatsache begründet, dass die militärischen Mittel niemals ausreichen können, zu verhindern, dass gegnerische Kampfflugzeuge ihre Bomben auf deutsche Städte und Industrien abwerfen. Er führte wörtlich aus:

„Wenn wir eine Luftflotte noch so groß aufbauen würden, wenn wir an allen Ecken und Enden Zehntausende von Kanonen und Maschinengewehren aufstellen würden, um den Luftraum zu verteidigen, so würde das niemals ausreichen, um dem deutschen Volke einen wirklichen Schutz zu gewähren, um die Volksgenossen vor den Folgen eines Luftkrieges zu bewahren. Wir könnten eine noch so große Luftwaffe haben, und doch könnten wir nicht verhindern, dass schwerste Nachteile dem deutschen Volke erwachsen, wenn wir nicht gleichzeitig unten auf der Erde für den notwendigen Luftschutz gesorgt haben.“

Wenn also der nächste Krieg mit gewaltigen Luftangriffen beginnt und trotz hochwertigster militärischer Abwehr immerhin Teile der angreifenden Luftflotten bis zu ihrem Ziel durchbrechen werden – was würde geschehen, wenn überhaupt kein ziviler Luftschutz vorhanden wäre? Es gehört viel Phantasie dazu, sich die Schrecken und die Folgen eines modernen Luftangriffs auf eine nicht luftgeschütztes Land auszumalen. Wir danken es dem Führer und dem ersten deutschen Luftfahrtminister dass Deutschland für alle Zeit der Möglichkeit eines solchen katastrophalen Geschehens entrückt ist. Denn seit der Machtübernahme des Nationalsozialismus ist der zivile Luftschutz in Deutschland kraftvoll und zielsicher vorangetrieben worden. Die Frage, welche Wirkung ein Luftangriff auf ein vollkommen ungeschütztes Gebiet haben würde, ist deshalb für uns mehr keine theoretische Angelegenheit und ohne praktische Bedeutung.

Wohl aber müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie die Wirkung eines Luftangriffs sein würde, wenn zwar durch militärische Abwehr vielleicht dem Angreifer beträchtliche Verluste beigebracht werden, der zivile Luftschutz der Behörden und der Industrie vielleicht gut ausgebildet und ausgerüstet auf der Wacht steht, die Masse der Zivilbevölkerung selbst jedoch keine oder nur ungenügende Maßnahmen vorbereitet hat, um sich selbst ohne Inanspruchnahme behördlicher Einrichtungen zu schützen. Eine solche Fragestellung ist wohl berechtigt, weil trotz aller großzügiger und auch erfolgreicher Maßnahmen die Zivilbevölkerung heute noch keineswegs so luftschutzbereit ist, wie sie es sein muss. Ist die Zivilbevölkerung aber nicht luftschutzbereit, dann werden, wenn aus heiterem Himmel Spreng-, Gas- und Brandbomben auf ihre Wohnstätten niederfallen, innerhalb weniger Minuten an vielen tausend Stellen durch den Massenabwurf von Brandbomben zu gleicher Zeit Brände ausbrechen, die sich schnell erst zu Dachstuhlbränden, dann aber zu Großfeuern entwickeln, die überhaupt nicht mehr zu löschen wären. Durch Sprengbomben würden Häuser zerstört, ganze Straßen mit ihren Wasser-, Strom-, Gas- und Kanalisationsleitungen verwüstet. In wilder Hast würde die Zivilbevölkerung versuchen, dem Grauen zu entfliehen und durch Panik neuen Verderb stiften; das Rettungswerk des behördlichen Sicherheits- und Hilfsdienstes könnte unter diesen Umständen kaum auch nur zum Ansatz kommen, geschweige denn wirkliche Hilfe leisten. Das Ende wäre der Zusammenbruch es Widerstandes des Volkes, obwohl vielleicht das Heer an den Fronten siegreich vordringt.

Schon aus dieser Überlegung heraus ergibt sich die zwingende Notwendigkeit des Selbstschutzes der Zivilbevölkerung im Luftschutz. Es kann nicht genügen, wenn nur die Wehrmacht mit ihren drei Teilen, Heer, Marine und Luftwaffe, für einen Krieg gerüstet ist; es kann nicht genügen, wenn in der Heimat lediglich die Behörden Vorsorge getroffen haben, um sich und die ganze Kriegswirtschaft gegen Luftangriffe zu schützen oder um eingetretene Schäden so schnell als möglich wieder zu beheben. Es muss auch die gesamte Zivilbevölkerung vom Kind bis zum Greis sich einordnen in das große System des Selbstschutzes, in diese Front von Kämpfern der Heimat, in dieses großes Bollwerk, das mit dazu beitragen muss, Deutschland, wie Rudolf Heß es einmal forderte, „zu einem einzigen Alkazar“ zu machen.

Der Selbstschutz hat also die Aufgabe, in Friedenszeiten die Vorbereitung zu treffen, die notwendig sind, um im Ernstfall den Schutz des Hauses und seiner Bewohner so weitgehend wie möglich zu sichern. Im Kriegsfalle fällt dem Selbstschutz die Aufgabe zu, durch unmittelbares Eingreifen zu verhindern, dass Bombenschäden sich zu Katastrophen auswachsen. Somit ist der Selbstschutz die unbedingt erforderliche und durch nichts zu ersetzende Ergänzung der militärischen Abwehr und des Sicherheits- und Hilfsdienstes der Behörden.

Es muss im Ernstfall den Selbstschutzkräften gelingen, Brandkatastrophen soweit als möglich zu verhindern. Wäre man nicht berechtigt, dies als sicher vorauszusetzen, so hätte der ganze zivile Luftschutz eine erhebliche Lücke. Denn die Kräfte des Sicherheits- und Hilfsdienstes können nur in solchen Fällen zum Einsatz kommen, in denen es gilt, Katastrophen von größtem Ausmaße abzuwenden oder zu beheben.

Ein weiteres Merkmal des Selbstschutzes, das für sein Wesen und seine Wirkung kennzeichnend ist, ist seine Totalität. Es genügt also nicht, wenn ein großer Teil des deutschen Volkes Luftschutzbereit ist, es genügt nicht, wenn die meisten Volksgenossen wissen, wie sie sich bei Luftangriffen zu verhalten haben, und es genügt schließlich nicht, wenn die meisten Deutschen auf Grund der nationalsozialistischen Weltanschauung bereit und entschlossen sind, sich nicht durch den Terror von Luftangriffen mürben machen zu lassen. Würde der Reichsluftschutzbund nur solches Stückwerk zuwege bringen, so hätte er seine geschichtliche Aufgabe nicht gelöst. Sein Ziel, das ihm der Reichsminister der Luftfahrt bei seiner Gründung am 29. April 1933 wies, ist erst dann erreicht, wenn die deutsche Nation ohne Ausnahme bereit ist zu geschlossener Abwehr der Luftgefahr, wenn sie bis zum letzten Mann und bis zur letzten Frau über das zweckmäßige Verhalten im Ernstfall unterrichtet ist, wenn genügend Selbstschutzkräfte geschult worden sind im aktiven Einsatz, wenn sie die Vorkehrungen getroffen hat, die notwendig sind, um mit größtmöglicher Aussicht auf Erfolg einen Luftangriff zu überdauern, und wenn sie letzten Endes fest geschlossen und von unbeugsamen Widerstandswillen beseelt in unverbrüchlicher Kameradschaft zusammensteht, einer für alle und alle für einen! Niemand kann sich aus der Gemeinschaft des Selbstschutzes ausschließen, ohne damit das gesamte Werk zu gefährden.

Nehmen wir nur einmal an, dass eine ganze Stadt in vorbildlicher Luftschutzdisziplin nach Aufruf des Luftschutzes verdunkelt hat und nur ein einziges Haus hell erstrahlt, weil sein Besitzer oder seine Bewohner nichts getan haben, um zu verhindern, dass Lichtstrahlen nach außen dringen, so kann dieses eine Haus dem anfliegenden Geschwader das Ziel weisen, das es sonst vielleicht nicht gefunden hätte. Die Leidtragenden wären in diesem Falle jedoch nicht nur die Bewohner des nicht abgeblendeten Hauses, sondern die Bewohner der ganzen Stadt. Oder ein anderer Fall: die Häuser eines ganzen Stadtteiles sind durch fleißige Arbeit in Friedenszeiten Luftschutzbereit gemacht worden. Nur ein Häuserblock inmitten dieses Stadtteiles ist unvorbereitet, die Dachböden sind nicht entrümpelt, es sind keine Selbstschutzkräfte vorhanden, es stehen keine Löschgeräte bereit. Nun schlagen die Brandbomben ein. Überall gehen die Hausfeuerwehren heran und löschen die Brände, bevor sie größere Ausmaße annehmen können. Nur in dem nicht vorbereiteten Haus finden einschlagende Brandbomben in dem im Dachgeschoß lagernden Gerümpel reiche Nahrung. Niemand ist da, der das Feuer angreift; es entsteht ein Dachstuhlbrand, der das ganze Haus erfasst, auf die Nachbarhäuser übergreift und von den Selbstschutzkräften nicht mehr zu löschen ist. Der Sicherheits- und Hilfsdienst ist mit seinen Feuerlöschkräften bereits an anderen Stellen eingesetzt; die Feuersbrunst wütet und zerstört mitleidlos nicht nur die Wohnungen der Schuldigen, sondern auch der Unschuldigen.

Die gewählten Beispiele mögen genügen, um deutlich zu machen, dass das große Werk des Selbstschutzes nur Sinn und Zweck hat, wenn sich niemand ausschließt. Sie machen deutlich die ungeheure Verantwortung, die jeder einzelne nicht nur vor sich und seinen Angehörigen, sondern vor der gesamten Nation hat, wenn er seine nationalsozialistische Staatspflicht verabsäumt und entgegen dem Wahlspruch des neuen Deutschlands „Gemeinschutz geht vor Eigennutz“ handelt.

Besonders anerkennende Wort hat Generaloberst Göring für die Millionen Frauen, Männer und Jugendliche gefunden, die heute den Selbstschutz der Zivilbevölkerung vorbereiten und im Kriegsfalle bereit sind, sich selbstlos für die Gemeinschaft zu opfern:

„Im Augenblick des Bombardements tritt der Kämpfer im Luftschutz an und genügt seiner Pflicht. Unter dem feindlichen Feuer hat er die ersten Hilfeleistungen auszuführen, und so ist auch er ein Soldat geworden, der im Felde und damit in der Feuerlinie steht.

Ihr müsst euch immer vor Augen halten, dass ihr unter Umständen in eine schwierige Lage kommen könnt und dass diese Lage für euch besonders schwer ist; denn während sich die anderen mit der Waffe gegen den Feind wehren können, seid ihr ohne Waffen und müsst nun trotzdem eure Pflicht tun! Das ist doppelt schwer, meine Kameraden! Ich kann deshalb keinen im Luftschutz gebrauchen, der da meint, es wäre vielleicht eine Altersversorgung. Und ich kann keine gebrauchen, die da glauben, sie könnten sich im Luftschutz am bequemsten vor der Front, vor dem Kampf mit dem Feinde drücken. Nein, ihr habt eine große Aufgabe, und für diese habt ihr auch zu kämpfen und, wenn es notwendig wird, auch zu sterben!“

Sollten diese hohen Werte vom Dienste der Selbstschutzkräfte nicht auch den letzten Ungläubigen von der unerlässlichen Notwendigkeit des Selbstschutzes im Luftschutz überzeugen und ihn für seine selbstverständliche Einsatzbereitschaft im Luftschutz gewinnen?
Die Totalität des Selbstschutzes macht auch keineswegs halt vor Alter und Geschlecht, Stadt oder Land, arm oder reich. Eine der wichtigsten Grundfragen des Selbstschutzes ist die Erfassung der deutschen Frau als unbedingt notwendige und in jeder Beziehung gleichwertige und gleichberechtigte Selbstschutzkraft neben dem Mann. Eine der schwierigsten und bedeutsamsten Aufgaben des Reichsluftschutzbundes liegt darin, die Frau reif zu machen für die Bereitschaft zu kämpferischer Abwehr, stark zu machen für Opfer und Einsatz und auszubilden für eine heldische Leistung. Auch zu dieser wichtigen Frage hat Generaloberst Göring selbst Stellung genommen, als er in der denkwürdigen Kundgebung im Berliner Sportpalast ausführte:

„Im Reichsluftschutzbund ist für die deutsche Frau ein großes Betätigungsfeld. Sie muss als Kampfgefährtin des Mannes ihn stärken. Den Wehrwillen muss auch sie in sich tragen, und sie muss verstehen, dass in der Wechselwirkung zwischen Mann und Frau eine unbedingte Übereinstimmung bestehen muss. Es wird auf die Dauer für einen Mann schwer sein, immer tapfer zu sein und zu handeln, wenn seine Frau feige denkt. Es ist deshalb notwendig, dass auch unsere Frauen von jenem heroischen Wehrwillen erfüllt sind, der notwendig ist, um ein wehrkräftiges junges Geschlecht heranzuziehen. Es kann auf ihre Mitarbeit im Luftschutz weder ideell noch materiell verzichtet werden, im Gegenteil, ich möchte wünschen, das gerade die deutsche Frau die Bestrebungen des Reichsluftschutzbundes ganz besonders versteht, für die eintritt, sie fördert und mitarbeitet!“

Wenn man den ungeheuren Bedarf der Wehrmacht und Kriegswirtschaft an Männern bedenkt, so kann man wohl behaupten, dass mit der opferwilligen Einsatzbereitschaft der Frau der ganze Selbstschutz steht und fällt!

Weil die Luftwaffe nicht nur die großen Städte, die Rüstungswerkstätten, die bedeutsamen Verkehrsanlagen, Truppenunterkünfte und sonstige kriegswichtigen Ziele bedroht, sondern auch das flache Land mit seiner Ernährungsgrundlage, so ist auch die Durchführung des Luftschutzes auf dem Lande eine Frage, die von größter Bedeutung ist. Nicht ein einziger Ort, kein Marktflecken und kein Bauernhof darf ausgelassen werden, wenn der Selbstschutz aufgebaut wird. Dabei ist die Durchführung des ländlichen Selbstschutzes besonders schwierig, weil die Möglichkeiten einer Brandbekämpfung auf dem Lande ungünstig sind. Aber gerade der Brandschutz stellt neben der ersten Hilfe den wichtigsten Teil im ländlichen Luftschutz dar.

Brandschutz und erste Hilfe bei Unfällen sind aber für jeden Volksgenossen nicht nur auf dem Lande, sondern auch in der Stadt schon in Friedenszeiten von großem Nutzen. Der Brandschutz kann wesentlich dazu beitragen, den jetzt noch alljährlich eintretenden Verlust an Volksvermögen von mehreren Millionen Reichsmark zu verringern, und die Ausbildung der Frauen in der ersten Hilfe sowie die Ausstattung der Hausgemeinschaft mit den einfachsten Verbandsmitteln trägt bereits in Friedenszeiten zur Erhaltung der Volksgesundheit bei durch sachgemäße einfache Hilfeleistung bei Unfällen, bis der Arzt eintrifft.

Es ließe sich noch vieles nennen, was als Grundfrage des Selbstschutzes zu bezeichnen wäre. Denn auf diesem Gebiete gibt es keine Nebensächlichkeiten, und es gibt nichts, was hinter anderen Lebensnotwendigkeiten an Bedeutung zurückstünde. So viele Aufgaben der Selbstschutz hat, so viele Grundfragen hat er. Jede neue Maßnahme eröffnet ein neues Problem, neue Schwierigkeiten, neue Ziele und immer wieder neue Aufgaben. Selbst wenn man ein Lehrbuch über den Selbstschutz schreiben würde, so hätte man noch nicht alle Grundfragen des Selbstschutzes erschöpfend behandelt. Man müsste auch noch hinausgehen ins Volk, man müsste die Werbung und Aufklärung, die Ausbildung und Ausrüstung der Selbstschutzkräfte, die Ausstattung der Häuser mit Schutzräumen und Löschgeräten, man müsste die ganze mühevolle Praxis des Selbstschutzes tätig mit betreiben, um die ganze Aufgabe des Selbstschutzes erkennen und verstehen zu können.

Insgesamt ergibt sich aus allen Überlegungen, dass der Selbstschutz ein von der Wehrmacht untrennbarer und nicht weniger wichtiger Bestandteil der Luftverteidigung ist. Im Hinblick auf die Größe und die Eigenart dieses Luftschutzes kann mit Recht verlangt werden, dass die von ihm zu gewährleistende Sicherheit geradezu die Grundlage und die Vorbereitung jeder modernen Luftverteidigung überhaupt ist. Die militärische Widerstandskraft Deutschlands mag noch so stark sein, sie allein schützt uns nicht und kann uns, d. h. die Gesamtheit der Nation, nicht schützen. Die Nation muss befähigt sein, sich selbst zu schützen. Anderenfalls wäre in dem großen Verteidigungssystem ein Schwächepunkt vorhanden, der den Gegner nach dem ewig geltenden Gesetzen der Strategie und Taktik geradezu herausfordern müsste, hiergegen seinen Großangriff, d. h. in diesem Falle also groß angelegte Luftangriffe auf die Stätten der Zivilbevölkerung anzusetzen. Wir können eine noch so tapfere und mit den neuzeitlichsten Waffen ausgerüstete Wehrmacht zur Verteidigung unserer Landesgrenzen haben, wir können den Krieg doch nur bestehen, wenn auch gleichzeitig die Heimat in ihrer Gesamtheit geschult und entschlossen ist, sich selbst gegen feindliche Luftangriffe zu schützen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der nächste Krieg wahrscheinlich, dank der Eigenart der Luftwaffe und ihrer überraschenden Einsatzmöglichkeit, geführt werden wird, ohne das er „erklärt“ worden ist. Es ergibt sich also die Notwendigkeit, den Luftschutz-Selbstschutz so vorzubereiten, dass er bereits steht, wenn der erste Angriff erfolgt. Er hat also keine Zeit zur Mobilmachung. Der Luftschutz muss schon im Frieden mobil sein!

Wer sich mit den Grundfragen des Selbstschutzes bis in die letzten Tiefen vertraut macht, der könnte vielleicht resignieren und sagen, das Ziel sei zu weit, die Aufgabe zu groß, als dass sie von Menschen in so kurzer Zeit gelöst werden könnte. Vielleicht wäre diese Auffassung richtig, wenn wir Deutschen nicht alle Zeugen gewesen wären eines geschichtlichen Vorganges, der noch schwieriger und noch gewaltiger war: Der Sieg Adolf Hitlers und die Einigung des deutschen Volkes im Nationalsozialismus. Als der unbekannte Gefreite aus dem großen Krieg die Forderung nach der ganzen Macht und nach dem Herzen des ganzen Volkes erhob, da schien diese Forderung genau so unerreichbar, wie vielleicht heute manchem noch die Verwirklichung der Aufgabe des Selbstschutzes der Zivilbevölkerung, wie sie dem Reichsluftschutzbund gestellt ist, erscheinen mag. Zähe Arbeit, unerschütterliche Treue und ein nie verzagender Glaube haben Adolf Hitler den Sieg beschert. So können auch wir Gefolgsleute des Führers die berechtigte Zuversicht in uns tragen, dass unsere Arbeit nicht vergebens ist, dass sie vielmehr dahin führen wird, Deutschland wirklich Luftschutzbereit und damit für alle Zeit unbesiegbar zu machen. Und letzten Endes ist, wie die Kriegsgeschichte aller Zeiten immer wieder gelehrt hat, nicht die Waffe an sich ausschlaggebend, sondern Herz und Geist dessen, der sie führt.